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Mitarbeiter tun sich schwer als 'Unternehmer'

[15.06.2000]

Foto: WavebreakmediaMicro / fotolia.com
Der Weg ist lang zum Team, das eigenverantwortlich und sozial handelt - Entlohnung nach Zielvereinbarungen.

‘Für Euch, mit uns, einfach anders‘ lautet die neue Philosophie der französischen Hotelkette Ibis. Die Mitarbeiter sind aktiv in die Gestaltung der Zukunft des Unternehmens involviert. Sie partizipieren funktions- und hierarchieübergreifend an der Strategiekonzeption für das Jahr 2003. ‘Gemeinsam an einem Strang ziehen‘ zur Sicherung des Unternehmenserfolges lautet auch die Devise von DaimlerChrysler. Gefragt ist nicht der als Einzelkämpfer agierende Entrepreneur, sondern der selbstständig, eigenverantwortlich handelnde, innovative Teamplayer mit unternehmerischen Ambitionen.

Macht die Mitarbeiter zu Unternehmern. Was DaimlerChrysler und Ibis versuchen, Teamgeist so zu lenken, dass daraus unternehmerischer Erfolg wird, ist nur wenig verbreitet. Wer an dem heiklen Versuch scheiterte, bisher weisungsgebundene Mitarbeiter mit in die Verantwortung zu ziehen und bisher verantwortliche, weisungsberechtigte Vorgesetzte zu sozialorientierten Teamworkern zu machen, nennt seinen Namen nicht gern. ‘Ohne Führung geht es nicht‘, wollen die einen herausgefunden haben. ‘Das Team muss sich selbst führen‘, sagen die anderen. So viel steht fest: Bisherige Vorgesetzte und Mitarbeiter müssen wie ein Puzzle zueinander passen, wenn das sich selbst steuernde Team funktionieren soll. Wie komplex das Thema selbst für Theoretiker ist, zeigt eine Ausarbeitung von Prof. Horst Wildemann, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre an der TU München. Grundsätzlich stellt er fest, dass nicht der als Einzelkämpfer agierende Unternehmer gefragt ist, sondern der selbstständige, eigenverantwortlich handelnde, innovative Teamplayer mit unternehmerischen Ambitionen. Schon bei dieser Voraussetzung für den ‘Unternehmer im Unternehmen‘ zeigt sich Widerspruch. Wer leidenschaftlich unternehmerische Ambitionen hat, wird sie auch ausleben wollen. Er wird das ‘sich selbst steuernde Team‘ bestenfalls als Übergangsstation nutzen. Natürlich wird man Mitarbeiter gewinnen können, Verantwortung für Produkt- und Prozessqualität zu übernehmen, man wird sie auch bewegen können, für Kosten und Ergebnisse gerade zu stehen. Das Problem liegt darin, ‘Integration von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung als Nukleus einer Mitunternehmerschaft‘ zu installieren, wie es Professor Wildemann umschreibt. Seine Folgerung: ‘Die Delegation von Verantwortung erfordert eine gewandelte Führungsphilosophie. Gefragt ist ein partnerschaftliches Führungsverhältnis, das dem Mitarbeiter als Mitunternehmer ausreichend Freiräume zu unternehmerischem Handeln zugesteht, ohne ihm andererseits die alleinige Last der unternehmerischen Verantwortung aufzubürden.‘ Das gedankliche Ergebnis: Ein sich selbst führendes Team wird sich gemeinsame Ziele vorgeben müssen, die nur durch gemeinsame Beschlüsse von Vorgesetzten und Mitarbeitern erreicht werden können. Nach Wildemann wird so die Führungskraft zum Coach und Mentor eines unternehmerischen Teams.

Und wie soll entlohnt werden? Wildemann: ‘Bei der Entlohnung nach Zielvereinbarung erhalten die Mitarbeiter zusätzlich zum tariflichen Grundlohn Boni‘, deren Bemessung unmittelbar mit dem Grad verknüpft ist, in dem das Ziel erreicht wurde. Damit meint er, dass der Mitarbeiter als Mitunternehmer sehr wohl auch zum unternehmerischen Risiko herangezogen werden kann.

Wildemann weiß um die Problematik, denn er hält für die Erreichung des Ziels von Unternehmern, im Unternehmen gezielte Förder- und Entwicklungsmaßnahmen für unabdingbar. Aber Mitunternehmerschaft kommt nicht aus ohne das Bündeln und Nutzen des Wissens eines jeden einzelnen Mitarbeiters. Jeder soll einbringen, was er weiß und kann. Hier endet die ‘Macht des Wissens‘. So regt Wildemann an, den Firmen zu folgen, die in Unternehmensakademien versuchen, durch ‘aktive Lehrmethoden‘ individuelles Erfahrungswissen an die Mitunternehmer der Zukunft weiterzugeben.

Am 5.6.2000 in ‘Die Welt‘ erschienen (S. 17).

Literaturhinweise:

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