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Schutz des kritischen Know-hows

[10.11.2004]

Foto: alphaspirit / fotolia.com

Ausgangssituation

In der Automobilindustrie werden zunehmend auch Entwicklungsleistungen von den OEM an ihre Zulieferer fremdvergeben. Dabei stellen die Zulieferer immer wieder fest, dass ihr Know-how vom OEM an Mitwettbewerber abfließt, so kopieren einige OEM die Angebotsunterlagen und geben diese an andere Zulieferer weiter, ohne dass die Unternehmen hierfür vom OEM oder vom Konkurrenten eine finanzielle Kompensation erhalten. Das in der Fallstudie betrachtete Unternehmen der Automobilzulieferindustrie (1,5 Mrd. Euro Umsatz, 9.000 Mitarbeiter) hatte in der Vergangenheit große Probleme, den Schutz des eigenen Know-hows in der Angebotsphase sowie bei Auftragserlangung vor Abfluss zum Kunden oder Lieferanten sicherzustellen.

Vorgehensweise

Zur Ermittlung der Stärken und Schwächen des Umgangs mit dem eigenen Know-how wurde in dem betrachteten Unternehmen ein 5-Tage-Audit durchgeführt. Dabei konnten folgende Defizite identifiziert werden:

  • keine systematische Erfassung des eigenen Know-hows,
  • keine Sensibilisierung der Mitarbeiter für die Problematik "Know-how-Schutz",
  • Involvierung einer großen Mitarbeiteranzahl in sensible Projekte,
  • sehr späte Involvierung der Patentabteilungen,
  • keine systematische Kontrolle von Urheberrechtsverletzungen durch Wettbewerber,
  • keine systematische Patentrecherche und
  • keine Know-how-Sicherungsmaßnamen bei der Angebotsabgabe.

In einem Projektleitfaden wurden die Analyseergebnisse dokumentiert und Empfehlungen zur Realisierung präsentiert. Zur Erreichung der Zielsetzungen wurde mit Hilfe einer Kombination von GENESIS-Workshops und klassischer Projektarbeit

  • eine regelmäßig stattfindene Produktklinik implementiert, mit Hilfe derer nicht nur Patentverletzungen durch Wettbewerber festgestellt werden können, sondern auch systematisch Wettbewerberproblemslösungen analysiert werden können.
  • der Aufbau einer eigenen Wissensdatenbank, in der das eigene Know-how in verschiedenen Sensiblitätsklassen dokumentiert wird, eingeleitet.
  • die organisatorische Implemetierung eines Geheimhaltungsbeauftragten und eines Patentbeauftragten je Abteilung, die die Mitarbeiter bezüglich der Problematiken sensibilisieren und bei Fragen Hilfe leisten können, durchgeführt.
  • die Definition von verschiedenen Know-how-Schutzmaßnahmen vorgenommen. Hierzu gehörten eine grundsätzliche Pflicht des Kunden zur Unterzeichnung einer gegenseitigen Geheimhaltungsvereinbarung, die Abgabe von Mustern, Änderung von Konstruktionszeichnungen, die Weiterreichung von 80 %-Lösungen und die Einrichtung eines Open-Data-Rooms.
  • die Anzahl involvierter Mitarbeiter bei sensiblen Projekten stark reduziert.

Ergebnisse

Durch die umgesetzten Maßnahmen konnte eine signifikante Verringerung der Anzahl bekannter Fälle der Weitergabe von Know-how durch OEM an Wettbewerber erreicht und verschiedene Verletzungen eigener Patente durch Wettbewerber aufgedeckt werden. Zudem hat sich durch den Einsatz von Maßnahmen, in die sowohl das betrachtete Unternehmen als auch die OEM involviert waren (gegenseitige Geheimhaltungsvereinbarungen, gegenseitige Offenlegung von getroffenen Know-how-Schutzmaßnahmen), die persönliche Beziehungsqualität verbessert und das gegenseitige Vertrauen erhöht, was sich in der Erlangung besonders sensibler Aufträge manifestierte und zu Umsatzsteigerungen führte.


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