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Prozessoptimierung in deutschen Krankenhäusern

[15.02.2009]

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Deutsche Krankenhäuser sind seit Einführung der „Diagnosis Related Groups“ (DRG), auch Fallpauschalen genannt, mit neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konfrontiert. Dieses neue Verrechnungssystem schreibt Krankenhäusern vor, dass sie nicht mehr nach der Länge des Aufenthaltes bezahlt werden, sondern eine vom Gesetzgeber vorgeschriebene Fallpauschale für jede durchgeführte Behandlung erhalten. Dies setzt Krankenhäuser unter starken Druck, da sie nun nicht mehr in der Lage sind, Patienten länger im Krankenhaus zu halten um zusätzliche Kosten zu decken. Heutzutage müssen Krankenhäuser sicherstellen, dass sie kosteneffizient und schlank wirtschaften.

Schlanke Prozesse sind absolut notwendig, um Kosteneffizienz in einem Unternehmen zu gewährleisten. Die meisten Krankenhäuser haben sehr unstrukturierte Prozesse und sollten deshalb ihre Prozesse nach dem TCW-Konzept eines Prozessreengineering (mit der GENESIS-Methodik) neu modellieren. Danach können Prozesse standardisiert werden, welche einen effizienten und reibungslosen Ablauf erst ermöglichen. Des Weiteren ist es sehr ratsam, klinische Behandlungspfade, die den ganzen Behandlungsablauf planen und strukturieren, einzuführen. An diese Pfade können sich alle Mitarbeiter des Krankenhauses richten. Die Wichtigkeit solcher Pfade kann anhand von Notfallsituationen im Flugzeug dargestellt werden. Sollte es im Flugzeug zu einer Notfallsituation kommen, gibt es vorgeschriebene Pfade, die jedem einzelnen Mitarbeiter (also: Pilot, Flugbegleiter und Bodenpersonal) die einzelnen Schritte im Detail schildern. Damit wird dann also sichergestellt, dass Fehler, die in Extremsituationen leichter vorkommen können, vermieden werden. Das gleiche Prinzip kann auf das Krankenhauspersonal übertragen werden, da diese konstant unter zeitlichen Restriktionen – jetzt noch mehr aufgrund der Einführung der DRGs – und somit Stress arbeiten müssen. Eventuelle Zeitverzögerungen in der Behandlung des Patienten können also zu gravierenden Umsatzeinbußen führen.

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In der Implementierung von klinischen Pfaden wird allen Beteiligten des Heilungsprozesses ihr Handeln anhand von Checklisten nahegebracht. Die erfolgreiche Implementierung solcher klinischen Pfade verringert die Fehlerrate und führt zu kürzeren Heilungsprozessen, da auftretende Komplikationen reduziert werden. Die Qualität steigt in allen Stufen der Patientenbehandlung (von Diagnose bis zur Rehabilitation), da koordinierte Prozesse einen schnellen und reibungslosen Heilungsprozess ermöglichen. Dies setzt eine klare Auslegung der Prozesse voraus und beginnt mit dem Tag, an dem der Patient in das Krankenhaus eingeliefert wird. Durch die klare Auslegung der Strukturen wird die Anzahl der Prozesse reduziert sowie die Qualität verbessert und somit werden die auftretenden Prozesskosten minimiert. Dies bringt Krankenhäuser ihrem Ziel, ohne Verzögerungen zu operieren und mehr Patienten in einer bestimmten Zeit zu behandeln, ein großes Stück näher. Um Umsätze im Krankenhaus steigen zu lassen ist es, nach Einführung der DRGs, nicht mehr sinnvoll den Patientenaufenthalt zu verlängern, sondern die Anzahl an behandelten Patienten zu steigern. Dies wird durch eine Verkürzung des Aufenthaltes des einzelnen Patienten ermöglicht. Es handelt sich hier also um eine Win-win-Situation, da auch die behandelten Patienten von einer schnelleren und qualitativ hochwertigeren Genesung profitieren. Die ausgiebige Planung ermöglicht es also, Doppeluntersuchungen und folgliche Terminabsagen aufgrund von Kapazitätsengpässen zu vermeiden.

Die Einführung von klinischen Pfaden hat also folgende Vorteile:

  • Verminderung des präoperativen Aufenthalts von Patienten
  • Verringerung der Anzahl der abgesagten Operationen
  • Reduzierung der durchschnittlichen Länge des Aufenthalts des Patienten
  • Steigerung der Effizienz im Krankenhaus

Die Einführung dieser klinischen Pfade wurde vom TCW in bisherigen Projekten folgendermaßen durchgeführt:

In einem ersten Schritt sollten die relevanten Indikationen pro Station identifiziert werden, um die Pfade herauszuarbeiten. In vergangen Projekten war es dabei wichtig, dass TCW-Mitarbeiter zusammen mit den Stationsleitern ein Minimum von Indikationen festlegten, um die Qualität der Pfade zu gewährleisten.

Weiterführend sollten die klinischen Pfade in funktionsübergreifenden Teams erarbeitet werden. Dies betrifft also nicht nur die Chef-, Ober- und Stationsärzte sondern auch Pfleger, Krankenschwestern, Controller (soweit vorhanden) und Mitarbeiter des Qualitätsmanagements (soweit vorhanden). Dies ist ein langwieriger Prozess und findet in dem stressigen Alltag eines Arztes nur schwer Platz. Dennoch sollten Workshops organisiert werden und für alle Beteiligten verpflichtend sein.

In diesen Workshops ist es dann die Aufgabe von TCW-Beratern, den aktuellen Ablauf darzustellen. Hierbei müssen alle Schwachpunkte sowie Ineffizienzen dargelegt werden, um den perfekten Behandlungsprozess definieren zu können.

Danach liegt der Fokus darauf, den richtigen Ablauf zu identifizieren. Zusammen mit TCW-Beratern werden also die Aktivitäten aller im Behandlungsprozess beteiligten Personen dargelegt. Dies beinhaltet auch die Definition der konkreten Inhalte eines jeden Aufgabengebiets. Die vollständige Dokumentation bewerkstelligt demnach auch, Prozesse planbar zu machen und es somit auch zu ermöglichen, die nötigen Ressourcen bedarfsspezifisch zu kalkulieren.

Die definierten Pfade müssen im Anschluss mit den Abteilungen, die verantwortlich für die Aufnahme und die Entlassung der Patienten sind, abgestimmt werden. Dies soll demnach ermöglichen, dass die Patientenaufnahme und Entlassung in den Pfaden enthalten sind, um somit einen Ablauf ohne Zeitverluste zu ermöglichen.

Da der erarbeitete Pfad bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der realen Praxis getestet wurde, muss ein Pilotprojekt gestartet werden, um eventuelle Schwachstellen des erarbeiteten Pfades vorab auszuloten und zu bereinigen. Dabei sollte der Pfad auf den routinierten Ablauf der beteiligten Mitarbeiter abgestimmt und unnötige administrative Aufgaben vermieden werden.

Ein weiterer wichtiger Baustein von klinischen Pfaden ist die Integration eines Pfad-Controllings. Es muss eine übergeordnete Abteilung geschaffen werden, die die Qualität, die Entwicklung der durchschnittlichen Aufenthaltszeiten, Varianzen und die Beanspruchung von Nebendienstleistungen kontrolliert. Diese Kontroll-Tools ermöglichen die Effekte der Implementierung von Pfaden darzustellen und gegebenenfalls auch die Integration eines Anreizsystems, um die erfolgreiche Umsetzung zu gewährleisten.

Die definierten Pfade sollten dann in ausgewählten Abteilungen implementiert werden. Dabei ist es sehr wichtig, dass Mitarbeitern genügend Zeit zur Verfügung gestellt wird, um sich an die neuen Rahmenbedingungen zu gewöhnen. Erfahrene Mitarbeiter sollten dabei ihre Erfahrungen an andere Abteilungen, die kurz vor einer Implementierung von klinischen Pfaden sind, weitergeben. Außerdem sollten die organisatorischen Strukturen des Krankenhauses während der Implementierung mit der Auslegung der Pfade abgestimmt werden.

Die Ergebnisse aller vorhergehenden Schritte sollten dann konsolidiert und in Form eines Implementierungsplanes dargestellt werden. Dabei sollten der zeitliche Ablauf, die Meilensteine und die Mitarbeiter, die in dem Prozess involviert sind, definiert werden. Mitarbeiter, die im Pilotprojekt mitgearbeitet haben, sollten bei der Erstellung eine führende Position einnehmen.

Nach der erfolgreichen Einführung klinischer Pfade ist es ratsam, die Effekte und erreichten Gewinne darzustellen. Es sollte auch eine eigene Abteilung geschaffen werden, welche die stationsübergreifende Implementierung garantiert. Außerdem muss diese Abteilung darauf achten, dass die Prozesse und Pfade interagierender Stationen (z.B. Radiologie und Orthopädie) aufeinander abgestimmt werden, um einen harmonischen Ablauf aller Prozesse langfristig zu gewährleisten.

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