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Produktklinik zur Konzeptoptimierung bei Pkw-Motoren

[24.07.2003]

Foto: sveta / fotolia.com
Bei der Entwicklung einer neuen Produktgeneration kommt es in der Regel zu einem unvermeidbaren Interessenskonflikt: während die Zielkosten für das Nachfolgeprodukt im Vergleich zum Vorgänger häufig pauschal um 20% gekürzt werden, wird in punkto Produkteigenschaften und Funktionalität deutlich mehr von der Nachfolgegeneration erwartet. Um den Konflikt besser als der Wettbewerber aufzulösen und dem Kunden ein optimales Produkt im Sinne des Kosten-Nutzen-Verhältnis anzubieten, ist eine intelligente Methodik erforderlich, die alle notwendigen Schritte beinhaltet, um die Optimierungspotenziale von Kosten und Technik voll auszuschöpfen.

Die Entwicklung einer neuen Motoren-Generation, die als ‘Weltmotor‘ in einem großen Automobilkonzern eingesetzt werden soll, stellt die erfahrenen Entwickler, die als ‘Team of Champions‘ für dieses Projekt zusammengezogen wurden, vor große Herausforderungen. Dabei ist nicht primär die technische Lösung das Problem, sondern die gleichzeitige Erfüllung der Kostenvorgaben auf Ebene von Baugruppen. Wie aber kann der Entwickler bereits in der frühen Konzeptphase bei der Erfüllung der technischen und kostenmäßigen Vorgaben unterstützt werden? Wie kann er systematisch eigene Konzeptideen und Wettbewerbslösungen nach Kosten- und Technikaspekten bewerten und vergleichen?

Eine geeignete methodische Unterstützung wurde mit dem Vorgehen der Produktklinik gefunden. Ausgangspunkt bildete die Auswahl der Baugruppen, bei denen das größte Kostendelta zu erwarten war. Um die eigenen Konzeptideen untereinander zu bewerten und relativ zu Wettbewerbslösungen einzuordnen, wurden in der ersten Phase die Hauptfunktionen definiert und die Funktionskosten kalkuliert. Dazu war eine enge Zusammenarbeit zwischen Entwicklung, technischem Controlling sowie der Beschaffung notwendig. Über die Entwicklung einer Konzeptmorphologie gelang es, alle vorhandenen Ideen systematisch in Richtung Kosten und Technik zu bewerten. Weitere Lösungsmöglichkeiten wurden in funktionsübergreifenden Konzeptworkshops erarbeitet. Ziel der Workshops war es, gemeinsam Konzeptideen zu entwickeln und über Konzeptsteckbriefe zu charakterisieren, um möglichst zeitnah eine Bewertung im Hinblick auf Kosten und Technik vornehmen zu können. Zeigten einzelne Konzeptideen einen deutlich besseren Erfüllungsgrad als die bislang favorisierte Lösung, so wurde das Konzept weiter detailliert, um die technische Machbarkeit zu verifizieren.

Ein wichtiges Ergebnis der systematischen Konzeptbetrachtung ist die Erarbeitung und Bewertung von funktionsintegrierten Baugruppen. Dieses erfordert sowohl auf Entwickler- als auch auf Entwicklungslieferantenseite ein umfassendes Verständnis für das Zusammenwirken einzelner Teilfunktionen. Eine zu überwindende Hürde stellt dabei die nach Baugruppen strukturierte F&E-Organisation beim OEM dar. Auf Seiten der Entwicklungslieferanten ist eine Fokussierung auf einzelne Aggregate oder Funktionen zu überwinden. Für die Lieferanten bietet sich die Chance, die eigene Kernkompetenz zu erweitern und über die Entwicklung integraler Baugruppen einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.

Die im Rahmen der Produktklinik notwendigen Schritte konnten durch das strukturierte Vorgehen und die Verteilung der Arbeitsinhalte auf mehrere Beteiligte parallel zu den Entwicklungstätigkeiten durchgeführt werden. Die über die Konzeptmorphologie generierten alternativen Kombinationen aus einzelnen Teilkonzepten wiesen eine Einsparung zwischen 25 und 35% bezogen auf das ursprüngliche Gesamtkonzept auf. Im Rahmen eines mehrtägigen Workshops mit Vertretern von F&E, Controlling und Beschaffung wurden die Gesamtkonzeptvorschläge diskutiert. Das Ergebnis war die Überarbeitung des ursprünglichen Motor-Konzepts mit einem Kosteneffekt von 30% bei gleicher technischer Funktionserfüllung.

Weiterführende Literatur zu dem Themengebiet:

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