^

Optimierung eines Kleinserieneinkaufs im Maschinen und Anlagenbau

[13.12.2005]

Foto: sveta / fotolia.com
Globaler Wettbewerb und zunehmender Kostendruck durch Produkte aus Fernost haben auch den bislang starken deutschen Maschinen und Anlagenbau erreicht. Der Wettbewerb um die lukrativsten Aufträge erhöht den Druck auf Anlagenhersteller, ihre Produkte mit viel kundenspezifischem Anpassungen in Klein- und Kleinstserien zufertigen und anzubieten.Die hohen Produktanforderungen der Kunden, hinsichtlich kundenindividueller Anpassungen verschärfen die Komplexität für Kleinserienfertiger jedoch in zweierlei Hinsicht. Erstens erhöht sich durch die Individualisierung die Variantenvielfalt an Produkten und Produktionsprozessen und zweites können notwendige Kosteneinsparpotentiale im Einkauf in Form von Skalen(Losgrößen)effekten nur schwer realisiert werden. Um den steigenden Anforderung gerecht werden zu können und gleichzeitig die Kostensituation im Griff zu behalten, müssen mit steigendem Fremdvergabeanteil effektive Einkaufsstrukturen geschaffen werden. Ausgangspunkt hierfür bilden die Optimierung der Beschaffungsprozesse und die Entwicklung beschaffungsobjektspezifischer Einkaufsstrategien.

Ausgangssituation

Weltweit steigender Wettbewerb und zunehmende Kundenanforderungen nach individuellen Lösungspaketen üben zunehmenden Druck auf die Kostensituation von kleinen Maschinen und Anlagenbauer aus. Steigende Variantenanzahl und kundenspezifische Lösungen drücken auf die Margen und erfordern eine Anpassung der Auftragsabwicklungsprozesse auf der einen und der Beschaffungsstrukturen auf der anderen Seite, um weiter wettbewerbsfähig in den globalen Märkten agieren zu können. Steigende Materialkostenanteile von bis zu 50 % und mehr bestätigen die hohe Bedeutung der Beschaffungssituation. Mit zunehmenden Materialkosten wird die Ausschöpfung von Einkaufspotentialen zum bedeutsamsten Hebel zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit auch dieser Unternehmen. Im Gegensatz zu Serienherstellern und -lieferanten beispielsweise aus der Automobilindustrie wird diese zunehmende Bedeutung der Materialkosten erst seit kurzem erkannt. Vielfach finden sich in diesem Wirtschaftssegment noch Unternehmen mit Strukturen, in denen die strategischen Beschaffungsaufgaben, wie beispielsweise die Entwicklung und Verfolgung von Sourcing-Strategien, Beschaffungsmarktforschung, Lieferantenmanagement, Make-or-Buy-Analysen etc. von Mitarbeitern der Entwicklung und Fertigung mit übernommen werden und der Einkauf eine reine Bestellabwicklungsfunktion wahrnimmt. Strukturen wie diese sind nicht die Seltenheit und kommen den neuen Anforderungen eines globalen Einkaufs in keinster Weise nach. Die Methoden und Strukturen eines modernen Einkaufs und eine erprobte Vorgehensweise zu dessen Einführung sollen im folgenden vorgestellt werden.

Kernelemente und Vorgehen bei der Optimierung von Einkaufsstrukturen

Die Optimierung der Beschaffungsstrategie und -struktur stellt hohe Anforderungen an die Systematik der Vorgehensweise und deren Realisierung in Form von Prozessen, Organisationsstrukturen und Maßnahmenpaketen. Für die Einführung ist eine fundierte Analyse der Ausgangssituation unerlässlich. Im Rahmen einer detaillierten Analyse müssen die verschiedenen Aspekte der Beschaffung untersucht werden. Hierzu gehört zum einen die Verteilung bzw. Wahrnehmung strategischer Einkaufsaktivitäten und die prozessuale und organisatorische Einbindung des Einkaufs in die Gesamtorganisation zum anderen die Definition klarer Einkaufsstrategien auf Beschaffungsobjektebene. Kernelement für beide Module bildet eine Überprüfung des aktuellen und zukünftigen Beschaffungsspektrums und dessen Segmentierung in homogene aber untereinander heterogene Materialgruppen.

Die Überprüfung und Optimierung der Einkaufsstrukturen gründet im Idealfall auf einer dezidierten Prozess- und Organisationsanalyse. Als Erfolgsfaktor für die Etablierung effektiver und effizienter Einkaufsstrukturen im Maschinen- und Anlagenbau hat sich die organisatorische Trennung zwischen strategischen und operativen Einkaufsaufgaben (Disposition, Bestellabwicklung) erwiesen. Auf diese Weise können Freiheiten für die genannten strategischen Einkaufsaufgaben geschaffen und dem unterschiedlichen Anforderungsprofil der Aufgaben personell Rechnung getragen werden. Neben der organisatorischen Trennung von operativen und strategischen Beschaffungsaufgaben hat sich die Definition von klaren Verantwortlichkeiten für die strategische als auch organisatorische Abwicklung einzelner Beschaffungsobjekte bewährt. Hierfür müssen bestehend auf der gegebenen Materialgruppenklassifizierung die strategischen und operativen Verantwortlichkeiten klar definiert und kommuniziert werden. Um eine optimale Kommunikation zwischen Entwicklungs- und Einkaufsmitarbeitern sicherzustellen hat sich die Bildung komplementärer Organisationseinheiten, bei der ein Einkaufsmitarbeiter bei einem Bauteil nur jeweils mit einem Entwicklungsmitarbeiter abstimmen muss bewährt. Durch die klaren Verantwortlichkeiten und die 1:1 Beziehung werden intern Teamstrukturen mit engen Beziehungen und hohes gegenseitiges Know-how aufgebaut. Neben diesen aufbauorganisatorischen Aspekten müssen die operativen Beschaffungsprozesse analysiert und in internen Prozessworkshops und mit Key-Lieferanten optimiert werden. Maßnahmen wie elektronische Bestellabwicklung, C-Teilemanagement und das Abschließen von Rahmenverträgen vereinfachen die Bestellabwicklung nachhaltig.

Die Materialgruppenstruktur und deren organisatorisches Abbild sind die Vorraussetzung für die Ableitung nachhaltiger beschaffungsobjektspezifischer Sourcingstrategien.

Grundlage für die Optimierung der Einkaufskosten bildet eine systematische Analyse der bestehenden Versorgungssituation. Aufbauend auf den gebildeten Materialgruppen müssen sowohl die Beschaffungsgüter als auch die Beschaffungsmärkte hinsichtlich der Einkaufsmacht, des Versorgungsrisikos sowie der Entwicklungspotential bewertet werden. Hierfür eigenen sich Vorgehsnweisen, wie beispielsweise die Einkaufspotentialanalyse. Für die Erarbeitung von beschaffungsobjektspezifischen Souring-Strategien eignen sich die Durchfürhung von funktionsübergreifend besetzten Konzeptworkshops, in denen Know-how über den Beschaffungsmarkt, über das Gesamtprodukt und Fertigung- bzw. Logistik gebündelt werden. Die Einbeziehung von Vertriebsmitarbeitern hat sich in diesem Zusammenhang spezielle im Maschinen- und Anlagenbau als Vorteilhaft erwiesen, weil konkrete Kosten- und Produktoptimierungsansätze häufig auch kundenrelevante Produktmerkmale betreffen können. Durch den Einsatz interdisziplinärer Teams wird das Kostenbewußtsein aller beteiligten Mitarbeiter erzielt und die Akzeptanz der verabschiedeten Maßnahmen erzielt. In enger Verbindung mit intern durchgeführten Konzeptworkshops, für eine gemeinsame Ableitung von Sourcing-Strategien stehen strukturiert durchgeführte Lieferantenworkshops, mit denen Ideen und Ansatzpunkte mit spezialisierten Lieferanten iskutiert und umgesetzt werden können. Die Einbindung von Lieferanten wirkt ist speziell für die Optimierung der Produktgestaltung und Variantenreduzierung unumgänglich. Die Durchführung von Lieferantenworkshops dient nicht zu letzt einer schnellen Umsetzung der definierten Beschaffungsstrategie und hat sich in vielen Projekten bewährt.

Fallbeispiel und mögliche Ergebnisse

Die eben beschriebene Vorgehensweise hat sich in verschieden Projekten bei kleineren und großen Kleinserienfertigern bewährt. In einer aktuellen Fallstudie bei einem Unternehmen aus dem Bereich Schiffsbau konnten Einsparungen in Höhe von 5% auf ein Einkaufsvolumen von 50 Mio. EUR erzielt werden.

Hintergrund der Aktivitäten war ein enormer Umsatzanstieg den das Unternehmen in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte. Grundlage des Umsatzanstiegs ist die auf die Erfüllung individueller Kundenwünsche ausgerichtete Projektierung und Konstruktion sowie eine hohe Flexibilität des Unternehmens hinsichtlich anspruchsvoller Durchlaufzeitvorgaben in der Produktion. Den Einkauf betreffend wurde der Tätigkeitsumfang bei stetig steigendem Fremdvergabeanteil laufend erhöht, wobei die Mitarbeiteranzahl konstant gehalten wurde. Vor dem Hintergrund des gestiegenen Beschaffungsvolumens, drastisch steigender Wiederbeschaffungszeiten durch eine Verknappung der Stahl- und Gusskapazitäten am Markt sowie der Flexibilitätsanforderungen waren jedoch erhebliche Komplexitätskosten angefallen, die durch einen Ausbau der Mitarbeiterkapazitäten nicht mehr beherrschbar geworden wären.

An den beschriebenen Defiziten ansetzend wurde ein Projekt zur Optimierung der Einkaufsstrukturen und zur Steigerung der Materialverfügbarkeit bei dem Unternehmen gestartet. Wesentlichen Ergebnisse des Einkaufsprojekts lassen sich in der Realisierung von Einstandspreiseinsparungen um durchschnittlich 5%, sowie einer wesentlichen Aufwertung der Einkaufsfunktionen zusammenfassen. Letzteres wurde durch die Etbalierung eines nach Materialgruppen strukturierten strategischen Einkauf und eine frühzeitige prozessuale Einbindung des Einkaufs in die Projektierung erreicht. In funktionsübergreifenden Konzeptworkshops wurden gemeinsame mit Vertrieb, Entwicklung und Fertigung Vorzugslieferanten festgelegt, Nachverhandlungen angestoßen und Make-or-Buy-Analysen angestoßen. Mit hilfe von Lieferanten-Workshops mit Strategischen Lieferanten wurde die Produktstruktur der einzelner Produktkomponenten, deren Variantenanzahl und Produktkomplexität untersucht und gemeinsam mit den Lieferanten konkrete Sourcing- bzw. Fertigungs-Maßnahmen definiert sowie deren Umsetzung eingeleitet. Die Ergebnisse lasen sich sehen. Durch die eingeleiteten Maßnahmen konnte eine Trendwende bei den schwindenen Margen eingeleitet und weitere Aufträge gewonnen werden.

Literatur

VorherigeNächste