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Pilothafte Durchführung einer Produktklinik zur Einführung einer Cost Engineering Abteilung

[07.04.2014]

Foto: denisismagilov - fotolia.com
Ein führender Konzern aus der Nutzfahrzeugbranche stand vor der Herausforderung, die Kostenposition seiner Produkte infolge des Preisdrucks aus China zu verbessern. Die Vision der Unternehmensleitung lag darin, das abteilungsübergreifende Kostenbewusstsein zu stärken und die Produktkosten kontinuierlich zu senken. Daher wurde gemeinsam mit dem TCW ein Projekt ins Leben gerufen, welches die Zielsetzung verfolgte, den praxisbewährten Ansatz der Produktklinik pilothaft anzuwenden sowie ein „Cost Engineering“ fest im Unternehmen zu verankern.

Herausforderungen der Produktklinik und des Cost Engineering

Das betrachtete Unternehmen stand vor der Herausforderung, die Profitabilität seiner Produkte im Umfeld eines steigenden Preisdrucks aus China abzusichern und zu verbessern. Die kontinuierliche Identifizierung und Realisierung von Kostensenkungspotenzialen wurden daher zu einer zwingenden Notwendigkeit. Im betrachteten Unternehmen existierte bereits eine Vielzahl an Einzelansätzen zur Produktkostenoptimierung. Dennoch wuchs der Bedarf nach einer integrativen Methodik, die eine strukturierte und nachhaltige Herstellkostenreduzierung ermöglicht. Aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks galt es, alle Abteilungen und deren Kostenhebel zu adressieren. Infolge des hohen Materialkostenanteils von über 50% war insbesondere die intensive Einbindung von Lieferanten eine wesentliche Vorgabe. Zielsetzung des Projektes war es daher, den praxisbewährten Ansatz der Produktklinik pilothaft anzuwenden und zu schulen sowie das „Cost Engineering“ organisatorisch im Unternehmen zu verankern. Des Weiteren wurde von der Unternehmensleitung angestrebt, mittels der Methodik neue, innovative Lösungskonzepte zu generieren und das „out of the box“-Denken gezielt zu fördern.

Vorgehensweise zur pilothaften Durchführung und Schulung der Produktklinik

Zunächst wurde in einem Projektleitfaden der Untersuchungsbereich abgegrenzt und eine Analyse der Produkt- und Funktionsstruktur durchgeführt. Das gesamte Projektvorgehen basierte auf einer regelmäßigen und engen Abstimmung zwischen dem TCW, dem Management und den Mitarbeitern aus den jeweiligen Bereichen. Als Benchmarking-Objekte wurden ein europäisches und zwei chinesische Wettbewerbsprodukte gewählt. Zusätzlich wurde ein technisch verwandtes, branchenfremdes Produkt untersucht. Im Rahmen von vier Demontageworkshops wurden die Produkte in cross-funktionalen Teams zerlegt und das abteilungsübergreifende Wissen für die Generierung neuer Ideen genutzt. Die im Rahmen des Projektleitfadens erarbeitete Funktionsstruktur diente als wichtige Orientierung bei der Zerlegung und beim Vergleich der untersuchten Produkte. Als Ergebnis der Demontageworkshops konnten über 120 Verbesserungsansätze formuliert werden, die in detaillierte Ideensteckbriefe überführt und in einer übergreifenden Ideenliste konsolidiert wurden. Über die gesamte Projektlaufzeit wurde ein „Showroom“ eingerichtet, indem die Demontagen stattfanden und die zerlegten Teile im direkten Vergleich ausgestellt wurden. Dieses Vorgehen hat sich vielfach bewährt, um mit der Produktklinik als physischen „Lernort“ den Wissenstransfer in der Organisation zu unterstützen. Weiterhin wurde eine ausführliche Benchmarking-Dokumentation erstellt, die Vergleiche von der Produkt- bis hin zur Einzelteilebene ermöglichte. Das Benchmarking auf Einzelteilebene umfasste dabei die Bewertung technischer und kosteneffizienter Realisierung sowie der Eignung für Niedriglohnländer. Parallel zu den Demontagen wurden Ideenworkshops mit den Lieferanten der werthaltigsten Komponenten durchgeführt. Diese zielten darauf ab, gemeinsam Verbesserungsideen (z.B. Prozessoptimierungen, modifizierte Spezifikationen etc.) zu identifizieren und zu detaillieren. Sämtliche Ideen wurden hinsichtlich Einsparpotenzial, Implementierungskosten und Umsetzungsdauer bewertet sowie im Rahmen von cross-funktionalen Konzeptworkshops zu Konzepten gebündelt. Im nächsten Schritt wurde ein detaillierter Implementierungsplan mit Verantwortlichkeiten und Meilensteinen ausgearbeitet. Die Erfahrungen zeigen, dass der Umfang der realisierbaren Potenziale direkt mit der Güte und Detailtiefe des Implementierungsplans korreliert. Abschließend wurde geprüft, in welchem Maße die erarbeiteten Optimierungskonzepte auch bei anderen Produkten innerhalb des Produktprogramms Anwendung finden können.


Abbildung 1: Methodenbausteine der Produktklinik

Ergebnisse der Produktklinik und organisatorische Verankerung des Cost Engineering

Im Rahmen des durchgeführten Pilotprojektes kam eine unternehmensindividuell angepasste Verknüpfung der TCW-Methodenbausteine zur Anwendung. Die Bausteine der Produktklinik ermöglichten eine systematische Abarbeitung aller Potenzialfelder sowohl aus Material- als auch aus Prozesskostenperspektive. Insgesamt wurde ein Potenzial zur Senkung der Herstellkosten von über 15% erarbeitet, wodurch die Profitabilität des untersuchten Produktes erheblich verbessert werden konnte. Auch das Ziel, radikale Innovationen zu fördern, wurde erreicht. Beispielsweise wurden neueste Entwicklungen aus dem Bereich der Materialtechnik sowie der Fertigungstechnik bei der Konzepterarbeitung berücksichtigt, die zu mehreren Patentanmeldungen führten. Um den „Cost Engineering“-Gedanken nachhaltig im Unternehmen zu verankern, wurde während des Projektes eine neue Organisationseinheit ins Leben gerufen, welche in alle Projektaktivitäten intensiv eingebunden und kontinuierlich geschult wurde. Der Methodentransfer wurde dabei mittels einer Qualifikationsmatrix kontinuierlich nachverfolgt. Außerdem wurde ein SharePoint im Intranet eingerichtet, der sämtliche Ergebnisse des Pilotprojektes strukturiert abbildete und als Grundlage für den Roll-out der Methodik der Produktklinik und des Cost Engineerings im Unternehmen genutzt wurde.

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