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Nachhaltiges Komplexitätsmanagement in der Elektronikindustrie

[08.11.2004]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com
Aufgrund des auch weiterhin branchenübergreifend zunehmenden Innovations- und Kostendrucks ist in vielen Unternehmen ein überproportionaler Anstieg der Variantenzahlen festzustellen. Die hieraus resultierenden Komplexitätskosten werden infolge des hohen Erfassungsaufwandes oftmals nicht explizit ausgewiesen und zeichnen sich insgesamt durch eine geringe Transparenz aus. Fehlende konkrete Vielfaltsziele führen zu einem schleichenden Anstieg der Komplexitätskosten. Neben kurzfristigen Massnahmen zur Reduzierung der bestehenden Vielfalt ist zur Implementierung eines nachhaltigen Komplexitätsmanagements für eine entsprechende organisatorische Verankerung des Vielfaltscontrolling zu sorgen.

Komplexitätskosten fallen oftmals nicht in den Bereichen an, in denen sie verursacht werden. Während neue Varianten tendenziell in den Bereichen Vertrieb und Entwicklung generiert werden, ist in der Produktion mit einem komplexitätsbedingten Mehraufwand zu rechnen. Als Ausgangspunkt der Untersuchung wurde die Produktion gewählt, um die Problematik abteilungsübergreifend entlang der Wertschöpfungskette aufzuzeigen. Zur Erfassung der Komplexitätskosten wird oftmals auf die Notwendigkeit der Einführung einer Prozesskostenrechnung hingewiesen. Dieses Verfahren stellt sich insgesamt als sehr aufwändig dar. Im Rahmen der Untersuchung war es zielführend, die Komplexitätskosten der indirekten Bereiche robust auf Basis der Kostenstellen anteilig zuzuordnen.

Diese Kosten wurden um weitere komplexitätsbedingte Kosten wie Bestandskosten ergänzt und mit Komplexitätstreibern hinterlegt. Dadurch war erstmals eine exakte Zuordnung von Kosten zu Kostentreibern möglich, getrennt nach organisatorischen Bereichen. Da die Materialkosten als dominanter Komplexitätstreiber identifiziert wurden, erfolgte zusätzlich eine separate Ausweisung der Komplexitätstreiber ohne diese Kostenposition. Die Analyse wurde um eine detaillierte Untersuchung der Prozessabläufe durch logistische Ketten ergänzt. Die Komplexitätsproblematik zeigte sich in der Produktion insbesondere in erheblichen Überbeständen, der komplexitätsbedingten Nichteinhaltung von Soll-Prozessen, einer unzureichenden Liefertreue sowie in unausgeschöpften Einkaufspotenzialen.

Im weiteren Fortgang der Untersuchung erfolgt eine differenzierte Erfassung von Komplexitätsursachen und -wirkungen in den der Produktion vor- und nachgelagerten Bereichen der Wertschöpfungskette. Als Endergebnis der Analysephase konnte eine differenzierte übergreifende Erhebung von Komplexitätstreibern und -kosten dargestellt werden. Durch Zuordnung der identifizierten Komplexitätstreiber zu Teilprojekten wurde ein umfassendes Konzept zur Komplexitätsreduzierung verabschiedet. Nach einer kurzfristigen Komplexitätsreduzierung ergibt sich in der Praxis oftmals einer erneuter schleichender Anstieg der Variantenzahlen. Aus diesem Grund wurde ein eigenständiges Teilprojekt ‘Complexity Gates‘ definiert, das einer Nachhaltigkeit der erzielten Ergebnisse sowie einer organisatorischen Verankerung des Komplexitätsmanagement durch die Einführung von Metriken Vorschub leistet.

Die definierten Teilprojekte wurden parallel umgesetzt. Von dem ermittelten Potenzial in Höhe von 150 Mio EUR konnten bereits nach 6-monatiger Projektarbeit über 20% realisiert werden. In Teilbereichen wurde eine Reduzierung der Variantenvielfalt um über 60% ermöglicht.


Literaturhinweise

 

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