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Herstell- und Prozesskostenreduzierung im Projektgeschäft

[22.06.2005]

Foto: alphaspirit / fotolia.com
Was in anderen Branchen bereits zu massiven Umwälzungen im Marktgefüge geführt hat, hält seit einer Zeit auch Einzug in die einstige deutsche Domäne des Anlagenbaus: Der Druck durch Preis-, Innovations- und Zeitwettbewerb wird stark geprägt durch globale Konkurrenz, die längst nicht mehr ausschließlich durch günstigere Produktionsmöglichkeiten auf die vorderen Plätze aufrückt. Das Beispiel zeigt, wie durch den Einsatz adäquater Methoden wie Produktklinik und Produktordnungssystem Kosten- und Zeiteffizienz verbessert und die Wettbewerbsposition gestärkt werden kann.

Bei dem Unternehmen handelt es sich um einen Systemanbieter für Spezialförderanlagen. In diesem Gebiet ist er zunehmender Konkurrenz und einem stark ausgeprägten Preiswettbewerb ausgesetzt. Das Leistungsspektrum zeichnet sich durch eine hohe Wertschöpfungstiefe aus und umfasst neben der Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von Modulen auch die Projektierung und Umsetzung der gesamten Anlagen sowie die Systemintegration und Implementierung der projektspezifischen Steuerungs- und IT-Landschaft. Insbesondere setzten ein ausgeprägter Nachteil in den Herstellkosten der Module und hohe Kosten bei Montage und Installation der Anlagen auf den Projektbaustellen das Unternehmen unter Zugzwang. Diese Effekte waren unter anderem auf eine hohe Varianten- und Teilevielfalt zurückzuführen, die - trotz des Vorsatzes, standardisierte Lösungen anzubieten - in den Bereich kundenindividueller Maßanfertigung tendierte.

Ziel des Projektes war es, Kostenreduktionspotenziale zu identifizieren und die Basis für eine neue Produkt-Markt-Strategie zu schaffen. Die angestrebte Kostenreduzierung sollte zum einen im Bereich der Herstellkosten realisiert werden, jedoch mit der Vorgabe, Leistungseinschränkungen nicht nur zur vermeiden, sondern vielmehr unter Berücksichtigung der Kundenanforderungen Lösungsansätze zu entwickeln, die eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Module sicherstellen. Als zweite Potenzialquelle wurden die der Fertigung nachgelagerten Prozesse des Projektgeschäfts herangezogen. Durch entsprechende Berücksichtigung der Prozesslandschaft bei der Entwicklung konstruktiver Produktänderungen sollten Projektierungs- und Montagezeiten sowie die damit verbundenen Kosten reduziert werden.

Zur Erreichung der gesteckten Ziele wurde das Instrument der Produktklinik, eine strukturierte und methodengestützte Vorgehensweise zur Wertgestaltung von Produkten und Prozessen, herangezogen. Für die Analyse wurden die wichtigsten Module und Systembereiche ausgewählt, mit denen ca. 80% eines durchschnittlichen Anlagenprojektes abgebildet werden können. Durch die Demontage von Konkurrenzprodukten und den technischen und kostenbezogenen Vergleich von konstruktiven Lösungen auf detaillierter Funktionsbasis einzelner Teile und Baugruppen wurde die Basis für die Ableitung von neuen Lösungsansätzen geschaffen. Im Sinne eines "Cherry-Picking" wurden die verschiedenen Funktionslösungen einander gegenübergestellt. Neben der technischen Bewertung der Alternativen vor dem Hintergrund der geforderten Funktionserfüllung und Leistungsverbesserung fand der Modularisierungs- und Mechatronik-Gedanke besondere Berücksichtigung bei der Entwicklung der Ansätze. Um die angestrebten Verbesserungen in der Anlagenprojektierung, Montage und Installation zu gewährleisten, wurden der Ausbau des modularen Produktkonzeptes und die Verfolgung eines mechatronischen Ansatzes als wichtigste Stellhebel identifiziert.

Durch die Produktklinik konnten in Abhängigkeit von den betrachteten Modulen Materialkostensenkungspotenziale zwischen 14 und 57% ermittelt werden. Auf Basis von Projektkostenvergleichen anhand von Referenzlayouts wurde ein Prozesskostenpotenzial von 50% identifiziert. Zur Umsetzung der Ansätze wurde ein detaillierter Zeit- und Kapazitätsplan bezüglich der vorzunehmenden Konstruktionsänderungen, Beschaffungsaktivitäten und Umstrukturierungen in der Fertigung und Logistik entwickelt, der den Projekteinsatz des neuen Produktkonzeptes innerhalb von 9 Monaten realisiert.

Literaturhinweise

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