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Flughäfen und Investitionen in Anlagen der Automobilindustrie werden über Betreibermodelle abgewickelt

[10.10.2001]

Foto: alphaspirit / fotolia.com
Betreibermodelle sind insbesondere für den Bau und Betrieb von Infrastruktureinrichtungen wie Straßen und Flughäfen eine etablierte Form der Projektfinanzierung und –abwicklung. In den letzten Jahren kommen Betreibermodelle zunehmend auch in der Investitionsgüterindustrie zum Einsatz. Die wesentlichen Faktoren, die seitens der Konzessionsgeber für ein Betreibermodell sprechen sind die Konzentration auf Kernkompetenzen, die Erhöhung der Flexibilität, sowie die geringeren Kosten des Kompetenzaufbaus bei der Einführung neuer Technologien. Weiterhin sind Betreibermodelle eine für den Konzessionsgeber attraktive Gestaltung der Investitionsfinanzierung, da die Bilanz geschont wird. Betreibermodelle sind jedoch durch eine Ambivalenz gekennzeichnet: Auf der einen Seite stellen sie eine langfristige Wertschöpfungspartnerschaft mit hohen Einsparpotentialen dar, auf der anderen Seite werden hohe Risiken in Kauf genommen, die den Unternehmenswert gefährden.

Im letzten Jahr haben vor allem zwei Betreibermodelle Einzug in die wirtschaftliche Diskussion in Deutschland gefunden. Der neue Terminal 2 am Flughafen München und die Auslagerung der Funktionen Lackierung und Rohbau des Automobilproduzenten Ford in Köln auf eine Betreibergesellschaft. Neu am Flughafen München ist, dass sich nicht ein Konsortium aus Banken und Baugesellschaften an der Betreibergesellschaft beteiligen, sondern ein Kunde der Flughafengesellschaft, die Lufthansa AG. Die Vorteile liegen auf beiden Seiten. Die Flughafen München GmbH (FMG) kann durch die Einbeziehung ihres wichtigsten Kunden in das Betreiberkonzept eine langfristige Wertschöpfungspartnerschaft sichern und gleichzeitig durch die Übernahme von 40 Prozent der Investitionskosten durch die Lufthansa AG das Investitionsrisiko deutlich senken. Für die Lufthansa wirkt sich die Beteiligung an der Betreibergesellschaft positiv auf den operativen Ablauf sowie die Kundenbindung aus. Es können durch die Mitgestaltung des Flughafenkonzeptes Geschäftsprozesse sowie Layout speziell auf die Bedürfnisse der Airline und ihren Star-Alliance Partnern ausgerichtet werden. Für den Endkunden wird sich dies vor allem in verkürzen Warte- und Verspätungsminuten sowie eines an die Bedürfnisse der Lufthansa-Kunden angepassten Einzelhandelslandschaft im Terminal 2 ausdrücken. Operative Synergieeffekte wie der gemeinsame Betrieb von Bagage Handling, Lost and Found etc. können durch das Betreiberkonzept ebenfalls realisiert werden.

Im zweiten Fall, der Auslagerung von Lackierung und Rohbau des Ford Produktionsstandortes Köln, ist die Einführung des Betreiberkonzepts sehr stark von Seiten des Konzessionsgebers forciert worden. Die Firmen Eisenmann und Kuka, die die Lackier- bzw. Schweißanlagen herstellen, sind nun auch als Betreiber der Anlagen tätig. Die Entrichtung des Betreiberentgelts ist stark an den Umsatz der Ford AG in Köln gebunden und richtet sich im wesentlichen nach der Anzahl produzierter Fahrzeuge. Die Investitionskosten der Anlagen gehen zu Lasten der Betreibergesellschaft, die sich über die Anzahl der Gutteile von produzierten Fahrzeugen refinanzieren muss. Das Betreiberkonzept erhöht demnach erheblich die Abhängigkeit der Betreiberfirmen von dem Konzessionsgeber Ford und entlastet dessen Bilanz von Investitionen.

Im Ausland setzt sich das Betreibermodell in der Form von Public-Private-Partnerships, der Privatisierung von staatlichen Infrastrukturen, immer mehr durch. So werden in Großbritannien und den USA Konzessionen für den privaten Betrieb von der Eisenbahninfrastruktur bis hin zu Gefängnisanstalten erteilt. Ein Investitionsvolumen, das mehrere Milliarden DM umfasst.

Die wesentlichen Defizite die derzeit bei der Konzeption und Einführung von Betreibermodellen beobachtet werden können sind das Fehlen einer systematischen Vorgehensweise zur Analyse von Chancen und Risiken und deren Auswirkungen sowie ein darauf aufbauendes, ganzheitliches und erfolgsorientiertes Mess- und Steuerkonzept. In den ersten Schritten der Anbahnungsphase zwischen potentiellen Konzessionsnehmern und -gebern sind deshalb mögliche Kosten- und Leistungspotentiale, sowie Risikofaktoren zu prüfen, die bei einem möglichen Zusammenschluss zu einer Betreibergesellschaft entstehen können. Hierzu ist ein Rechenmodell von der TCW Transfer Centrum GmbH entwickelt worden, das Kosten- und Leistungspotentiale untersucht und diese quantifiziert.

In den Berechnungen konnte festgestellt werden dass Optimierungsfelder mit hohen Kosteneinsparpotentialen vor allem in verkürzten Projektplanungs- und Umsetzungszeiten in der Planungs- und Errichtungsphase sowie in erhöhter Verfügbarkeit und geringeren Instandhaltungskosten in der Betriebsphase eines Betreiber-Projekts liegen. Die Einsparungen kommen vor allem durch den gezielten Zusammenschluss von Know-how auf der Anbieter und der Abnehmerseite zustande. Beispiele hierfür sind die Parallelisierung von Planungsaktivitäten, sowie schnelleres Abstellen von Anlagenstillständen durch erweiterte Produktkenntnisse des Betreibers. Weitere Synergieeffekte sind in der Zusammenlegung von Geschäftsprozessen, die bei Konzessionsnehmer sowie -geber gleichzeitig vorhanden sind, zu finden.

Um eine Betreibergesellschaft hinsichtlich der Erfolgsfaktoren Kosten, Zeit und Qualität erfolgreich zu gestalten sind deshalb vorausgehende Berechnungen nötig, die die Wirtschaftlichkeit der individuellen Konzepte über den gesamten Lebenszyklus untersuchen. Betreibermodelle sind ebenfalls durch komplexe Risikostrukturen resultierend aus langen Laufzeiten, einer hohen Anzahl an Vertragspartnern und einem hohen Finanzierungsvolumen gekennzeichnet. Hinzu kommt, dass im Anlagenbau bei den meisten Herstellern Erfahrungen mit der Anwendung von Betreibermodellen fehlen, wobei von den Kunden sehr hohe Anforderungen bezüglich Leistungsfähigkeit, Qualität und Flexibilität gestellt werden.

Um unter diesen Ausgangsbedingungen Betreibermodelle erfolgreich anwenden zu können ist der Aufbau eines systematischen und umfassenden Risikomanagements unerlässlich. Dies beinhaltet die vollständige Erfassung bestehender Risiken, die Risikobewertung sowie die Ableitung geeigneter risikopolitischer Maßnahmen. Dabei ist ein auf die jeweilige Risikosituation zugeschnittenes Maßnahmenbündel zu definieren und zu verwirklichen.

Ziel von Unternehmen die eine Kooperation im Rahmen einer Betreibergesellschaft eingehen wollen, muss die Entwicklung eines ganzheitlichen Ansatzes zur Konzeption, Ausgestaltung und Steuerung von Betreibermodellen sein. Möglichkeiten zur organisatorischen Ausgestaltung von Betreibergesellschaften sind von der TCW Transfer Centrum GmbH untersucht und weiterentwickelt worden.

Weiterführende Literatur:

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