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TCW veröffentlicht Studie zu Defiziten im IT-Management in Deutschland

[20.07.2006]

Foto: WavebreakmediaMicro / fotolia.com
Über 70% der Unternehmen haben ihr IT-Management effizient in einer eigenen IT-Abteilung gebündelt, jedes dritte Unternehmen leistet sich bereits einen eigenen CIO („Chief Information Officer") und knapp 80% der Unternehmen gehen davon aus, dass ihre IT-Budgets zumindest gleich bleiben oder sogar steigen werden – wer würde da glauben, dass das IT-Management der deutschen Unternehmen nicht richtig aufgestellt ist?

Doch hinter den Kulissen schaut es leider nicht mehr so rosig aus. Es gibt noch viele Defizite bei Planung, Implementierung und Einsatz der Informationstechnologien, wie jetzt eine vom TCW veröffentlichte Studie Wettbewerbsfaktor IT – Wege zur erfolgreichen IT-Gestaltung zum IT-Management in Deutschland zeigt.

IT-Budgetüberschreitungen sind nicht nur laut dieser Studie an der Tagesordnung. Knapp 53% der IT-Verantwortlichen scheinen entweder schlecht zu planen oder schlecht zu managen und unter- oder überschreiten ihr Budget. Mehr Investitionen führen nicht zu mehr Produktivität – die Produktivität nimmt eher ab. IT-Controlling scheint dort noch in den Kinderschuhen zu stecken.

Bei den IT-Projekten sieht es nicht besser aus, stellte sich nach der Umfrage zur Studie IT Management heraus. So sind nur knapp 50% aller IT-Projekte erfolgreich. Die Hälfte der nicht erfolgreichen IT-Projekte läuft zeitlich aus dem Ruder, knapp jedes vierte Projekt überschreitet das Budget und ebenso viele ändern den Projektinhalt wesentlich. 10% der Unternehmen führen Projekte weiter, obgleich die inhaltliche Grundlage überhaupt nicht mehr gegeben ist.

So ist Insidern schon längst bekannt, dass eine der Top 10 deutschen Großbanken immer noch ein Edifact Projekt durchführt, obgleich mindestens seit dem Durchbruch der Internettechnologie klar ist, dass diese Technologie niemand mehr braucht.

Gründe gibt es viele. Zumeist sind es eine schlechte Projektplanung, ein unzureichendes Projektcontrolling oder ein mangelhaftes Projektmanagement. So wie S-Clearing, eines der größten Projekte in der Geschichte der Sparkassenorganisation. Das Projekt scheiterte an mangelnder Projektsteuerung und war erst erfolgreich, als es noch mal unter völlig neuer Leitung aufgesetzt wurde.

Auch bei der Softwareentwicklung gibt es Defizite. Nur jedes fünfte Unternehmen entwickelt nach der eigenen Umfrage zu Folge weitgehend selbst; die meisten Unternehmen gehen davon aus, dass es billiger ist, von der Stange zu kaufen als selbst zu entwickeln. Doch weit gefehlt!

Unsere Studie „Wettbewerbsfaktor IT – Wege zur erfolgreichen IT-Gestaltung" zeigt, dass Unternehmen, die selbst entwickeln, nur etwa ein Drittel der IT-Kosten der Unternehmen haben, die Standardsoftware kaufen. Was ist der Grund dafür? Nun, häufig wird der hohe Anpassungsaufwand der Standardsoftware an die Unternehmensumgebung entweder nicht oder nur unzureichend in die Kalkulation einbezogen. Und meistens müssen mehr Module einer Standardsoftware gekauft werden, als tatsächlich benötigt werden. Letztlich schlagen die Updates der Lizenzen und Wartungsverträge auch teuer zu Buche.

Outsourcing verläuft bei vielen ebenfalls schlechter als erhofft. Jedes fünfte Unternehmen reintegriert ehemals ausgelagerte IT-Leistungen wieder. Vergleichbare Zahlen aus der Produktion sind deutlich niedriger und liegen im Bereich von 9%. Ein wesentlicher Grund mögen unzureichende Analysen im Vorfeld sein, denn nur jedes 5. Unternehmen führt diese durch. Die Folgen liegen auf der Hand: Potenziale werden überschätzt, Auslagerungsziele verfehlt und letztlich scheitert die gesamte Auslagerung.

Nun zur betrieblichen Weiterbildung: 70% der Unternehmen investieren jährlich weniger als 2.500 Euro/Mitarbeiter in die Weiterbildung. Dies entspricht etwa einem Tag Weiterbildung pro Jahr. Damit liegen die deutschen Unternehmen weit hinter ihren skandinavischen Kollegen, die im EU-Durchschnitt führen. Dass diese eine weitaus bessere Position als die deutschen im internationalen Wettbewerb aufweisen, mag neben vielen anderen Faktoren (wie z.B. auch einer besseren schulischen Bildungspolitik) auch auf ihre besseren beruflichen Weiterbildungsaktivitäten zurückzuführen sein.

Die Beispiele verdeutlichen, dass im IT-Management deutscher Unternehmen Defizite vorhanden sind und es sich daher lohnt, Konzepte zu entwickeln, um die IT effektiv und effizient zu gestalten. Diejenigen, die ihr IT-Management strategisch im Griff haben und das methodische Handwerkszeug richtig anwenden, werden dann auch ordentlich dafür belohnt.

Der Aspekt „strategische Ausrichtung der IT" bedeutet dabei, diese so zu gestalten und zu nutzen, dass sie einen Wettbewerbsvorteil generiert. Die IT lediglich als unternehmerische Unterstützungsfunktion einzusetzen, reicht schon lange nicht mehr– erfolgreiche Unternehmen setzen sie aktiv als strategisches Differenzierungsinstrument ein.

Ein gutes Beispiel ist S. Oliver. Der Textilhersteller aus Franken verbindet die dezentralen Kassensysteme der Franchise-Nehmer mit der Zentrale und weiß daher genau, was in welchem Store gekauft wird und gibt diese Informationen zeitnah an die Designabteilung und an die Produktion weiter. Diese setzen die Informationen dann in den aktuellen Kollektionen um und damit ist S. Oliver seinen Wettbewerbern immer einen Schritt voraus.

Methodisch auf der Hut zu sein, bedeutet im IT-Bereich besonders nach der Handlungsmaxime „You can manage only what you can measure" zu walten. Nur wer Transparenz über den vergangenen, laufenden und geplanten Stand seiner IT, deren Kosten und Nutzen hat, kann darauf entsprechende Managementmethoden anwenden. Was nützt Cost Cutting, wenn nicht bekannt ist, wo welche Kosten anfallen? Was nützt die kostenlose Open Source Software, wenn die Integrations- und Maintenancekosten letztlich so hoch sind, dass sie die Kosten normaler Kauf- oder Mietsoftware übersteigen? Und wie soll das Fertigstellungsdatum eines Projektes glaubhaft verkündet werden, wenn es keine effektive Leistungsfortschrittskontrolle gibt?

Die geschaffene Transparenz gibt dann nicht nur Entscheidungssicherheit, sondern wirkt sich auch direkt auf den Erfolg aus. So sind IT-Projekte und Outsourcing-Vorhaben signifikant erfolgreicher, die auf Basis von Kennzahlen durch IT-Controlling gesteuert werden. Auch Outsourcing-Vorhaben sind umso erfolgreicher, je besser die Analyse im Vorfeld war.

Diese Empfehlung scheint die Bundeswehr im Jahre 1999 wohl etwas zu genau genommen zu haben, als sie ihr größtes IT-Outsourcing-Projekt, genannt Herkules, initiiert hat. Nach knapp 7 Jahren soll dieses nun endlich im September 2006 vom Haushaltsausschuss des Bundestages verabschiedet werden. Das Projektvolumen von 6,65 Mrd. Euro rechtfertigt immerhin eine gewisse Analysephase, aber – bei aller Liebe zum IT-Management – totanalysieren muss man sich nicht! Hoffen wir nur, dass sie im Krisenfall schneller entscheidet!

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