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Komplexitätsmanagement

[30.08.1999]

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Der steigenden Komplexität im Unternehmen kann nur durch ein durchgängiges Komplexitätsmanagement unter Einbeziehung aller Unternehmensbereiche wirkungsvoll begegnet werden, wodurch sowohl Kostensenkungspotentiale als auch Umsatzsteigerungen realisiert werden können. Wie ist ein durchgängiges Komplexitätsmanagement zu kennzeichnen?

Wer im Wettbewerb erfolgreich sein will, muss einen Einklang zwischen den komplexen Anforderungen, die von der Umwelt an das Unternehmen gestellt werden, und der Komplexität der eigenen Aktionen zur Erfüllung dieser Anforderungen herstellen. Die zunehmende Dynamik der Unternehmensumwelt und die stark gestiegene Komplexität führen Unternehmen, deren Produkte und Prozesse nicht nach optimalen Prinzipien gestaltet werden, in eine Situation, in der sie einen weiteren Anstieg der Komplexität nicht mehr verarbeiten können und einen chaotischen, unbeherrschbaren und ineffizienten Zustand einnehmen. Es stellt sich die Frage, ob herkömmlich strukturierte Unternehmen durch geeignetes Handhaben der externen Komplexität sowohl hinsichtlich der Produktgestaltung als auch der Prozessgestaltung ihre Eigenkomplexität optimieren oder ob sie zusätzlich Eigenkomplexität produzieren und höhere Komplexitätsgrade erreichen, so dass sich ihre Gesamteffizienz vermindert. Nicht-adäquate Produkt- und Prozessstrukturen können auf Basis ihrer Wirkungsinterdependenz zu einem Prozess- und Organisationsversagen führen, da die extern geforderte Komplexität intern nicht gemanagt werden kann. Die daraus resultierende Konsequenz spiegelt sich in den Kostenstrukturen wie im hohen Break Even Punkt und überproportionalen Gemeinkostenanteilen der Unternehmen wider. Der steigenden Komplexität im Unternehmen kann nur durch ein durchgängiges Komplexitätsmanagement unter Einbeziehung aller Unternehmensbereiche wirkungsvoll begegnet werden, wodurch sowohl Kostensenkungspotentiale als auch Umsatzsteigerungen realisiert werden können. Wie ist ein durchgängiges Komplexitätsmanagement zu kennzeichnen? Wir haben zu dieser Fragestellung einen Leitfaden erarbeitet, dessen wesentliche Grundsätze zu drei Bereichen zusammengefaßt werden können: Zunächst ist der Vertrieb als Schnittstelle zum Markt und somit der externen Komplexität hinsichtlich der Komplexitätsproblematik zu sensibilisieren. Insbesondere die Kundenanzahl sowie die Sortimentsgröße und -tiefe werden maßgeblich vom Vertrieb beeinflusst, indem auf alle Kundenwünsche eingegangen wird und neue Varianten generiert werden, ohne die Wirkungen der hierdurch steigenden internen Komplexität genügend zu berücksichtigen. Daher ist im Vertriebsbereich ein Umdenken erforderlich mit dem Ziel, die vom Markt geforderte Vielfalt mit möglichst hohen Deckungsbeiträgen sicherzustellen. Die hierzu erforderliche Reduktion der Komplexität kann durch die Eleminierung nicht notwendiger Kunden- und Programmbreite mit dem Fokus auf kritische Produktvarianten erzielt werden. Dies geht nicht ohne eine Optimierung der Produkte. Ziel muss es sein, die vorhandene Komplexität bei den bestehenden Produkten zu beherrschen und als wichtigste, aber auch schwierigste Strategie, bei neuen Produkten bereits im Produktentstehungsprozess Komplexität zu vermeiden. Die Basis hierzu bilden Produktgestaltung und Produktaufbau, vor allem auf der Ebene von Baugruppen und Komponenten. Eine wichtige Rolle spielen hierbei neue Produktordnungssysteme, bei denen die Strukturierung der Produkte über die Zuordnung von Produktmerkmalen zu Eigenschaftsklassen aus Sicht des Marktes oder der Anwender erfolgt. Produkte, die Ähnlichkeiten bezüglich der einzelnen Eigenschaftsklassen aufweisen, werden zu einer Gruppe zusammengefaßt und entsprechend dem spezifischen Profil behandelt. So konnte beispielsweise der Volkswagen-Konzern durch die Einführung der Plattformstrategie 36 Modellvarianten auf vier Plattformen reduzieren. Die Beherrschung der verbleibenden Komplexität der Produkte durch Optimierung der Prozesse in allen Unternehmensbereichen stellt das dritte Gestaltungsfeld dar. Aus der Vielfalt der Produkte und Varianten resultiert eine Vielzahl unterschiedlicher Prozesse im Unternehmen. Innerhalb der zu unterscheidenden Prozesse kann die Ausprägung der Komplexität mit Hilfe einer Prozessanalyse gewonnen werden. Ansätze zur Prozessvereinfachung sind beispielsweise im Produktionsbereich die Verschiebung des Variantenbestimmungspunktes und die Segmentierung der Fertigung, im Entwicklungsbereich der Einsatz von Simultaneous Engineering. In einem Seminar ‘Komplexitätsmanagement‘ im September 1999 werden wir Methoden und richtungsweisende Fallstudien zu einem durchgängigen Komplexitätsmanagement im Unternehmen zur Diskussion stellen.

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