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Die Bedeutung der Chemie für den Industriestandort Deutschland

[04.02.2009]

Foto: WavebreakmediaMicro / fotolia.com
Die Chemieindustrie in Deutschland beschäftigt direkt 440.000 Mitarbeiter und volkswirtschaftlich hängen über eine weitere Million Arbeitsplätze von der chemischen Industrie ab. Damit ist die Branche neben der Automobilindustrie und der Maschinen- und Elektroindustrie der viertgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Aufgrund der hohen Forschungsintensität der Chemie-Branche wird auch ein großer Teil des gesamten Innovationspotenzials erzeugt. Das TCW untersuchte im Rahmen einer empirischen Studie mit mehr als 280 Teilnehmern die Situation der chemischen Industrie und ihre Zukunftsfähigkeit in Deutschland.

Der Erfolg der Chemieindustrie ist insbesondere durch die vielseitige An- und Verwendbarkeit der Produkte begründet. Chemische Erzeugnisse haben Einzug in alle Bereiche des täglichen Lebens gefunden und werden in 90% der alltäglich verwendeten Produkte eingesetzt. Neben den Produkten in der Gesundheitsindustrie ist vor allem die hohe Anzahl von Erzeugnissen für produzierende Unternehmen ein wesentlicher Grund für den Erfolg der chemischen Industrie. Die vielseitige Verwendbarkeit und die Befähiger-Funktion der Chemie führen dazu, dass sie sich zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige der Industrienationen entwickelt hat – im Jahr 2006 wurden weltweit knapp 2.180 Mrd. Euro mit chemischen Produkten umgesetzt, was gleichbedeutend mit 4% der gesamten weltweiten Wirtschaftsleistung ist.


Die chemische Industrie zeichnet sich zudem seit jeher durch eine große Innovationskraft aus. Die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der deutschen Chemieindustrie beliefen sich im Jahr 2007 auf 9,3 Mrd. Euro und für 2008 ist ein weiterer Anstieg auf 9,7 Mrd. Euro zu erwarten. Damit investieren Chemieunternehmen 5,4% ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Bezogen auf die gesamte F&E-Leistung der deutschen Industrieunternehmen sind Chemie und Pharmaunternehmen für 17,5% des in Deutschland erbrachten Aufwands verantwortlich, wobei Unternehmen der chemischen Industrie 10,3% des Umsatzes des verarbeitenden Gewerbes erwirtschaften. Über 15,5% aller branchenübergreifenden Forschungs- und Entwicklungsleistungen stammen aus der Chemie.


Diese Positionierung der Chemie als Innovationsmotor ist für den Standort Deutschland von immanenter Bedeutung, da die Produktion von Commodities aufgrund der hohen Rohstoff- und Personalkosten unter erheblichem Kosten- und Wettbewerbsdruck steht. Hochlohnländer wie Deutschland werden sich deshalb vermehrt zu Produzenten von Produkten höherer und höchster Ansprüche entwickeln müssen, die spezifisches Know-how und kundenindividuelle Anforderungen bei der Lösungsfindung berücksichtigen. Spezialisierung von Unternehmen auf einzelne Segmente und geografische Umschichtungen bedingen eine stete Veränderung der globalen Chemielandschaft und der beteiligten Unternehmen. Gerade an rohstoffarmen Standorten mit hohen Faktorkosten wie Deutschland sind Innovationen ein Schlüssel zur Zukunftssicherung. Ein zukunftsfähiger Innovationsstandort zeichnet sich durch effizient funktionierende Netzwerke aus privaten und öffentlichen Forschungsträgern aus. Dabei liegt der Schnitt staatlicher F&E-Ausgaben der europäischen Mitgliedsstaaten bei über 35 Prozent der gesamtgesellschaftlichen F&E-Kapazitäten. Die USA liegen mit 30% bei staatlicher und hochschulfinanzierter F&E-Leistung mit Deutschland gleich auf. Eine Gegenüberstellung der bruttosozialproduktanteiligen Aufwendungen ergibt jedoch, dass Deutschland mit einem F&E/BIP-Äquivalent von 2,5% hinter den traditionellen Chemieregionen USA (2,7%) und Japan (3,2%) hinterherhinkt und auch hinter der Zielsetzung der EU-Kommission von 3% liegt. Ein Blick auf die Entwicklung dieser Verhältnisse zeigt, dass sich der Staat bei der Finanzierung von F&E-Projekten stetig zurückzieht. Der Staat trug im Jahr 2006 mit 14%, nach den Hochschulen mit 16%, den geringsten Anteil zu den F&E-Ausgaben bei – die Wirtschaft trägt hingegen mit 70% den Löwenanteil der gesamten 61,3 Mrd. Euro. Im Jahr 1995 wurde noch ein Drittel der F&E-Projekte durch Hochschulen und staatliche Einrichtungen finanziert, der Anteil im Jahre 2006 hingegen lag bereits unter 30%.


Aufgrund der hohen Bedeutung der chemischen Industrie für Deutschland und den globalen Veränderungsprozessen innerhalb der Branchen untersuchte das TCW im Rahmen einer breit angelegten empirischen Studie die maßgeblichen Erfolgsfaktoren und Stellhebel zur Zukunftssicherung der Industrie in Deutschland.

Weiterführende Literatur:

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