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Bestandsreduzierung im Rahmen der Optimierung der Inbound-Logistik

[29.04.2010]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com

Aktives Logistikmanagement kann die Transparenz über Prozesse und Strukturen der Inbound-Logistik erhöhen sowie die Kontrolle entlang der Supply Chain verbessern. Ein wesentlicher Baustein für ein erfolgreiches Logistikmanagement bildet ein werksübergreifend einheitliches Bestandsmanagement, welches auf einem standardisierten Materialfamilien-Katalog basiert. Für das betrachtete Unternehmen des Fahrzeugbaus konnten die Bestände für Zukaufkomponenten um über 19 Mio. EUR gesenkt werden. Auf diese Weise konnten über 2 Mio. EUR gebundenes Kapital freigesetzt werden und die Liquidität erhöht werden.

Ausgangssituation

Ziel des Projektes war es, die bestehenden Inbound-Bestände für mehrere europäische Standorte eines global agierenden Agrarmaschinenherstellers nachhaltig zu reduzieren, um die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Standorte zu erhöhen. In diesem Zusammenhang wurden mehrere europäische Standorte des Unternehmens auditiert. Dafür wurden die bestehenden Bestände an Inbound-Zukaufkomponenten detailliert analysiert. Das Bestandsmanagement war durch heterogene Strategien und Planungsmethoden an den verschiedenen Standorten charakterisiert. Trotz erster interner Bestrebungen für ein werksübergreifendes, standardisiertes Bestandsmanagement wurden an den einzelnen Standorten unterschiedliche lokale Bestandsreports und Methoden vorgefunden. Das vorherrschende Niveau der Bestandsreichweiten für die Zukaufkomponenten galt es signifikant zu senken, um hierdurch gebundenes Kapital freizusetzen.

Vorgehensweise

Die Vorgehensweise des Projektes zur Reduzierung der Inbound-Bestände und der damit verbundenen Kapitalbindungskosten gliederte sich in vier Schritte.

Im Rahmen der Bestandsoptimierung wurde im ersten Schritt ein standardisierter Materialfamilien-Katalog definiert. Die Definition werksübergreifend einheitlicher Materialfamilien stellte die Basis dar, um einen validen Vergleich der Bestandsniveaus der drei Pilotstandorte zu entwickeln. Bei der Formulierung des Materialfamilienkatalogs wurden bereits bestehende Ansätze der einzelnen Standorte gegenübergestellt und konsolidiert. Im Rahmen des Vergleiches der werksspezifischen Bestandsniveaus mussten die unterschiedlichen Produktionsverbräuche sowie insbesondere die spezifischen Produktionsprogramme und Fertigungstiefen berücksichtigt werden. Der entwickelte Materialfamilienkatalog wurde den entsprechenden Bestandspositionen zugeordnet. Die Zuordnung der Materialfamilien erfolgte zunächst für die größten 80% der Positionen im Hinblick auf das Einkaufsvolumen.

Im zweiten Schritt wurde für jede Materialfamilie das gewichtete Mittel der Lagerreichweiten (Days on Hand, DoH) ermittelt. Zum Einsatz kam die Kennzahl der „Supply Chain-Days-on-Hand“. Hierbei handelt es sich um die Reichweite der entsprechenden Materialfamilie unter Berücksichtigung der bereits bestellten Materialien, die sich noch innerhalb der Lieferkette befinden. Um die Reichweite mit der Wiederbeschaffungszeit zu vergleichen, wurde die Kalkulation der gegenwärtigen Reichweite zum Stichtag der Analyse herangezogen. Die Verwendung des gewichteten Mittels erlaubt die Berücksichtigung sämtlicher Positionen einer Materialfamilie. Gleichzeitig erhält jede Bestandsposition ihr Gewicht in Abhängigkeit von ihrem Bestandswert. Hierdurch kann vermieden werden, dass monetär unbedeutende Teile und Komponenten mit sehr hohen Reichweiten als „Ausreißer“ die Berechnungen verfälschen.

Im dritten Schritt wurden die einzelnen Wiederbeschaffungszeiten der Materialfamilien mit den involvierten Einkäufern und Disponenten erfasst. Die berücksichtigten Wiederbeschaffungszeiten umfassten dabei zum einen die Durchlaufzeit beim Lieferanten, zum anderen die Transportzeit vom Lieferanten zum Unternehmen. Entscheidend bei der Erfassung der Zeiten war die Zugrundelegung der operativen Wiederbeschaffungszeiten in Abgrenzung zu den vertraglich vereinbarten Maximalgrenzen.

Im vierten Schritt wurden für jede Materialfamilie die Reichweiten mit den entsprechenden Wiederbeschaffungszeiten abgeglichen und hieraus Optimierungsansätze abgeleitet. Die jeweiligen Bestandsniveaus und eingesetzten logistischen Prinzipien der einzelnen Materialfamilien wurden werksübergreifend verglichen und Best-Practice-Lösungen identifiziert. Diese konnten auf die übrigen Werke transferiert werden. Für jede Materialfamilie wurde das logistische Prinzip, die Anlieferfrequenz, die Ladungsträger sowie die Sicherheitsbestände überprüft und bei Bedarf angepasst. Zusätzlich wurden auf Basis der identifizierten Optimierungspotenziale vertragliche Regelungen zum Eigentumsübergang modifiziert.

Ergebnisse

Durch die Implementierung der identifizierten Optimierungsansätze konnten die Inbound-Bestände der drei untersuchten Pilotwerke um durchschnittlich 25% gesenkt werden. Durch eine Harmonisierung der Lagerreichweiten und Wiederbeschaffungszeiten je Materialfamilie konnten Bestandssenkungspotenziale identifiziert und die Kapitalbindungskosten der betrachteten Standorte zwischen 18 und 47% gesenkt werden. Hierdurch konnte in Summe gebundenes Kapital im Wert von über 2 Mio. EUR freigesetzt und die Liquidität erhöht werden. Durch das Gesamtprojekt zur ganzheitlichen Optimierung der Inbound-Logistik konnten für das betrachtete Unternehmen Verbesserungspotenziale hinsichtlich Beständen, Prozessen, Transporten und Verpackung identifiziert werden, die insgesamt Einsparungen von über 42 Mio. EUR ermöglichten.

Weiterführende Literatur:

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