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Kompetenz- und Servicecenter zur Bündelung von Back-Office-Aktivitäten

[11.10.2010]

Foto: yoshitaka / fotolia.com

Finanzdienstleister sehen sich in den vergangenen Jahren einem zunehmenden Wettbewerb und einem hohen Kostendruck ausgesetzt. Hohe Verwaltungs- und Personalaufwände in Verbindung mit rückläufigen Zins- und Vertriebsmargen belasten die Ergebnisse. Um im Wettbewerb bestehen zu können, ist eine Optimierung von Back-Office-Prozessen notwendig. Eine Identifikation der kritischen Prozesse, deren Standardisierung und Auslagerung in regionale Kompetenz- und Servicecenter stellt eine Handlungsmöglichkeit dar, erhebliche Synergiepotenziale durch Bündelungseffekte bei gleichzeitiger Erhöhung der Qualität zu erzielen.

Um eine Auslagerung von kostenintensiven Back-Office-Prozessen vornehmen zu können, gilt es geeignete Prozesse oder Prozessbestandteile zu ermitteln. Diese müssen insbesondere eine ausreichende Stückzahl erreichen, so dass eine kritische Masse für das Kompetenzcenter erreicht wird und dadurch die Wirtschaftlichkeit der Auslagerung gewährleistet ist. Empfehlenswert ist die Aggregation von Prozessen- und Prozessteilen, die als Leistungsbündel an das Kompetenz- oder Servicecenter überführt werden. Die Ausgestaltung der Leistungsbündel sollte hierbei in Zusammenarbeit mit den Partnerfirmen des Kompetenz- oder Servicecenters erfolgen.

Durch die Bündelung der Prozesse in einem Kompetenz- und Servicecenter können Skaleneffekte erreicht werden. Durch Lern- und Erfahrungskurveneffekte sowie Spezialisierungsmöglichkeiten in den Kompetenzcentern lassen sich Kostenvorteile gegenüber einer Durchführung der Prozessbearbeitung in einzelnen Kreditinstituten realisieren. Kreditinstitute, die ihre Prozesse in ein Kompetenz- und Servicecenter überführen, erhalten zusätzlich den Vorteil Fixkosten variabilisieren zu können und verfügen dadurch über eine höhere Flexibilität. Die Fixkosten je Stück sind im Kompetenzcenter deutlich geringer als bei einzelnen Banken. Das Kompetenz- oder Servicecenter besitzt zusätzlich den Vorteil kostenintensive Investitionen schneller amortisieren zu können und dadurch immer State-of-the-Art-Technologie zu verwenden.

Kostenvorteile können durch drei Hauptmaßnahmen realisiert werden. Zunächst erfolgt die Sachkostenoptimierung mit Tätigkeiten wie Lieferantenmanagement und Einstandspreisoptimierung. Als nächste Entwicklungsstufe ist die Prozessoptimierung zu sehen. Hierbei werden die Prozessabläufe bei Kreditinstituten industrialisiert. Dies erfolgt durch Standardisierung, Maßnahmen zur Qualitätssteigerung, Schnittstellenoptimierungen und die Definition von Service Level Agreements. Insgesamt können durch die Überführung von Prozessen in ein Kompetenz- oder Servicecenter Potenziale in der gleichen Höhe wie durch eine Prozessoptimierung oder durch Sachkostenoptimierung erzielt werden.

Die Vorgehensweise zur Bildung eines Kompetenz- oder Servicecenters gliedert sich in Module. Diese sind die Designphase sowie die Ausplanungs- und Umsetzungsphase. Im Projektleitfaden erfolgt die Ausarbeitung der detaillierten Projekt- und Zeitplanung sowie die Sichtung der Vorarbeiten und Analyse der Basisdaten. Um alternative Leistungsbündel zu ermitteln werden auslagerungsfähige Prozesse und Tätigkeiten erfasst und zu auslagerungsfähigen Leistungen und Leistungsbündeln zusammengefasst. Danach erfolgt die Entwicklung von Geschäftsmodellen für ein Kompetenz- und Servicecenter sowie unterschiedlicher Verlagerungszenarien. Die Modelle und Verlagerungsszenarien werden bewertet und hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und Potenzialwirkung untersucht. Im Zuge der Bildung von Szenarien zum passenden Geschäftsmodell werden die Kooperations- und die Rechtsform, die Leistungstiefe und -bündel, die Formen des Vergütungsmodells, mögliche Organisationsformen und die Interessenslagen der Stakeholder untersucht. Danach beginnt die Ausplanung und Umsetzung des Kompetenz- und Servicecenters. Zunächst erfolgt die Bestimmung des Auslagerungsumfangs und der Leistungstiefe je Partnerfirma/-bank. Anschließend wird der Einzelnutzen je Partner bestimmt und bewertet. Daran schließt die Organisation und Dimensionierung des Kompetenzcenters an. Hierbei wird das Organisationskonzept detailliert und das gesamte Kostensenkungspotenzial des Geschäftsmodells ermittelt. Es werden konkrete Vergütungs- und Entgeltmodelle sowie Eigentümerstrukturen ausgearbeitet. Auch werden Umsetzungsmaßnahmen definiert und ein Maßnahmencontrolling implementiert. Für die Mitarbeiter erfolgt die Erarbeitung eines Schulungskonzepts sowie ein aktives Coaching.

Erfolgsfaktoren

Aus mehreren Projekten lassen sich Erfolgsfaktoren der Kompetenz- und Servicecentern ableiten. Für die Unternehmen, die Ihre Prozesse an ein Kompetenz- oder Servicecenter auslagern ist der Know-How Zugang ein besonderer Vorteil. Durch die Auslagerung kann auf Know-How von spezialisierten Mitarbeitern und auf eine technische Infrastruktur im Kompetenz- oder Servicecenter zurückgegriffen werden, die ansonsten für das einzelne Unternehmen nicht wirtschaftlich betreiben oder aufzubauen wären. Die Ertrags- und Kostensituation lässt sich durch die Bündelung von Back-Office-Tätigkeiten erheblich verbessern, da deutliche Skaleneffekte und Standardisierungsvorteile erreicht werden können. Insbesondere die notwendige Prozessstandardisierung und die Bearbeitung durch Spezialisten gehen einher mit einer deutlichen Erhöhung der Prozessqualität und somit mit der Senkung der Prozesskosten. Die strategische Ausrichtung von Kompetenz- und Servicecentern ist ein Hebel zum Erfolg. Je nach Interessenslage der Kooperationspartner ist eine Kostenführerschaft oder die Einhaltung von Budgetvorgaben anzustreben. Zusätzlich müssen Look-In-Effekte und Ausstiegsmöglichkeiten für die Kooperationspartner hinsichtlich der Strategiegestaltung berücksichtigt werden. Eine am Kundennutzen orientierte Unternehmenskultur sowie die Berücksichtigung regionaler Aspekte sind zusätzliche Hebel für den Erfolg eines Kompetenz- oder Servicecenters. Die Integration der Interessen von Stakeholdern stellt den langfristigen Erfolg der umgesetzten Lösung des Kompetenz- und Servicecenters sicher. Strikt vereinbarte Service-Level-Agreements sichern den dauerhaften Erfolg, da hierdurch Banken eine Sicherheit erhalten, in welchem Zeitraum und in welcher Qualität ihre Anträge im Kompetenz- oder Servicecenter bearbeitet werden. Ein detailliertes Monitoring im Kompetenz- oder Servicecenter stellt die Qualität und die Geschwindigkeit der Bearbeitung sicher und bildet das Berichtswesen für die Kunden. Einen besonderen Erfolgsfaktor stellt die Personalflexibilisierung dar. Durch das Kompetenz- oder Servicecenter können die Banken Personal überführen und Kapazitätsschwankungen ausgleichen. Hierzu werden geeignete Überführungskonzepte gebildet. Durch die Nutzung der Methoden und Tools des TCW konnten in den Projekten jeweils Synergieeffekte realisiert und die Wirtschaftlichkeit verbessert werden.

Weiterführende Literatur

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