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Erhöhung der organisatorischen Transparenz und Leistungsfähigkeit im Einkauf

[18.03.2010]

Foto: sveta / fotolia.com

Im Maschinen- und Analagenbau erweitern sich die Aufgabenumfänge der Beschaffung zunehmend. Dies ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, welche insbesondere in Zeiten einer globalen Wirtschaftskrise an Bedeutung gewinnen. So nimmt der Anteil fremdbezogener Leistungen stetig zu, die Beschaffungsmärkte werden globaler, Zulieferer bekommen mehr Technologieverantwortung, die Anforderungen an Risikomanagement und Controlling nehmen zu, um nur einige wenige zu nennen.

Es stellt sich die Frage, wie der Einkauf weiterhin optimal aufgestellt werden kann, um passgenau auf die Besonderheiten im Maschinen- und Anlagenbau eingehen zu können. Rein dezentrale bzw. zentrale Organisationsformen sind dabei häufig nicht mehr ausreichend, um mit den geänderten Anforderungen umgehen zu können und die Wettbewerbsfähigkeit langfristig sicher zu stellen. Die Erfahrung zeigt, dass bei der Gestaltung einer geeigneten Einkaufsorganisation vier zentrale Fragestellungen zu klären sind, die entscheiden inwieweit eine Zentralisierung bzw. Dezentralisierung in Frage kommt.

  1. Ist der Einkauf eine Kernkompetenz des Unternehmens?
  2. Existieren Überschneidungen bei den Bedarfen der unterschiedlichen Standorte?
  3. Ist eine zentral vorgegebene standardisierte Materialgruppenstruktur notwendig?
  4. Ist ein lokaler Einkauf notwendig und von Bedeutung?

Insbesondere im Bereich der komplexen Leistungserstellung im Maschinen- und Anlagenbau werden diese Fragen häufig generell mit Ja beantwortet, was primär mit Umfang und Komplexität der Einkaufsorganisation und deren Schnittstellen zu anderen Unternehmensfunktionen zu tun hat, die mit verschiedensten Anforderungen verbunden sind und in der Organisation abgebildet werden müssen. Das der Einkauf im Maschinen- und Anlagenbau eine Kernkompetenz darstellt erscheint offensichtlich. Bei sinkenden Fertigungstiefen, einer zunehmenden F&E-Einbindung im Bereich des Advanced Purchasing oder auch zunehmenden Anforderungen an des Supplier Quality Management, kommt dem Einkauf eine zentrale Rolle in der Wertschöpfung zu. Auch Überschneidungen bei den Bedarfen der unterschiedlichen Standorte sind insbesondere im Bereich der komplexen Leistungserstellung üblich, häufig allerdings nicht ohne standortübergreifende Detailanalysen zu identifizieren. Diese Bündlungseffekte betragen bei komplett eigenständigen Einkaufseinheiten in der Praxis 10-25% des Einkaufsvolumens (PVO) und müssen durch geeignete organisatorische Strukturen kontinuierlich analysiert und durch geeignete Maßnahmen gehoben werden.

Bei der Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit einer zentral vorgegebenen standardisierten Materialgruppenstruktur spielen insbesondere Anforderungen des Unternehmens-Controllings im Hinblick auf Transparenz eine wichtige Rolle. Um den Einkauf leistungsorientiert steuern zu können werden robuste KPIs zur Messung der Einkaufs-Performance benötigt, die einheitlich erhoben und mit dedizierten Materialgruppenstrategien verbunden werden sollten. Generell gilt, dass das Ziel, Bündlungspotenziale zu identifizieren und anschließend umzusetzen, nahezu immer eine standardisierte an die Gegebenheiten des Unternehmens angepasste Materialgruppenstruktur voraussetzt, die für alle beteiligten Standorte handhabbar sein muss. Bei der Bewertung der ersten drei Fragestellungen lassen sich klare Tendenzen zu zentralisierten Einkaufsorganisationsstrukturen erkennen. Die Beantwortung der letzten Frage über die Notwendigkeit eines lokalen Einkaufs entscheidet häufig, ob ein zentrales Modell oder ein hybrider Einkauf mit zentral und dezentral gesteuerten Bedarfen anzustreben ist.

Die Erfahrung zeigt, dass auch hier, aufgrund der hohen Komplexität der Leistungserstellung, zeitnah und flexibel Kleinstbedarfe beschafft werden müssen, was durch dezentral organisierte Organisationseinheiten wesentlich effizienter umgesetzt werden kann. Weitere Aspekte, die einer rein zentralisierten Organisation im Wege stehen, sind hohe Local-Sourcing-Anteile, eingeschränkte überregionale Transportfähigkeit der Beschaffungsobjekte, lokales Know-how der Einkäufer direkt an der Produktion, regionale Nähe/Kenntnis des Einkäufers oder auch die Intensität der Einbindung des Einkaufs in lokale Entwicklungsaktivitäten.

Hybride Einkaufsorganisationen bieten hier Lösungsmöglichkeiten an, indem bündelbare Bedarfe zentralisiert werden und der gesamte Einkauf durch die Einführung einer unternehmensweiten Materialgruppenstruktur harmonisiert wird. Nicht bündelbarer Bedarfe bleiben in diesem Modell in der Verantwortung der Standorte. Die Stärken dieser Ausgestaltung sind vielfältig. So eröffnet die hybride Ausgestaltung des Einkaufs zusätzliche Möglichkeiten zur Ressourcenbündelung durch Bündelungspotenziale in Bezug auf Materialgruppen wie Lieferanten. Dies ist insbesondere für Unternehmen mit ambitionierten Kostensenkungsprogrammen von Bedeutung, bei denen häufig die alleinige Optimierung bestehender Abläufe und Strukturen nicht mehr ausreicht, um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Hybride Einkaufsorganisationen bieten hier die Möglichkeit die Vorteile eines zentralisierten Einkaufs hinsichtlich der generellen Leistungsfähigkeit voll auszunutzen, ohne die Nachteile eines zu großen Abstands zur Produktion in Kauf zu nehmen.

Um Abweichungen im Einkauf erkennen zu können und Schwächen zu beseitigen ist ein effizientes Einkaufs-Controlling notwendig. Studien belegen, dass Kommunikationsprobleme und Informationsdefizite mit der Größe der Einkaufsorganisation stark zunehmen. Aufgrund von asymmetrisch verteiltem Fachwissen in dezentralen Strukturen kommt es häufig zu Problemen, die nicht durch organisatorische Anpassungen ausgeglichen werden können. Durch eine hybride Einkaufsorganisation kann eine Verbesserung der Transparenz und somit die Steuerbarkeit des gesamten Einkaufs, durch bessere Controllingmöglichkeiten im Vergleich zu dezentralen Lösungen, gewährleistet werden, ohne den zu starren Controlling-Strukturen eines zentralisierten Modells zu unterliegen. Weitere Vorteile sind die klare Aufgabentrennung zwischen zentraler und dezentraler Beschaffung, die Unterstützung der Standorte bei übergreifenden Themen, klare Materialgruppenstrategien, einheitliche Prozesse, die Stärkung der Verhandlungsposition beim Lieferanten oder auch die Steuerbarkeit des gesamten Einkaufs.

Gegenüber rein zentralen Organisationsformen muss bei hybriden Formen, allerdings neben der Controlling-Integration auf einige Punkte geachtet werden, die einer Umsetzung im Wege stehen können. So müssen eine klare Kostenverantwortung und damit die Steuerbarkeit des Einkaufs gewährleistet, klare Eskalationspfade definiert sowie die Einkaufsqualität kontinuierlich hinsichtlich zentaler/dezentraler Abweichungen überprüft werden. Durch eine starke Vernetzung von zentralisierten und dezentralen Organisationseinheiten in hybriden Strukturen können Informationsasymmetrien zeitnah identifiziert und Probleme noch in ihrer Entstehungsphase gelöst, Transparenz und Leistungsfähigkeit der Einkaufsorganisation sichergestellt und der Einkaufserfolg nachhaltig gesteigert werden.

Weiterführende Literatur:

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