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Potenzialrealisierung durch technische Entfeinerung

[19.06.2007]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com

Ausgangssituation

Das Unternehmen des Anlagenbaus stellt standardisierte und zu einem großen Teil kundenindividuell angepasste Anlagen her. Das Produktportfolio beinhaltet sowohl kleine Serienmaschinen als auch sehr große Anlagen mit mehreren Maschinen und einem hohen Umfang an Anlagenkomponenten zur Regelung und Steuerung dieser Einbauten. Die Verkaufsorganisation ist durch dezentrale Vertriebseinheiten geprägt. Die Mitarbeiter der Vertriebseinheiten führen einen nicht unerheblichen Anteil des Beschaffungsprozesses selbst durch. Dies beginnt bei der Materialspezifikation, geht über Anfragen bei Lieferanten bis hin zu den Verhandlungen mit den Lieferanten. Die Bestellung der meist überspezifizierten und in hoher Varianz vorkommenden Anlagenkomponenten wurde in der Regel durch die dezentralen Einkaufsabteilungen nur noch angestoßen. Durch die hohe Varianz und die hohen technischen Spezifikationen lagen die Einstandspreise weit über dem durchschnittlichen Marktniveau. Aus diesem Grund wurde in Zusammenarbeit von Vertriebseinheiten und Einkauf ein Programm zur technischen Entfeinerung der Anlagenkomponenten durchgeführt.

Die Ursache für die überhöhten Einstandspreise für Anlagenkomponenten lag in der dezentralen Struktur der Vertriebseinheiten und des Einkaufs. Die zehn unterschiedlichen Vertriebseinheiten unternahmen bei der Beschaffung von Anlagenkomponenten stets den Versuch einer Eigenoptimierung. Beste Qualität bei höchster technischer Leistung für den Kundenprozess hieß die Devise. Der Einkauf wurde lediglich als Bestellfunktion genutzt. Da der Einkauf ebenfalls dezentral in vier Abteilungen aufgestellt war und die Vertriebseinheiten etwaige Angebote des Einkaufs von Alternativlieferanten durch Argumente, wie: "möchtet ihr die Prozessverantwortung übernehmen, wenn etwas schief geht", abschmetterten, wurden regelmäßig zu hohe Einstandspreise bezahlt. In der Analysephase des Projekts wurde dieses Defizit erkannt und mit einem wesentlichen Einsparpotenzial ausgewiesen.

Vorgehensweise

Zur Realisierung der identifizierten Potenziale wurde eine Vorgehensweise gewählt, die die verantwortlichen Bedarfsträger mit den jeweiligen Einkäufern in moderierten Workshops an einen Tisch bringt. Dazu wurden für die ausgewählten Materialgruppen mehrere Workshop-Termine geplant. Zu Beginn der Workshops arbeiteten die Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit dem TCW aussagekräftige Kriterien aus, um detaillierte Bedarfsanalysen durchführen zu können. Die Analyseinstrumente in Form von strukturierten Tabellen wurden den entsprechenden Bedarfsträgern zur Verfügung gestellt. Durch die Eintragung der Grund- und Individualspezifikationen für eine Mehrzahl kundenindividuell spezifizierter Anlagenkomponenten konnte eine Transparenz über die vertriebseinheitsübergreifenden Bedarfe erzeugt werden, wie sie zuvor im Unternehmen nicht vorhanden war. In der weiteren Zusammenarbeit von Einkauf und Vertrieb wurden die aufgestellten Bedarfe hinsichtlich ihrer technischen Spezifikationen verglichen. Für jedes technische Zusatzattribut eines Bauteils hinterfragten die Mitarbeiter dessen Notwendigkeit zur Erfüllung der Kundenanforderungen. Die Streichung von technischen Ausstattungsmerkmalen und die Standardisierung der Produktspezifikationen führten zu einer signifikanten Reduzierung der Varianz bei den Zukaufteilen. Der Erfolg des Einkaufs lag darin, Spezifikationen zu hinterfragen, Alternativlieferanten vorzustellen und als Entscheidungsmoderator neue Vergabeentscheidungen im Sinne des Gesamtoptimums für die Gesellschaft herzuleiten. Auf Basis der abgespeckten Spezifikationen führten die Mitarbeiter des Einkaufs detaillierte Beschaffungsmarktanalysen durch. Der Einbezug bisher nicht betrachteter Beschaffungsmärkte in Osteuropa und Asien bescherte in der Angebotsphase erhebliche Kostensenkungspotenziale.

Ergebnisse

Die Durchführung der crossfunktionalen Workshops zur Reduzierung der Materialspezifikationen und der technischen Entfeinerung erzeugte eine hohe Transparenz über die reellen Bedarfe des Anlagenbauers. Mit dieser Transparenz waren die Mitarbeiter insbesondere des Einkaufs in der Lage, standardisierte Komponenten in weit höherer Stückzahl anzufragen. Zusätzlich verbreiterte sich die verfügbare Lieferantenbasis auf den globalen Beschaffungsmärkten. Durch dieses Vorgehen konnten in mehreren Materialgruppen kurzfristig zu realisierende Einsparungen von bis zu 28% erzielt werden.




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