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Einführung eines Produktordnungssystems in der Fahrzeugtechnik

[07.09.2004]

Foto: alphaspirit / fotolia.com
Das Unternehmen der Fahrzeugtechnik sah sich in den letzten Jahren einer immer steigenden Anzahl von Produktvarianten konfrontiert. Aufgrund der unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen in der europäischen Bahnindustrie wurde für jede Ausschreibung ein eigenes Fahrzeugkonzept entwickelt. Die Generierung von neuen Produktvarianten führte zu einer hohen Komplexität in den Wertschöpfungsprozessen. Des Weiteren konnten Produktverbesserungen kaum noch durchgeführt werden, da der Aufwand für die konstruktive Umsetzung in den unterschiedlichen Produktvarianten das Einsparpotenzial pro Variante inkrementeller Verbesserungen übersteigt. Als Methodik für die Optimierung der Fahrzeugkonzepte wurde eine Produktklinik durchgeführt. Darauf aufbauend wurde ein Produktordnungssystem zur Reduzierung der Komplexität des Produktprogramms eingeführt.

Die Ausgangssituation war dadurch gekennzeichnet, dass aufgrund der unterschiedlichen Kundenanforderungen jeweils ein neues Fahrzeugkonzept entwickelt wurde. Anstatt unterschiedliche Fahrzeugplattformen zu entwickeln, die als Basis für die unterschiedlichen Varianten dienen, wurden für jede neue Ausschreibung ein Fahrzeugkonzept angepasst. Dies hatte zur Folge, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte mit einer geringen Zahl an Gleichteilen produziert wurde, obwohl die Kundenanforderungen dies nicht erforderten. Die hohe Komplexität des Produktprogramms führte dazu, dass die Konstruktionskapazitäten überwiegend mit Änderungen und Anpassungskonstruktionen ausgelastet wurden. Dadurch blieb kaum mehr Freiraum von Produktinnovationen. Als Lösungsansatz wurde beschlossen, ein Produktordnungssystem für die unterschiedlichen Fahrzeugklassen einzuführen. Das Produktordnungssystem ist dadurch charakterisiert, dass sich die kundenindividuellen Wünsche einfach in der Produktstruktur abbilden lassen. Durch die Entwicklung von unterschiedlichen Basisvarianten, die an die einzelnen Leistungsklassen sowie an die unterschiedlichen Ausstattungsmerkmale angepasst werden können, konnte die Anzahl der Baugruppenvarianten, Zeichnungssätze und Fertigungspläne drastisch gesenkt werden. Die Umstellung erforderte einen Wechsel von einer integralen zu einer modularen Produktstruktur. Fortan werden die einzelnen variantenbestimmenden Baugruppen anhand von vordefinierten Produktschnittstellen modular in das Produkt integriert. Damit ist das Unternehmen in der Lage, Produktvarianten ohne zusätzliche Komplexität zu erzeugen.

Für die Optimierung der neuen Basisfahrzeuge sowie der unterschiedlichen Ausstattungsoptionen wurde eine Produktklinik durchgeführt. Durch ein strukturiertes Benchmarking von eigenen und fremden Produkten konnten auf Basis eines Funktionsvergleichs unterschiedliche technische Lösungsprinzipien identifiziert werden. Im Rahmen von Vergleichen von Funktionskosten und Leistungserfüllungsgraden wurden unterschiedliche Realisierungsmöglichkeiten untersucht und die besten technischen Realisierungen ermittelt. Durch die Kombination von unterschiedlichen Ansatzpunkten zu einem schlüssigen Gesamtkonzept wurden unterschiedliche Fahrzeugplattformen erarbeitet, deren Herstellkosten 20% - 40% unter den Vorgängern liegen. Darauf aufbauend lassen sich weitere Potenziale in Einkauf durch die Bündelung von Bedarfen erschließen. Die verringerte Komplexität wirkt sich zudem positiv auf die indirekt wertschöpfenden Prozesse des Unternehmens aus. So werden die Arbeitsvorbereitung, Produktionsplanung und die Lagerhaltung durch die geringere Anzahl an Stücklistenpositionen und der höheren Gleichteileanzahl deutlich entlastet. Die vorhandenen Kapazitäten der Konstruktion sind nicht mehr ausschließlich mit der Durchführung von Anpassungskonstruktion und der Umsetzung von Produktänderungen ausgelastet, sondern können sich wieder um die originäre Aufgabe der Entwicklung und Optimierung der Fahrzeuge kümmern.

Vom 28. bis 30. Oktober 2004 veranstaltet das TCW in München ein Seminar zum Thema ‘Produktklinik & Produktordnungssysteme - Unternehmensindividuelle Erschließung von Innovations-, Synergie- und Marktpotenzialen‘.

Weiterführende Literatur

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