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Entwicklung eines Modells zur Kalkulation von Transaktionspreisen in der Warenlogistik

[17.09.2010]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com

In der Warenlogistik nimmt der Anteil fremdbezogener Logistikleistungen stetig zu, die Distribution ist global verteilt, Fremddienstleister bekommen mehr Technologieverantwortung und die Anforderungen an Risikomanagement und Controlling nehmen zu. Es stellt sich die Frage, wie die Unternehmenslogistik weiterhin optimal aufgestellt werden kann, um passgenau auf veränderte Umfeldbedingungen reagieren zu können. Eine robuste und praxiserprobte Möglichkeit stellt die Etablierung einer umfassenden Transaktionspreissystematik dar, mit dem Ziel gegenüber intern wie extern vergebenen Logistikleistungen Transparenz zu schaffen und damit Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Die Erfahrung zeigt, dass die Einführung einer umfassenden Transaktionspreissystematik ein probates Werkzeug darstellt, allerdings auch mit einigen Unwägbarkeiten verbunden ist. Das TCW hat hierfür ein dreigliedriges Modell entwickelt, anhand dessen Hindernisse strukturiert bewertet und Handlungsalternativen optimal priorisiert werden können.

Es gilt, drei Fragestellungen zu klären:

  1. Wie kann eine einfache Handhabung und damit die praktische Nutzung des Modells gewährleistet werden? (manageability)
  2. Wie kann die Skalierbarkeit des Modells und somit der Verwendbarkeit innerhalb definierter Kapazitätsgrenzen sichergestellt werden? (multiplicity)
  3. Wie können Manipulationen an den Transaktionspreisen verhindert und die Ausnutzung von Opportunitäten verhindert werden? (manipulation protection)

manageability

Bei der optimalen Ausgestaltung einer zentral vorgegebenen, standardisierten Transaktionspreissystematik spielen Anforderungen des Unternehmenscontrollings im Hinblick auf Transparenz und die optimale Integration in bestehende Prozesse eine entscheidende Rolle. So werden zur leistungsorientierten Steuerung robuste Transaktionspreise zur Messung der tatsächlich angefallenen Kosten benötigt, die einheitlich erhoben und mit Mengen- und Kostengerüsten verbunden werden sollten. Generell gilt, dass ein Grad an Granularität anzustreben ist, der die Spezifika eines Prozessschrittes optimal abbildet, ohne unnötige Overheadkosten zu verursachen. Insbesondere bei fremd vergebenen Dienstleistungen muss dabei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Detaillierungsgrad, respektive der Abbildung kleinster Prozesseigenheiten und einer übergreifenden Darstellung gefunden werden.

In der Praxis hat sich hierfür eine Strukturierung auf einzelne übergreifende Prozessschritte bewährt. Mögliche Prozessschritte sind: Wareneingang und Einlagerung, Kommissionierung, Warenausgang und Warentransport. Hinzu kommen nicht prozessspezifische Overheadkosten im Zentral- wie im Betriebskostenbereich.

Zur optimalen Berücksichtigung von Spezifika in Verpackung und Distribution bietet sich eine sortimentsspezifische Unterteilung an, die es gegebenenfalls um individuelle Flow Types zu erweitern gilt. Auch hier muss auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen geachtet werden. Beispielsweise bietet es sich häufig an, nicht sämtliche Verpackungs- und Palettenformate abzubilden und stattdessen Standardpreise für Paletten oder auch VPEs zu definieren.

multiplicity

Die Struktur der Transaktionspreise unterliegt in der Praxis kontinuierlichen Änderungen. Neben der Handhabbarkeit des Transaktionskostenmodells im tatsächlichen Geschäftsbetrieb sollten somit auch antizipierbare, wie auch nicht antizipierbare Geschäftsentwicklungen mit abgedeckt werden. Dies gilt sowohl bei der Realisierung von Skaleneffekten im Falle einer steigenden Leistungsmenge als auch im umgekehrten Fall, bei abnehmenden Mengen und der fairen Kostenallokation.

Es sind Überschneidungen und Schwankungen standortübergreifend durch Detailanalysen zu identifizieren und optimal im Berechnungsmodell zu integrieren. Eine geeignete Maßnahme stellt die Variabilisierung der Transaktionspreise innerhalb eines Kapazitätsbandes dar, innerhalb dessen keine signifikanten Investitionen in zusätzliche Lagerkapazitäten und Personal mehr getroffen werden müssen. In der Praxis hat sich hierbei eine Mengenschwankung von +/- 5 bis 10 Prozent als gangbare Kapazitätsbandbreite bewährt.

Innerhalb dieses Kapazitätsbandes werden beispielsweise Personalkosten als teilweise variabel angesetzt, Mieten als fix. Die daraus resultierende Transaktionskostenanpassung wird in der Grafik erläutert. Ziel ist die Gewährleistung eins klar definierten Spielraums für Mengenschwankungen, der voll automatisiert abgedeckt werden kann. Bei gravierenderen Schwankungen führt hingegen häufig kein Weg an Nachverhandlungen vorbei, da diese beispielweise bei externer Logistikvergabe für den Dienstleister mit erheblichen Investitionsumfängen verbunden sind. Allerdings ist auch hierbei auf eine skalierbare Transaktionspreissystematik zu achten, die innerhalb eines angepassten Mengengerüsts fortgesetzt werden kann.

manipulation protection

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Ausgestaltung einer Transaktionspreissystematik liegt in der präventiven Verhinderung von Manipulationen an den Transaktionspreisen durch die gezielte Ausnutzung von Opportunitäten, in Form von veränderten Lager- und Transportrichtlinien. Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit Fremddienstleistern von Bedeutung. Auch wenn die Distributionslogistik bei Handelunternehmen häufig eine Kernkompetenz darstellt, wird die optimale Gestaltung der Fertigungstiefe zunehmend hinterfragt. Somit kommt der Fremdvergabe von Logistikleistungen eine immer größere Bedeutung zu. Daneben muss weiterhin die Möglichkeit der Ausnutzung interner Opportunitäten bei im Unternehmen erbrachten Logistikleistungen berücksichtigt werden.

Ein Beispiel stellen mit Transaktionspreisen hinterlegte Paletten im Warentransport dar. Unterliegen diese einer geringeren Auslastung bzw. das Palettenvolumen wird reduziert, kann es zu einer nicht gerechtfertigten Steigerung der Kostenbasis durch unnötige Mehrtransporte kommen. Auch hier gilt, je höher die Transparenz, desto geringer die Manipulationsmöglichkeiten. Handelt es sich bei der Distribution um eine primär intern erbrachte Leistung, stellt sich dieser Sachverhalt etwas weniger komplex dar, ist aber trotzdem nicht zu vernachlässigen. Bei einem externen Dienstleister sollte hingegen abgewogen werden, inwieweit Transparenz gefordert werden kann und wo es gilt robuste, durch KPIs unterstützte, Transaktionspreise zu definieren, die eine Manipulation, wenn nicht unmöglich machen, diese aber deutlich erschweren. Dabei ist ersichtlich, dass die optimale Wahl der Leistungseinheiten per Sortiment und Prozessschritt eine wichtige Rolle spielen (bspw. m³ anstatt Paletten im Transport). Falls die Daten vorhanden sind, kann zusätzlich eine Plausibilisierung über die parallele Prüfung von Leistungseinheiten erfolgen (z. B. m³ je Palette oder auch Paletten je Transport).

Fazit

Durch die Gewährleistung von manageability, multiplicity und manipulation protection können Kostenabweichungen aufseiten der Unternehmenslogistik, wie auch bei extern vergebenen Leistungen zeitnah identifiziert und Probleme noch in ihrer Entstehungsphase gelöst werden. Durch die neu entstandene Möglichkeit, des Vergleichs prozess- und sortimentsspezifischer Kosten mit Best-Practice-Benchmarks, kann die eigene Kostenposition bewertet und der Logistikerfolg nachhaltig gesteigert werden.

Weiterführende Literatur

  • Handels-Supply-Management
    Leitfaden zur Übertragung industrieller Managementkonzepte, -methoden und -instrumente auf den Handel
  • Supply Chain Management
    Leitfaden für ein unternehmensübergreifendes Wertschöpfungsmanagement/li>
  • Distributionslogistik
    Leitfaden zur Erzeugung von exzellenten Logistikleistungen am Point of Sales
  • Controlling
    Leitfaden für das Controlling von Unternehmensstrukturen, Geschäftsprozessen und als Frühwarnsystem

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