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Entwicklung eines Qualitätscontrolling-Messsystems bei Retailbanken

[26.05.2009]

Foto: Coloures-pic / fotolia.com
Die Prozessqualität bei Retailbanken spielt in Zeiten eines zunehmenden Wettbewerbsdrucks und einer Steigerung des Qualitätsbewusstseins beim Kunden eine immer wichtigere Rolle. Durch den Einsatz von Qualitätscontrolling-Messsystemen in internen Prozessabläufen kann ein schlanker und qualitätsorientierter Prozessablauf gewährleistet werden. Dieser ist dringend notwendig, um Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden und für den Kunden spürbare Verkürzungen in der Bearbeitung seines Kundenwunsches sicherzustellen, sowie Fehler zu vermeiden.

Ziele beim Qualitäts-Controlling

Beim Aufbau eines Qualitätscontrolling-Messsystems stehen in der Praxis häufig folgende Ziele im Vordergrund:

  • Entwicklung eines Kennzahlensystems zur nachhaltigen Sicherung der Prozessqualität und Prozessperformance über die Gesamtbank und einzelne Bereiche
  • Einsatz und Auswertung objektiv messbarer und damit vergleichbarer Kennzahlen
  • Einsatz von Schwellenwerten, die als Zielvorgaben gelten bzw. Handlungen zur Qualitätsverbesserung auslösen
  • Aufwandsarme, schnelle und einfache Erhebung und Auswertung der Kennzahlen

Bausteine beim Qualitäts-Controlling

Zur Umsetzung der genannten Ziele ist die Gestaltung differenzierter Bausteine, die eine nachhaltige Umsetzung der definierten Ziele ermöglichen, erforderlich. Folgende Bausteine müssen hierfür definiert und implementiert werden:


1. Kennzahlensystematik für ein Qualitätscontrolling-Messsystem

Die Kennzahlensystematik bildet die Basis für den Einsatz eines Qualitätscontrolling-Messsystems bei Retailbanken. Um eine pragmatische Gestaltung des Kennzahlensystems sicherzustellen, lässt sich der Baustein „Kennzahlensystematik“ in die drei Faktoren Mengen, Zeiten und Fehler untergliedern:

Mengen

  • Das Mengengerüst stellt die Basis für Vergleiche zwischen verschiedenen Prozessabläufen dar. Durch das Mengengerüst kann ein grundsätzlicher Überblick über die Bedeutung eines Prozesses oder auch einer Variante innerhalb eines Prozesses der Bank gemessen werden.
  • Die Bedeutung eines Teilprozesses kann durch die Mengenquote bestimmt werden. Diese ist definiert durch die Anzahl der Teilprozesse im Verhältnis zur Anzahl der Gesamtprozesse.

Zeiten

  • Im Rahmen der Zeitenmessung ist eine Unterteilung in Bearbeitungszeiten und Durchlaufzeiten sowie Liegezeiten möglich.
  • Die Bearbeitungszeit ist die Zeit, die real für die Erledigung einer Tätigkeit erforderlich ist. Sie ist nach Teilprozessen, Prozessabschnitten und nach dem Gesamtprozess zu differenzieren.
  • Die Liegezeit beschreibt den Zeitraum, in dem eine Tätigkeit, die noch nicht zu Ende geführtist, nicht bearbeitet wird, also ruht.
  • Die Durchlaufzeit ist die Zeit, zwischen Start einer Tätigkeit und Start einer nächsten Tätigkeit bzw. dem Ende des Prozesses. Die Durchlaufzeit umfasst die Bearbeitungszeit und die Liegezeit. Die Durchlaufzeit ist meist kundenrelevant, denn sie bestimmt die Wartezeit des Kunden bis zu einer festen Zusage bzw. Vertragsunterzeichnung.
  • Durch die Erhöhung der Qualität in den Prozessen kann die Durchlaufzeit reduziert werden, was wiederum zur Steigerung der Kundenzufriedenheit beiträgt.

Fehler

  • Die in einem bestimmten Zeitraum entstandenen Fehler bzgl. einer definierten Fehlerart oder Fehlerkategorie sind in das Qualitätscontrolling-Messsystem aufzunehmen. Ziel ist die Gewährleistung der Identifikation der Fehler und deren nachhaltige Verbesserung.
  • Die Fehlerquote verdeutlicht die Fehleranfälligkeit bzw. Robustheit eines Prozesses und ist in Zusammenhang mit der absoluten Fehlermenge ein Indikator für Handlungsbedarfe.

2. Ausrichtung Schwellenwerte

Neben der Festlegung der Kennzahlensystematik spielt die Festlegung von Schwellenwerten eine entscheidende Rolle zur Steigerung der Prozessqualität. Zur Interpretation der Qualitätscontrollingkennzahlen sind Schwellenwerte notwendig. Erst hierdurch wird die Beurteilung des Wertes einer Kennzahl ermöglicht.

3. Service-Level-Agreements

Service-Level-Agreements stellen einen weiteren Baustein zur Qualitätssteigerung in Prozessen dar. Service-Level-Agreements stellen eine bindende Vereinbarung zwischen zwei Organisationseinheiten dar und dienen dazu, wiederkehrende Aufträge transparent und controllingfähig zu gestalten. Das Service-Level-Agreement ist in der Regel wechselseitig gestaltet. Ziel eines Service-Level-Agreements ist die optimale Gestaltung der Schnittstelle zwischen Organisationseinheiten sowie die Stärkung des internen Kunden-Lieferanten-Verständnisses. Ein Service-Level-Agreement zur Steigerung der Prozessqualität umfasst beispielsweise Leistungseigenschaften, wie Reaktionszeit, Bearbeitungszeit und Bearbeitungsumfang sowie die Leistungsqualität/ -güte.

4. Darstellungs-/Auswertungsformen der Qualitätskennzahlen

Zur Auswertung und Darstellung der ermittelten Qualitätscontrollingkennzahlen können unterschiedliche Formen gewählt werden. Zunächst ist eine Management-Summary erforderlich, die die wesentlichen Informationen aggregiert darstellt. Dies ist beispielsweise in folgender Form möglich:


Neben dieser aggregierten Form ist es notwendig, einzelne Details ermitteln zu können, um Fehler konkret zu analysieren und gezielte Handlungsfelder abzuleiten.

5. Empfängerebenen des Qualitäts-Berichtswesens

Das Qualitätscontrolling-Messsystem ist auf verschiedene Empfängerebenen auszurichten. Insbesondere bei der Gestaltung des Berichtswesens (siehe hierzu Punkt 4) ist die Ebene, für die ein Bericht erzeugt wird, zu berücksichtigen. Grundsätzlich bietet sich eine Strukturierung in Anlehnung an verschiedene Managementebenen an. Im Folgenden findet sich ein Beispiel für die Strukturierung in fünf Ebenen:

  • 1. Ebene: Vorstand
  • 2. Ebene: Regionalleiter, Organisationsleiter
  • 3. Ebene: Filialleiter
  • 4. Ebene: Gruppenleiter
  • 5. Ebene: Mitarbeiter (MA)

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein Qualitätscontrolling-Messsystem, insbesondere für Retailbanken, auf fünf verschiedenen Säulen basiert, die zusammenhängend betrachtet werden müssen, um ein ganzheitliches System zu schaffen.

Weiterführende Literatur:


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