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Visualisierung

[26.06.2000]

Foto: WavebreakmediaMicro / fotolia.com

Am Anfang war die Säule...
Ernst Litfaß (1816 - 1874), ein Drucker aus Berlin, hatte erkannt, dass der Wissens- und Informationsdurst seiner Mitbürger groß war. Er kam auf die einfache aber wirkungsvolle Idee, zum Anschlagen von Bekanntmachungen eine Säule aufzustellen. 1854 wurde die erste, nach ihm benannte Säule vor dem Haus Adlerstraße 6 in Berlin aufgestellt. Sie war etwa 2,85 m hoch und aus Blech.

Der Bedarf an Information und Kommunikation ist auch in der heutigen Zeit nach wie vor groß. Unterliegen wir zuhause einer Informationsflut, wird am Arbeitsplatz häufig über mangelnde Informationen geklagt. Dieser Unterschied wird von vielen Mitarbeitern als nicht befriedigend empfunden. Informationen versetzen Mitarbeiter in die Lage, sich an Entscheidungen zu beteiligen, Arbeitsprozesse zielorientiert zu steuern und ein aktives Selbstcontrolling zu betreiben. Mitarbeiter werden immer mehr zu Mitunternehmern, die eigenverantwortlich im Sinne der Unternehmensziele handeln. Die Visualisierung erweist sich in dieser Hinsicht als effizientes Controlling-, Informations- und Kommunikationsinstrument.

Zielsetzung der Visualisierung, also einer bildlichen Darstellung von Informationen über Arbeitsabläufe und -ergebnisse, ist es, durch eine größere Transparenz über Ziele, Prozesse und Leistungen die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, dem Arbeitsbereich und der Arbeitsaufgabe zu stärken. Darüber hinaus soll sie die Motivation zur Zielerreichung, kontinuierlichen Verbesserung und Vermeidung von Verschwendung auf Mitunternehmerseite erhöhen. Im Rahmen der Information der Mitarbeiter mittels Visualisierung wird dem Tatbestand Rechnung getragen, dass die Aufgabenerfüllung durch die Mitarbeiter insbesondere vom Ausmaß und der Qualität der beim einzelnen verfügbaren Informationen beeinflusst wird. Der Informationsbedarf der Mitarbeiter bezieht sich auf das Wissen, das sie für die selbständige Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben benötigen und das ihnen die Einordnung ihrer Tätigkeit in die betrieblichen Abläufe ermöglicht. Neben der Visualisierung von Abläufen und Arbeitsanweisungen, die dem Mitarbeiter Transparenz über die Vorgehensweise bei direkten und indirekten Tätigkeiten wie Rüsten, Instandhaltung und Qualitätsprüfung verschaffen, ist die Visualisierung von Zielvorgaben hinsichtlich Qualität, Durchlaufzeiten, Beständen, Ausbringung, Betriebsmittelnutzung sowie Liefer- und Termintreue von Bedeutung. Die Visualisierung der Ziele und der jeweiligen Zielerreichung soll dazu beitragen, dass die Mitarbeiter ihr Denken, Handeln und Verhalten stärker an den Zielvorgaben orientieren. Die Sichtbarmachung dient dem Controlling der Zielerreichung. Visualisierungskonzepte unterscheiden sich dabei in drei Punkten von traditionellen Controllinginstrumenten:

  • Im Gegensatz zu den traditionellen ergebnis- und kostenorientierten Controllinginstrumenten internes Rechnungswesen, Lenkungspreis und Budgetierung, ist die Visualisierung auch zum Controlling von Verhalten, Leistungen sowie Prozessen einsetzbar. Die Visualisierung bildet durch das Sichtbarmachen von Ziel- und Kenngrößen und der jeweils erreichten Ausprägung/Zielerfüllung eine wichtige Grundlage für die Bewertung der Leistung und des Verhaltens der Mitarbeiter. Hierzu werden als Visualisierungsinhalte neben quantitativen Kenngrößen wie z.B. Ausbringung, Durchlaufzeit und Bestände auch qualitative Kenngrößen, die Aufschluss über Qualifikation, Motivation und Problemlösungs-aktivitäten der Mitarbeiter geben, herangezogen.
  • Planungs-, Entscheidungs-, Kontroll- und Koordinationsbefugnisse für die Mitwirkung und Optimierung bei der Aufgabenverteilung sowie für die Gestaltung von Arbeitsplätzen und -abläufen, werden im Rahmen neuer Organisationsformen zunehmend an die Mitarbeiter übertragen. Die Verantwortung hinsichtlich Menge, Qualität, Kapazitätsnutzung und Terminen sowie der beeinflussbaren Kosten liegt innerhalb eines vorgegebenen Rahmens bei den Mitunternehmern. Die Visualisierung der quantitativen und qualitativen Ziel- und Kenngrößen in Form eines Soll-Ist-Vergleichs ermöglicht den Mitarbeitern einer Gruppe oder Organisationseinheit eine Selbstkontrolle hinsichtlich ihrer Zielerreichung.
  • Bei der Anwendung von traditionellen Controlling-Instrumenten wird eine Selektion der Informationsempfänger vorgenommen. Vorgaben und Ergebnisse hinsichtlich einzelner Ziel- und Kenngrößen werden im Rahmen des betrieblichen Berichtswesen an begrenzte Adressaten weitergeleitet. Dies führt zu einem Aufbau von Informationsmonopolen einerseits und Informationsdefiziten andererseits unter den Mitarbeitern. Visualisierungs-konzepte beinhalten dagegen eine Veröffentlichung der Informationen. Die visualisierten Informationen sind allen Mitarbeitern zugänglich, eine Selektion findet nicht statt. Die Informationen versetzen die Mitunternehmer in die Lage, sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und drücken eine Wertschätzung der Mitarbeiter durch Vorgesetzte und Unternehmensleitung aus.

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