^

Wertgestaltung mit Lieferanten

[12.05.2010]

Foto: alphaspirit / fotolia.com

Ausgangssituation

Im Rahmen einer Produktklinik wurden mehrere Wettbewerbsprodukte in ein Benchmarking mit eigenen Produkten einbezogen. Es handelte sich dabei um mittelgroße Baumaschinen, die von einem deutschen Hersteller ausschließlich in Deutschland produziert werden. Die Fertigungstiefe lag bei über 60%. Sowohl einzelne werthaltige Komponenten als auch eine Vielzahl an kleinen Bauteilen wurden von Lieferanten bezogen. Der Kostendruck durch den Wettbewerb hatte sich im Verlauf der letzten Jahre zunehmend aufgebaut. Für eine neue Produktgeneration waren deshalb zwingend Produkte zu entwickeln, die ohne Verschlechterung der bekannten Markenqualität zu signifikant niedrigeren Kosten produziert werden können. Die Wettbewerber aus dem europäischen und asiatischen Ausland profitieren teilweise von geringeren Herstellkosten aufgrund ihrer Standortvorteile und offerieren insbesondere bei Standardausführungen sehr niedrige Verkaufspreise. Bei dem vorliegenden hohen Beschaffungskostenanteil wurde im Vorfeld des Projekts entschieden, dass die Zulieferer einen deutlichen Anteil an der Erarbeitung von Kostensenkungsmaßnahmen tragen sollen. Die Unternehmensleitung gab grünes Licht für eine gemeinsame Wertgestaltung mit den Lieferanten, um im Hinblick auf die Entwicklung einer neuen Produktgeneration alle Hebel auch auf der Beschaffungsseite zu betätigen.

Vorgehensweise

Zur Durchführung der Produktklinik wurde zunächst der Projektleitfaden erstellt. Dazu wurde die Projektarbeit strukturiert, Datenanalysen durchgeführt, die Teammitglieder bestimmt, die Projektvorgehensweise detailliert und auch festgelegt zu welchem Zeitpunkt mit welchen Lieferanten Workshops durchzuführen sind. Da eine neue Produktgeneration zu entwickeln war, sollten sowohl bestehende als auch potenzielle Lieferanten kontaktiert oder in den Demontageraum eingeladen werden. Die Potenziale sollten aus der technischen Produktgestaltung wie auch aus dem Beschaffungsmarkt identifiziert werden. Folgende Handlungsfelder wurden festgelegt:

  • Technische Entfeinerung,
  • Materialsubstitution,
  • Fertigungs- und montagegerechte Konstruktion,
  • Reduzierung der Teilevielfalt,
  • Standardisierung,
  • Variantenreduzierung,
  • Funktionsintegration,
  • Einsatz alternativer Lösungen,
  • Optimierung der Leistungstiefe (In- / Outsourcing),
  • Neue Fertigungstechnologien beim Lieferanten,
  • Prozessoptimierung beim Lieferanten,
  • Alternative Lieferanten,
  • Nutzung der Verhandlungsmacht beim 2nd-tier Lieferanten,
  • Nutzung von Standortvorteilen,
  • Nutzung von Lohnkostenvorteilen beim Lieferanten und
  • Verlängerung von Vertragslaufzeiten.

Im Demontageraum fanden elf Lieferanten-Workshops unter Teilnahme eines Expertenkreises statt, der sich aus Vertretern des Einkaufs, der Entwicklung und Konstruktion, dem Vertrieb sowie dem Service zusammensetzte. Bei diesen Workshops wurden sämtliche Handlungsfelder diskutiert und Ideen zur Kostensenkung identifiziert. Weitere vier Lieferantengespräche waren inhaltlich enger gefasst, um beispielsweise spezielle Technikaspekte zu diskutieren, so dass ein kleinerer Teilnehmerkreis anwesend war. Allen Workshops und Gesprächen war gemeinsam, dass Follow-Up-Gespräche anberaumt wurden. Diese fanden sowohl telefonisch als auch vor Ort im Demontageraum statt. Alle Lieferanten hatten aus den ersten Workshops zahlreiche Aufgaben mitgenommen, um Punkte im eigenen Hause zu klären.

Neben der Durchführung von Lieferanten-Workshops wurden zahlreiche Aspekte telefonisch oder per E-Mail mit Ansprechpartnern von bestehenden aber auch möglichen neuen Lieferanten diskutiert. Hierbei handelte es sich um Anfragen zur Klärung folgender Punkte:

  • Preisverhandlung,
  • Preisindikation / Angebote für Neuumfänge oder für modifizierte Lieferumfänge (z.B. anderer Wertschöpfungstiefe),
  • Plausibilitätsklärung von aktuellen Preisen,
  • Technische Machbarkeit, auch vor dem Hintergrund verschiedener Standorte und ihrer Infrastruktur.

Die Ergebnisse aus den Lieferanten-Workshops und allen weiteren Gesprächen wurden in denselben Konzept-Workshops und Kostengesprächen weiter behandelt wie auch die mit dem Kernteam der Produktklinik erarbeiteten Ideen und Ansatzpunkte zur Kostensenkung. Somit war eine ganzheitliche Diskussion aller Ansatzpunkte vor dem Hintergrund möglicher Einsparpotenziale bei Eigen- und Fremdproduktion sowie eine konsolidierte und einheitliche Vorgehensweise mit einheitlicher Dokumentation möglich.

Ergebnisse

Die Wertgestaltung mit den Lieferanten führte zu neuen Erkenntnissen hinsichtlich möglicher Technologien, zur Ausschöpfung der Preisspielräume, zu Detailoptimierungen in der laufenden Serie und für die neue Produktgeneration. Darüber hinaus ergaben sich wesentliche Änderungen für das Insourcing von Bauteilen und Wertschöpfungsschritten, die Materialsubstitution, die Produktionsverlagerung, die Funktionsintegration bei Bauteilen und die Einführung von innovativen, kundenrelevanten Konzepten. Durch die Lieferanten-Workshops wurden weit über 60 zusätzliche Ideen zur Kostensenkung identifiziert. Dieser Umfang stellte einen Anteil von 12% am gesamten Ideenvolumen aus der Produktklinik dar. Die Wertgestaltung mit den Lieferanten hatte insgesamt eine kostenrelevante Wirkung auf weit über 100 Ansatzpunkte und trug dadurch zu 32% am identifizierten Einsparpotenzial bei.

VorherigeNächste