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Umbrüche durch Digitalisierung: Automobilindustrie, quo vadis?

[06.10.2017]

Foto: vege - fotolia.com
Umweltskandale, Umbrüche und Unsicherheit. Nie waren die Zeiten turbulenter für die Automobilindustrie. Ging es bislang darum, bestehende Modellpaletten auszubauen und technische Verbesserungen evolutionär einzuführen, steht plötzlich alles zugleich auf dem Spiel. Die Automobilindustrie ist dabei, sich völlig neu zu erfinden. Was ist dran an der Befürchtung, Digitalisierung und Elektromobilität würden die Branche zerlegen?

Hinter den Stichworten autonomes Fahren, Elektromobilität und Umweltstandards verbergen sich mehr als eine Reihe von Herausforderungen. Mit einem Mal ist alles Teil einer großen Gleichung, deren elegante Lösung die Zukunft einer Industrie bestimmen wird. Daher ist es höchste Zeit, die Erfolgsgeschichte deutscher Automobilkonzerne selbst auf den Prüfstand zu stellen.

Schneller, höher, weiter durch digitale Technologien

Was bedeutet Digitalisierung wirklich? Sie beschleunigt und erweitert den Markt zugleich. Wie im Fußball ist das Spiel dynamischer geworden und variantenreicher. Fritz Walters Mannschaft würde nicht mehr ins Endspiel einer WM einziehen, sie würde nicht einmal die Vorrunde überstehen. Und auch die glorreichen Spieler von 1974 hätten keine Chance mehr, obwohl der Ball noch immer rund ist – wie der Autoreifen. Doch Hardware alleine bedeutet nichts mehr, es geht darum, sie klug einzusetzen. Heute ist jeder Spieler digital vermessen und optimiert. Individuelle Trainingsmethoden haben die Fitness der Akteure explosionsartig gesteigert: Ihre Laufleistung in den Endspielen vervierfachte sich innerhalb von 60 Jahren, die Zahl der Pässe stieg von 240 auf 736. Das Spiel der Wirtschaft heißt ebenfalls Effizienz: „lean“. Neue (digitale) Trainingsmethoden halten Spieler zudem länger im Geschäft, weil sie ihr Leistungsniveau halten können. Das Spiel wird „nachhaltiger“, weil geschickte Trainer ihre Ressourcen besser einsetzen: „green“.

Vernetzung steigert die Informationsmenge

Alles ist zudem vernetzt, „connected“, auf dem Platz wie über das Spielfeld hinaus. Trainer wie Spieler werden in einem globalen Markt ständig bewertet und gehandelt. Neue Mitbewerber können so die besten Köpfe und Ideen abwerben und zügig in Mannschaften (respektive Produkte und Services) umwandeln. Google und Tesla erinnern in ihrem Streben nach Dominanz an finanzstarke Clubs wie Manchester United oder FC Chelsea. Sie bringen aber noch mehr mit: eine neue Strategie für das Spiel – in diesem Fall, das Einzelobjekt mit konkreten Nutzerwünschen zu verbinden und aus dem großen Datenfluss erst Erkenntnisse, dann Geschäftsmodelle abzuleiten. Digitale Parkplanung statt einfach nur digitaler Einparkhilfe heißt es in Zukunft. Vernetzung dreht den Datenstrom um. Der einzelne Autofahrer erhält nicht nur zeitgenaue Verkehrsprognosen, sein Fahrzeug und die daraus gewonnenen Messwerte werden womöglich umgekehrt zu rollenden Wetterstationen eines hochpräzisen regionalen Wetterdienstes für Landwirte.

IT vs. Hardware - Neue Machtpole und neue Spielregeln

Hier sind wir am entscheidenden Punkt angekommen. Digitalisierung und Vernetzung heißen in Zukunft: Das einzelne Fahrzeug mag noch so großartig und individuell gefertigt sein, es nimmt an Wert und Prestige ab, die damit verbundenen Informationsflüsse hingegen werden immer interessanter, sobald es gelingt, sie in Geschäftsmodelle zu verwandeln. Und hierin sind Amazon, Apple, Facebook, Google und Co. anerkannte Meister. Diese Fähigkeit mag man Kreativität nennen, Querdenken oder Risikobereitschaft, sie ist jedenfalls nicht an eine bestimmte Unternehmensgröße gebunden. Wenn es einem Dutzend Menschen in Kalifornien gelingt, ein Milliardenunternehmen auf die Beine zu stellen, das weder Güter herstellt noch Produktionsanlagen vorhält, sondern nur von der Vermittlung von Dienstleistungen lebt, könnte man annehmen, die Regeln der Wirtschaft haben sich grundlegend geändert. Sie haben sich aber nur erweitert. Nach wie vor geht es darum, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Die Ressource Ideen beschleunigt diesen Vorgang. Das „Internet der Dinge“ verändert auch die Herstellung von Fahrzeugen. Welche Antriebstechnologie nutzen wir morgen? Hybridfahrzeuge bilden eine Brücke, der Stromer aber bleibt an die Leistungsdichte seiner Batterien gekettet wie seine Ökobilanz an die Art der Energieerzeugung. Entscheidend wird sein, den richtigen Zeitpunkt zum Umstieg zu erkennen und dann zügig in den Markt einzuführen. Dass Toyota mit einem Sprung von Hybrid auf Brennstoffzellen umsteigt, hat für Aufsehen gesorgt und klingt wie eine interessante Wette auf die Zukunft. In dieser bräuchten wir zum Beispiel rund viermal so große Tankstellen wie heute, da selbst Schnellladungen noch immer 15 bis 20 Minuten dauern im Gegensatz zu rund fünf Minuten an der konventionellen Zapfsäule. Ob hingegen das autonome Fahren zu mehr Verkehr oder mehr Durchsatz führen wird, ist noch nicht ausgemacht. Es wird jedenfalls die Schwelle für interessante Dienste senken. Warum nicht das eigene Fahrzeug tagsüber anderen freigeben und so zum Nebenerwerbs-Taxiunternehmen werden?

Wer sich jetzt richtig positioniert, wird nicht überrollt

Die Zukunft ist offen, einiges spricht für neue Allianzen, die auch den steigenden Widerspruch aus steigenden Mobilitätsansprüchen und dadurch gefährdeter Ökologie frisch angehen. Wirklich dramatisch werden Technologieumbrüche, wenn sie auf Ignoranz treffen. Als Kaiser Wilhelm II. vom Pferd schwadronierte, konnte er nicht wissen, dass die Motorkutsche das 20. Jahrhundert prägen würde. Und als IBM-Manager von einem Markt von wenigen Großcomputern sprachen, unterschätzten sie nicht nur die Rechenleistung ihrer Elektronenhirne, wie die Anlagen damals noch hießen. Es ist natürlich ein Leichtes, im Nachhinein derartige Fehlprognosen zu brandmarken. Sie zeigen vor allem eines: Die Gefahr, in gewohnten Erfolgsmodellen zu verharren. Was also erwartet die Automobilindustrie? Wenn die Bedeutung des Materiellen tatsächlich dramatisch schwindet zugunsten einer Ökonomie der Ideen, sind reine Hardwarehersteller zur Rolle als Zulieferindustrien der Informationsindustrie verdammt. Sie müssen handeln und sich wandeln wie ihre Produkte und Dienstleistungen. Eine Monopolbildung bei der Mobilität, wie wir sie heute bei Suchmaschinen, Kurznachrichtendiensten und sozialen Netzwerken erleiden, wäre aber nicht im Sinne der Verbraucher. Das gilt für Europa ebenso wie für Afrika und die Vereinigten Staaten. Schließlich sorgt der Wettbewerb für die effizienteste Lösung – auch bei der Frage nach den zukunftsfähigsten Technologien.

„Fit for Change“ – Das 4-Punkte-Programm des TCW für langfristige Stabilität

Mit unserer tiefen Branchenerfahrung und dem Methodenbaukasten „Fit for Change“ unterstützen wir Unternehmen in allen Branchen bei der Absicherung und Neupositionierung des eigenen Geschäftes. Mit unserem 4-Punkte-Plan konnten wir in den vergangenen Jahren einige Unternehmen in der produzierenden Industrie und im Dienstleistungssektor dabei unterstützen, zukünftige Stabilität und langfristigen Geschäftserfolg mit heutigen Maßnahmen vorzubereiten. Am Anfang steht eine breite Marktanalyse. Wir untersuchen bestehende und potenzielle Wettbewerber hinsichtlich deren Strategie, erheben Kundenpräferenzen und Technologieentwicklungen. Dieser Schritt stellt das sogenannte Baselining dar. Im Rahmen einer Szenarioanalyse stellen wir alle externen Rahmenbedingungen und die Effekte auf das momentane Geschäftsfeld dar. Aus dieser Analyse lassen sich die Erfolgsfaktoren ableiten, welche für nachhaltige Profitabilität notwendig sind. Wir stützen uns dabei auf unser Netzwerk an Industrieexperten, welches das interne TCW Know-How ergänzt. Im zweiten Schritt ermitteln wir die Kompetenzfelder des Unternehmens. Die Bewertung erfolgt entlang der Wertschöpfungskette und durch eine Reifegradüberprüfung mit dem Ziel, etablierte und potenzielle Stärken und Schwächen des Unternehmens festzustellen. Es gilt die unternehmenseigene DNA - offenzulegen. Nun gilt es aus dem Spannungsfeld der Unternehmens-DNA und den zukünftigen Marktanforderungen intelligente Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Aufgabe wird vom dritten Analysemodul abgebildet. Ziel ist die Entwicklung des neuen Geschäftsmodells oder von Erweiterungsoptionen. Dies schließt neben Produkten und Services auch Leistungstiefenentscheidungen, Vertriebskonzepte, organisatorische Veränderungen, Partnerschaften und organische und anorganische Wachstumsstrategien ein. Über Szenariobewertungen und Business Cases haben wir die Möglichkeit, aus der Fülle an Handlungsoptionen, die passgenaue Lösung auszuwählen. Da eine Theorie nur so gut ist wie der Praxiserfolg, planen wir mit unseren Kunden die Umsetzung. Wir begleiten sie im Change-Prozess durch ein enges Maßnahmencontrolling und eine klare Kommunikationsstrategie.

Wir kennen die Hürden, die große Transformationen mit sich bringen. Mit TCW haben Unternehmen jedoch einen strategischen Partner mit operativer Bodenhaftung an der Seite, der sie dabei unterstützt, sich in turbulenten Zeiten mit einem robusten Geschäftsmodell auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.

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