[21.09.2020]
Die Digitalisierung der Unternehmenslandschaft macht auch vor den Logistikprozessen nicht Halt. Wer an altbewährten Logistikabläufen festhält und kaum neue Technologien zum Einsatz bringt, erfährt signifikante Wettbewerbsnachteile gegenüber der Konkurrenz. Materialbewegungen und Informationsflüsse werden vielfach als Stützleistung für die eigentliche Wertschöpfung angesehen und müssen daher besonders rationell gestaltet werden. Viele Unternehmen verschwenden jedoch im Logistikumfeld erhebliche Ressourcen, für die der Kunde nicht zu zahlen bereit ist. Die Praxisbeispiele sind vielfältig. Unnötige Transporte, mehrere Handlingsstufen, hohe Bestände oder komplexe Informationsflüsse in der Auftragsabwicklung sind hier aufzuführen. Unternehmen, die in diesem Bereich Geld einsparen, können die Ressourcen für Aktivitäten einsetzen, die einen hohen Kundennutzen generieren. Auf diese Weise lassen sich Wettbewerbsvorteile erzielen. Die Herausforderung besteht darin, eine Bewertung der Digitalisierungspotenziale im Logistikbereich vorzunehmen, um einen unternehmensspezifischen Technologieeinsatz auszuwählen. Die Vielzahl der Möglichkeiten erfordert eine systematische Analyse, um den wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen darstellen zu können. Im Folgenden wird an drei Fallbeispielen gezeigt, welche Effekte ein erfolgreicher Technologieeinsatz im Logistikbereich bewirkt.
Das Unternehmen der Baustoffindustrie sieht als wesentlichen Hebel für eine effiziente Transportlogistik die Nachverfolgbarkeit der physischen Materialbewegungen im Werk an. Hier gibt es vielversprechende Lösungen, die eine beleglose Rückverfolgung der Warentransporte und somit Rückschlüsse über Verschwendungen im Transportprozess zulassen. Die technische Umsetzung erfolgt über Mobilfunkgeräte, die an Gabelstaplern angebracht werden. An drei Datenpunkten werden Beschleunigungswerte, Beladungszustand und die konkrete Positionsortung der Gabelstapler erfasst. Die Dateninformationen werden über das WLAN direkt in die Cloud im Werk gesendet, sodass keine separaten Eingriffe in das betriebliche IT-System erforderlich sind. Dies ermöglicht einen autarken Betrieb des Systems. Die Auswertung ergibt Profile der eingesetzten Stapler hinsichtlich Betriebszeiten, Beladung und Geodaten. Die Analyseergebnisse geben ferner Aufschluss über bestimmte Auffälligkeiten wie lange Leerfahrten, unnütze Wege oder Flottenüberkapazitäten. Es lassen sich in der Folge die möglichen Problemursachen identifizieren und klar umschreiben. Dies ermöglicht die Ableitung konkreter Einspar- und Produktivitätspotenziale. Neben der Verbesserung bei der Routenplanung gelangen auch optimierte Anfahrzyklen zu den Ladestationen. Im aufgeführten Fallbeispiel konnte durch die durchgeführte Verschwendungsanalyse eine Reduktion der eingesetzten Staplerflotte um 10 bis 15% empfohlen werden. Damit einhergehend ließen sich die Personalkosten um bis zu 10% und die Energiekosten um 10% verringern. Daneben wirkten sich die Effizienzsteigerungen im Staplerbetrieb äußerst positiv auf die angrenzenden Kostenbereiche aus.
Ein Automobilhersteller setzt auf selbstfahrende Montage-Skids, so genannte fahrerlose Transportsysteme (FTS), die im Werk zum Einsatz kommen. Hierbei transportieren die FTS nicht nur die fertig lackierten Karosserien aus der Lackiererei, sondern auch selbsttätig durch die Montage zu den jeweiligen Bearbeitungsstationen. Sie ersetzen damit die klassische Fördertechnik und zeichnen sich durch autonome Navigation anhand von Umgebungsmerkmalen und RFID (Radio Frequency Identification) sowie den Einsatz von Hochleistungskondensatoren aus. Diese Produktionsvariante wird für Kleinserienfahrzeuge angewandt und eröffnet erhebliche Nutzenpotenziale für den Hersteller, da in den Montagestationen wesentlich mehr Arbeitsinhalte an einem Ort integriert werden können. An über 15 Takten leisten die Mitarbeiter einen hohen Anteil an manuellen Montagetätigkeiten. Die innovative Prozessgestaltung hat auch für die Materialbereitstellung äußerst positive Effekte. Es kann auf manche innerbetriebliche Materialtransporte verzichtet werden. Der Personalaufwand für Logistiktätigkeiten im Werk konnte somit verringert werden. Ebenso wurden fahrerlose Transportsysteme im Bereich der Automobildistribution genutzt, um Fertigfahrzeuge in einem Distributionszentrum zu verteilen. Hierdurch kann dieser Prozess weitgehend mannlos gestaltet werden, was zu einem um 85% reduzierten Personaleinsatz führt.
Ein weiteres Praxisbeispiel ist der Einsatz von Software-Robotern in der Auftragsabwicklung. Hierbei geht es um die Automatisierung von administrativen Prozessen. Die Auftragsbearbeitung erfolgt durch Software-Roboter. Dies folgt dem Grundsatzprinzip, dass wiederkehrende Tätigkeiten automatisiert werden sollen. Der Vorteil besteht darin, dass bereits vorhandene Information wiederverwendet anstatt neu eingegeben wird. Resultate sind fehlerfreie und durchgängige Prozesse sowie motivierte Mitarbeiter, die sich auf höherwertige Aufgaben konzentrieren können. Die Durchlaufzeiten in der Auftragsabwicklung können mit Hilfe dieses Verfahrens um bis zu 35% reduziert werden. Gleichzeitig erhöht sich die Personalproduktivität, weil zusätzliche Leistungsumfänge erbracht werden können, die zuvor im Alltagsgeschäft untergegangen sind. Die Kundenkommunikation verbessert sich durch eine schnellere Informationsrückkopplung und kurze Bearbeitungszeiten der Aufträge. Da der Mehrwert für die Kunden steigt, ist auch ein Potenzial für Mehrpreisfähigkeit dieser Serviceleistungen gegeben. All dies spart Kosten, führt zu schnelleren Abläufen und einer erhöhten Produktivität.
Die aufgeführten Fallbeispiele stellen einen Ausschnitt der zur Verfügung stehenden Technologien im Logistikbereich dar, um Prozesse zu verschlanken und Ressourcen zu sparen. Auch verdeutlichen sie die Notwendigkeit für Unternehmen, sich künftig noch stärker mit den Logistikpotenzialen der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Für eine umfassende Optimierung der Logistik empfehlen wir, weitere Innovationsfelder zu betrachten und die Anwendungsmöglichkeiten zu diskutieren. Zu den Themen zählen: