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Single Source Reduktion in der chemischen Industrie

[24.11.2008]

Foto: sveta / fotolia.com

Geringere Wertschöpfungstiefe und die Zusammenarbeit in Wertschöpfungsnetzwerken führt zu einer steigenden Bedeutung des Einkaufs für den Gesamtunternehmenserfolg. Neben reinen Preisverhandlungen ist eine Sicherstellung der Versorgung eine weitere wesentliche Funktion des Einkaufs. In der folgenden Fallstudie wird eine Vorgehensweise zur Reduktion von Single Source Situationen bei einem Praxispartner aus der chemischen Industrie beschrieben.

Für die chemische Industrie ergeben sich besondere Anforderungen an die Beschaffungsorganisation und die Einkaufsabteilungen. Die in der Chemiebranche marktinduzierte Intransparenz führt selbst bei hervorragender Ausbildung der Mitarbeiter zu Schwierigkeiten. Insbesondere die Beibehaltung des Marktüberblicks über Lieferanten gestaltet sich als problematisch. Dies resultiert aus einer hohen Unübersichtlichkeit auf Grund fehlender Klassifizierungen, abweichender chemischer und physikalischer Spezifikationen und der Verwendung von Handelsnamen, welche keinen Rückschluss auf die molekulare Strukturformel und die genaue Zusammensetzung erlauben. Daher kommt es in der chemischen Industrie überproportional häufig zu Single Source Situationen, da Alternativen häufig nicht als solche zu identifizieren sind. Dabei kann es sich um eine tatsächlich marktbedingte Single Source Situation handeln oder um eine Single Source Situation auf Grund fehlenden Marktüberblicks.

Bei dem Projektpartner handelt es sich um einen international operierenden Chemiebetrieb, welcher einer Holding angehört, die sich durch eine hohe Akquisitionstätigkeit auszeichnet. Die Diversifizität der Sparten und strategische Beweggründe bedingen, dass die Integration der Subunternehmen in den Gesamtkonzern nicht forciert wird. Auch die Interaktion zwischen den Einkaufsabteilungen der Subunternehmen ist äußerst spärlich. Daher ist der Austausch hinsichtlich gemeinsam genutzter Lieferanten, Rohstoffquellen und Alternativlieferanten zwischen den Unternehmen eingeschränkt.

Nach einer eingehenden Analyse wurden beim untersuchten Chemie-Unternehmen Verbesserungspotenziale identifiziert und priorisiert. Ein adressiertes Themenfeld war die Reduktion der Single Source Situationen. Eine erste Analyse ergab, dass bei ca. 45% des Beschaffungsportfolios Single Source Konstellationen vorlagen. Um dieser Situation entgegenzutreten, wurden zwei Arbeitspakete verabschiedet. Im ersten Arbeitspaket wurden die TOP 85 Rohstoffe einer weiteren Analyse unterzogen. Bei den TOP 85 Rohstoffen handelte es sich um Rohstoffe aus Single Source Verhältnissen mit den höchsten Beschaffungsvolumina. Hierzu wurde in enger Zusammenarbeit mit der zentralen F&E Abteilunge nach potenziellen alternativen Bezugsquellen gesucht. Ein weiterer Ansatz verfolgte die Option der Eigenfertigung respektive der Lohnfertigung. Hierfür wurden insbesondere jene Produkte analysiert, bei denen eine Preissteigerung festzustellen war bzw. bei denen die Differenz zwischen tatsächlich gezahltem Preis und dem durch Makroformeln ermittelten theoretischen Preis dies lohnenswert erscheinen ließ. Innerhalb der TOP 85 Rohstoffe wurde ca. 10% der Rohstoffe mit robusten Maßnahmen hinterlegt und alternative Bezugsquellen ermittelt.

Im zweiten Arbeitspaket wurden die Single Source Situationen bei den einzelnen Subunternehmen innerhalb ihres Beschaffungsportfolios abgefragt. Im Anschluss wurden die Ergebnisse gegenübergestellt und analysiert, in welchen Fällen Unternehmen Rohstoffe als Single Source deklariert hatten, konzernintern jedoch bereits alternative Bezugsquellen vorhanden waren. Dabei wurden signifikante Preisunterschiede für einzelne Rohstoffe festgestellt und ein Einsparpotenzial für den einfachen Lieferantenwechsel ausgewiesen. Die Ergebnisse und die alternativen Bezugsquellen wurden den Unternehmen zur Verfügung gestellt und damit erhebliche Kosteneinsparungspotenziale realisiert.

Durch beide Arbeitspakete konnte nicht nur die Versorgungssicherheit bei Single Source Rohstoffen sichergestellt, sondern es konnte ferner ein Einsparpotenzial von über 1,5 Mio. Euro realisiert werden.

Weiterführende Literatur:

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