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Kommissionierung durch Roboter: Der Griff in die Kiste

[12.10.2018]

Foto: macrovector - fotolia.com
Die stückweise Entnahme von Bauteilen aus Schüttgut zählt zu einer der häufigsten Aufgaben im Produktionsbereich. Bisher werden diese Aufgaben von Hand oder durch mechanische Einrichtungen wie Vibrationsförderer erledigt. Beide Möglichkeiten weisen Nachteile auf, da sie entweder teuer oder sehr starr sind. Die Technologie „Griff in die Kiste“ verspricht genau dieses Problem zu lösen, indem der Roboter im Zusammenspiel mit Sensoren Bauteile gezielt aus einem Behälter entnehmen kann. Das TCW unterstützt Sie bei der Technologieimplementierung.

Alleskönner mit Hang zur Ordnung

Beim Blick in eine aktuelle Fabrikhalle sind Roboter nicht mehr wegzudenken. Sie werden für die verschiedensten Aufgaben eingesetzt, ob für die Verkettung von Fertigungsstationen, das Be- und Entladen von Maschinen oder das Ausführen unzähliger Bearbeitungsschritte wie Schweißen, Lackieren oder Vermessen. Zu den großen Vorzügen eines Roboters zählt, dass die Bewegungen immer gleich ausgeführt werden und somit die Prozessstabilität deutlich über einer nicht automatisierten Lösung liegt. Außerdem können Roboter auch in für den Menschen gefährlichen Umgebungen eingesetzt werden oder schwere Produkte problemlos aus ergonomisch ungünstigen Positionen heben. Demgegenüber steht bislang eine sehr geringe Flexibilität solcher Anlagen, da die Roboter lediglich eine zuvor programmierte Folge von Bewegungen durchführen und nicht situativ auf Veränderungen reagieren können. Deshalb muss die genaue Position der zu greifenden Objekte durch speziell angefertigte Vorrichtungen, wie Magazine oder Paletten, sichergestellt werden. Auf Grund dieser Restriktionen ist der Mensch für viele Aufgaben durch seine hohe Flexibilität die erste Wahl.

Roboter mit Auge und Intelligenz

Abhilfe verspricht die Technologie unter dem Namen „Griff in die Kiste“ oder im Englischen „Bin Picking“. Dabei wird ein Roboter mit Sensoren und einer leistungsfähigen Auswerteeinrichtung verknüpft. Das entstehende System kann selbständig seine Bewegungen planen. Die von Laserscannern oder Stereokameras aufgenommen Daten über den Arbeitsbereich werden von Algorithmen ausgewertet. Dadurch lässt sich anhand der aufgezeichneten Punktewolke die genaue Position des Behälters und die Lage der einzelnen Teile im Behälter bestimmen. Für die Identifizierung der Teile müssen der Analysesoftware die genauen Abmessungen und die Geometrie des Bauteils übergeben werden. Zusätzlich können für das Teil sichere Griffpositionen definiert werden, um Beschädigungen bei der Entnahme zu verhindern. Nach der Lagebestimmung wird das Teil für die Entnahme bestimmt, das am einfachsten für den Roboter zu greifen ist. Dabei werden mögliche Kollisionen auf dem Wege des Roboters mit anderen Bauteilen berücksichtigt. Je nach Geometrie der Teile kann es zwingenden notwendig sein die Teile per Wendestation in die gewünschte Orientierung zu bringen, bevor sie am Zielort abgelegt werden können. In den meisten Fällen muss der Sensor nicht direkt am Roboter montiert werden. Deshalb lassen sich die beiden Vorgänge Bauteil-identifizierung und Ausführung der Bewegung trennen und parallel ausführen. Somit liegt die Prozessdauer solcher Systeme in Abhängigkeit von Bauteil, Roboter und Greifer zwischen wenigen Sekunden bis zu einer halben Minute.


Vorteile des Griffs in die Kiste

Der „Griff in die Kiste“ weist im Vergleich zu aktuellen mechanischen Lösungen zur Vereinzelung einen großen Vorteil auf: Durch die Erfassung der Bauteile per Sensor können Standardgreifer verwendet werden, wodurch auch beim Bauteilwechsel keine Rüstzeiten anfallen. Die weit verbreiteten mechanischen Anlagen, wie Vibrations- oder Hubbalkenförderer, sind speziell für ein Teil konstruiert und müssen bei einem Produktwechsel aufwändig umgerüstet werden. Die dafür anfallenden Kosten lohnen sich erst bei hohen Stückzahlen. Ähnlich verhält es sich mit teilespezifischen Magazinen, die es dem Roboter erlauben immer die gleiche Bewegung durchzuführen. Neben den hohen Investitionskosten für mechanische Anlagen und Magazine ergeben sich weitere Nachteile. Die Magazine müssen in den meisten Fällen per Hand gefüllt werden und durch die geringe Packungsdichte der Magazine müssen diese im Vergleich zu Schüttgut häufiger ausgewechselt werden. Durch die Trennung von Beschickung der Anlage und Vereinzelung der Bauteile ist zudem der Gesamtflächenverbrauch bei klassischen Systemen deutlich höher als bei Robotern, die den Griff in die Kiste beherrschen. Auch die Mitarbeiter profitieren von solchen Systemen. Auf Grund des Wegfalls von mechanischen Vereinzelungsanlagen werden die Geräuschemissionen in der Fabrikhalle deutlich reduziert und auch die Kommissionierung von schweren und unhandlichen Teilen kann mit Hilfe der Technologie durchgeführt werden.

Anwendungen in der Praxis

Die Anwendung der Technologie ist nicht nur auf die Vereinzelung von Schüttgut verschiedenster Gewichtsklassen und komplexer Geometrien beschränkt. Die Lage- und Positionserkennung lässt sich ebenfalls für weitere Anwendungsbereiche einsetzen. Zum Beispiel können Teile von einem laufenden Förderband gegriffen und anschließend sortiert werden. Eine weitere Anwendung ist die präzise Positionierung von Fahrzeugtüren in der Rohkarosserie. Dadurch, dass Roboter bisher lediglich die gleiche Bewegung ausgeführt haben, wurden bisher hohe Anforderungen an die Positioniergenauigkeit der Rohkarossen gestellt, um die Tür ohne Schaden an der Karosse zu montieren. Auch hier konnte die Ausrüstung der Roboter mit Sensoren helfen. Durch die präzise und dynamische Erfassung des Einbaubereichs über Sensoren, kann ein Algorithmus die Position der Tür mit den geringsten Spaltmaßen berechnen.

Das TCW unterstützt Sie bei der Einführung

Die Implementierung solcher Systeme sollte erst auf der Grundlage einer tiefgreifenden Prozessanalyse des Produktions- oder Montagesystems durchgeführt werden. Das TCW kann Sie auf Grund seiner langjährigen Erfahrung in der Prozessanalyse in der Produktion und Logistik sowie in der Auswahl von Systemanbietern unterstützen die Technik optimal einzusetzen und somit einen verbesserten ROI für die Investition zu realisieren.

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