^

Die Zusammensetzung des Produktportfolios im Finanzdienstleistungsbereich

[08.05.2008]

Foto: coramax / fotolia.com

Um dem immer stärker werdenden Wettbewerbsdruck gerecht zu werden und Zinsspannen sowie Provisionsmargen aufrecht erhalten zu können, müssen Retail-Banken ihr Produktportfolio regelmäßig an die Anforderungen des Marktes anpassen. Dieses Produktportfolio muss nicht nur individuellen Kundenwünschen entsprechen, sondern aus Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten auch weitestgehend standardisiert sein. Ziel ist die Abbildung personalisierter Kundenwünsche in einer standardisierten Produktionsbank.

Steigender Wettbewerbsdruck

Banken und Finanzdienstleister sind einem immer stärkeren Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Stagnierende Märkte, der Eintritt spezialisierter Direktbanken in den Markt und steigende Sachkosten sowie Personalkosten haben rückläufige Zinsspannen und stagnierende Provisionsmargen zur Folge. Um unter dem Wettbewerbsdruck bestehen zu können, müssen Retail-Banken insbesondere gegenüber den Direktbanken ihre Vorteile zunächst erkennen, um diese dann gezielt einsetzen zu können. Einer dieser Vorteile ist sicherlich die individuelle Beratung und die Anpassung der Bankprodukte direkt auf den spezifischen Kundenwunsch unter Berücksichtigung der gesamtheitlichen finanziellen und persönlichen Situation des Kunden. Der Kunde erhält durch einen Beratungsdialog nicht nur eine Einzellösung, sondern ein persönliches, auf ihn zugeschnittenes Finanzkonzept.

Steigende Variantenzahlen

Durch diese Personalisierung und Individualisierung der verschiedenen Bankprodukte, um jeden Kundenwunsch zu erfassen, entsteht eine große Anzahl an Varianten, die die Effektivität und Effizienz der Bankproduktion gefährdet. Ein Problem ist hier das Beherrschen der Vielfalt. Ziel muss sein, die unterschiedlichen Kundenwünsche in Clustern zu bündeln und ein Produktportfolio zu entwickeln, mit dem eine Individualisierung der Produkte erlaubt ist, aber auch die Effektivität und Effizienz der Bankproduktion gewährleistet ist.

Entwicklung des Produktportfolios

Voraussetzung für die Entwicklung eines Produktportfolios, durch das standardisierte Lösungen individuellen Kundenwünschen zugeordnet werden können, ist die Definition von Zielgruppen. Hier ist zunächst eine Unterscheidung der Kundengruppen in Firmenkunden, Privatkunden, dem staatlichen Sektor und weiteren Banken und Finanzinstituten zu treffen. Innerhalb der jeweiligen Gruppen kann beispielsweise wiederum folgendermaßen unterschieden werden (eine Anpassung ist je nach Marktumfeld zwingend notwendig):

1. Firmenkunden

  • Firmenkunden
    Ziel: Ausbau des Marktanteils
    Voraussetzung: ertrags- und risikoorientierte Abwicklung
  • Mittelstand
    Ziel: Ausbau des Marktanteils; Kunden halten
    Voraussetzung: individuelle Beratungsleistung
  • Freiberufler
    Ziel: Ausbau des Marktanteils; Kunden halten
    Voraussetzung: individuelle Beratungsleistung
  • Gewerbekunden
    Ziel: Ausbau des Marktanteils; Kunden halten
    Voraussetzung: ertrags- und risikoorientierte Abwicklung
  • Start-Ups
    Ziel: Gewinnung der Kundenverbindung
    Voraussetzung: attraktive Angebote; individuelle Beratungsleistung; risikoorientierte Abwicklung
  • Non-Profit-Organisationen
    Ziel: Kunden halten
    Voraussetzung: individuelle Beratungsleistungen; hohe Qualität der Beratungsleistung

2. Privatkunden

  • Jugendmarkt
    Ziel: Gewinnung der Kundenverbindung; durchschnittliche Kundenreichweite vergrößern
    Voraussetzung: attraktive Angebote; aktive Vertriebsstrategie
  • Servicekunden
    Ziel: Ausbau des Marktanteils; Kunden halten
    Voraussetzung: effiziente Abbildung der Kundenwünsche; Kosten senken
  • Betreuungskunden/vermögende Privatkunden
    Ziel: Ausbau des Marktanteils; Kunden halten
    Voraussetzung: hohe Qualität der Produkte; Innovationsführerschaft
  • VIP-Kunden
    Ziel: Ausbau des Marktanteils
    Voraussetzung: selektive und aktive Betreuung; hohe Qualität der Produkte und der individuellen Beratungsleistung; Innovationsführerschaft

3. Staatlicher Sektor

  • Länder
  • Gebietskörperschaften

4. Banken und Finanzinstitute

  • Finanzdienstleister
  • Banken
  • Broker
  • Fonds

Festlegung der Produktbündel

Nach der Bestimmung der Kundengruppen ist im nächsten Schritt für jede dieser definierten Kundengruppen ein Produktbündel festzulegen. Hier sind insbesondere die Ziele und Voraussetzungen der jeweiligen Gruppen zu beachten. Durch die Definition der einzelnen Kundengruppen bzw. Zielgruppen können auf diese Gruppen zugeschnittene Produktbündel definiert werden. Ziel dieser Produktbündel sollte es sein, möglichst viele der Kundenanforderungen und Kundenwünsche standardisiert abbilden zu können. Bei der Zusammenstellung der Produktbündel ist je nach Strategieausrichtung der Retail-Bank bzw. des Finanzdienstleisters darauf zu achten, dass das Produktbündel in ausreichendem Maße bankeigene Produkte beinhaltet, um das eigene zukünftige Wachstum sicherzustellen.

Standardisierung und individuelle Kundenbetreuung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung der individuellen Betreuung von Kunden bei Retail-Banken und Finanzdienstleistern Kundencluster gebildet werden müssen. Diesen Clustern sind dann einzelne Produktbündel zuzuordnen, die in Abhängigkeit der Anforderungen und Wünsche der Kunden aus den einzelnen Clustern definiert werden müssen. Dieses Vorgehen erreicht eine Standardisierung und erlaubt gleichzeitig eine individuelle Betreuung der Kunden, womit wiederum die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere gegenüber Direktbanken und Autobanken gesteigert werden kann.

Weiterführende Literatur

VorherigeNächste