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Entwicklungspartnerschaften in der Automobil- und Zulieferindustrie – Ergebnisse einer Delphi-Studie

[22.03.2004]

Foto: alphaspirit / fotolia.com
„Ohne permanente Innovation können weder Autohersteller noch Zulieferer überleben. Die Zulieferer übernehmen wesentliche Teile von Entwicklung und Produktion, sind aber auch intensiver als bisher in die Entstehungsprozesse der Fahrzeuge eingebunden. Offenheit für neue Formen der Kooperation – und sei es mit der Konkurrenz in Form von Standardisierungs-Initiativen – beschleunigt das Innovationstempo und reduziert die Kosten" (Wolfgang Dehen, Vorsitzender des Vorstands, Siemens VDO Automotive AG). Eine neue Form der Kooperation stellen Entwicklungspartnerschaften zwischen Automobilherstellern und Zulieferern dar. In der aktuellen empirischen Studie „Entwicklungspartnerschaften in der Automobil- und Zulieferindustrie" von Univ.-Prof. Dr. Dr. habil. Dr. h. c. Horst Wildemann, werden die Organisationsstrukturen von Entwicklungspartnerschaften aufgezeigt und anschließend konkrete Handlungsempfehlungen für den Know-how Schutz, die Bezahlung und Zusammenarbeitsformen abgeleitet.

In zunehmenden Maße reduzieren OEM ihre Entwicklungskapazitäten. Gleichzeitig befinden sie sich in einem Spannungsfeld von Innovations- und Kostendruck. Der Innovationsdruck resultiert aus gestiegenen Kundenanforderungen nach mehr Funktionalität, dem Risiko des Verpassens neuer Technologien sowie aus steigenden gesetzlichen Anforderungen wie der Verpflichtung der Hersteller zur kostenlosen Rücknahme und Demontage von Altfahrzeugen. Der technische Wandel beispielsweise in Elektrik/ Elektronik kann von den OEM nicht mehr allein bewerkstelligt werden. Der Endverbraucher ist immer weniger bereit, für neue Technologien einen Aufpreis zu bezahlen. Eine Möglichkeit für die Automobilindustrie das Dilemma aufzulösen, besteht in der Nutzung der Ressourcen und des Know-hows ihrer Zulieferunternehmen in Form von Entwicklungspartnerschaften. Die steigende Bedeutung von Entwicklungspartnerschaften kann auf die hohe Zufriedenheit im Umgang mit Kooperationen im Bereich der F&E zurückgeführt werden. 48% der Unternehmen sehen ihre Erwartungen als erfüllt an, 38% sind indifferent und lediglich 14% sind mit den Ergebnissen unzufrieden. Derzeit unterhalten die OEM durchschnittlich 53 und Zulieferunternehmen durchschnittlich 6 Entwicklungspartnerschaften.

Zur Identifizierung von Entwicklungstrends in der Automobil- und Zulieferindustrie sowie zur Strukturierung von Gestaltungsfeldern im Rahmen von Entwicklungspartnerschaften wurde 2003 eine Expertenbefragung durchgeführt. An der Befragung waren 81 Unternehmen beteiligt, die primär der Automobil- und Zulieferindustrie zuzuordnen sind. Die Unternehmen konnten bereits auf Erfahrungen mit Entwicklungspartnerschaften zurückgreifen.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die Ursachen für das Eingehen einer Entwicklungspartnerschaft liegen in einer Veränderung der Unternehmensstrategie, in veränderten Marktbedingungen sowie in einer Veränderung des Kompetenzportfolios von OEM und Zulieferunternehmen begründet.
  • Die wichtigsten Kriterien für die Identifizierung geeigneter Partner stellen die Bewertung der vorhanden Management- und Personalressourcen, die strategische Ausrichtung, wirtschaftliche Stabilität sowie der Fit der Unternehmenskulturen dar.
  • Als Vertragstypen bei Entwicklungspartnerschaften dominieren langfristige Rahmenverträge.
  • Einen hohen Verbreitungsgrad weisen Konzeptwettbewerbe bei den Automobilherstellern auf, da der Innovations- und Kostendruck hier besonders ausgeprägt ist.
  • Der Einsatz von Konzeptwettbewerben eignet sich insbesondere für Unternehmen, die sich durch innovative, komplexe Produkte von ihren Wettbewerbern differenzieren wollen. Für die Durchführung von Konzeptwettbewerben ist die Qualität des Lastenhefts von herausragender Bedeutung. Durch die Aufspaltung in je einen Pflicht- und Kürteil kann sowohl der Kostentransparenz als auch der Einbringung innovativer Ideen Rechnung getragen werden.
  • Um die Innovationskraft der Zulieferunternehmen nicht nachhaltig zu schwächen, sind von den OEM an die Zulieferunternehmen geeignete finanzielle Kompensationen für den Entwicklungsaufwand zu leisten.
  • Ein ungenügender Know-how-Schutz ist der bedeutendste Ablehnungsgrund für Konzeptwettbewerbe. Der Know-how-Schutz kann durch den Einsatz eines Know-how-Schutz-Portfolios verbessert werden.
  • Zukünftig ist von den Automobilzulieferern im Bereich des Unterlieferantenmanagements Methoden-Know-how aufzubauen, damit sie ihre Lieferanten effektiv steuern zu können.
  • Entscheident für die Implementierung eines effektiven Änderungsmanagements sind kompatible, durchgängige Systemlandschaften.
  • Die gestiegene Anzahl an Entwicklungspartnerschaften macht den Einsatz neuer Organisationskonzepte notwendig, mit deren Hilfe der Erfolg der Partnerschaften sichergestellt werden kann. Die gemeinsame Projektarbeit zur Abwicklung der Entwicklungspartnerschaft weist den höchsten Verbreitungsgrad auf.

Mehr Informationen zum Thema Entwicklungspartnerschaften finden Sie in der neuen Studie:
Entwicklungspartnerschaften in der Automobil- und Zulieferindustrie - Ergebnisse einer Delphi-Studie

Weiterführende Literatur

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