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Nutzung der Online-Auktionen zum Einkauf von Produktionsmaterial

[21.06.2002]

Foto: sveta / fotolia.com
„Im Einkauf liegt der Gewinn", so lautet eine häufig zitierte Weisheit aus der Einkaufspraxis. Die stetig sinkende Fertigungstiefe der Unternehmen in der Automobilzuliefererindustrie wirkt zugleich als Indikator für die steigende Bedeutung des Einkaufs von Produktionsmaterial. Die meisten Unternehmen setzen derzeit Online-Auktionen zum Erwerb indirekter Materialgruppen ein. Bei einem Unternehmen dieser Branche konnte mittels Durchführung einer Online-Auktion ein Einsparungspotenzial von 750 TEUR realisiert werden.

Das betrachtete Unternehmen ist ein Tochterunternehmen eines weltweit agierenden Konzerns der Automobilzuliefererbranche mit über 25 Standorten. Es hatte im Vorfeld bereits erste positive Erfahrungen mit dem Einsatz von Online-Auktionen für indirekte Materialgruppen gemacht und verfügte aktuell über einen zu deckenden Bedarf an neuen Schmiedeteilen im Umfang eines Volumens von 6 Mio. EUR. Zudem wurde die Neuvergabe von Schmiedeteilen im Wert von 4 Mio. EUR in Betracht gezogen. Somit konnte ein Gesamtvolumen von über 10 Mio. EUR ausgeschrieben werden. Die Geschäftsleitung entschied, die Preisverhandlungen durch eine Online-Auktion transparent zu gestalten und erhoffte sich eine Einsparung von 5 %.

Bei der Betrachtung des zu verauktionierenden Volumens fielen die Heterogenität der Schmiedeteile hinsichtlich Form und Größe sowie das hohe Volumen auf. Die unterschiedlichen Teile konnten in ihrer Gesamtheit nur von einer kleinen Anzahl von Lieferanten hergestellt werden, die die dafür notwendigen Anlagen besaßen. Das Gesamtvolumen überforderte die meisten Lieferanten zudem hinsichtlich der vorhandenen Kapazitäten, so dass sich die Vergabe des Gesamtvolumens in einer einzigen Auktion als problematisch erwies. Es wurde die Möglichkeit in Erwägung gezogen, das Gesamtvolumen auf mehrere Slots aufzuteilen.

Die Vorbereitung und Durchführung der Online-Auktion vollzog sich in vier Schritten:

In einem ersten Schritt wurden potenzielle Lieferanten identifiziert, die für die Teilnahme an der Verauktionierung einzelner Slots als geeignet erschienen. Die Schmiedeteilelieferanten des eigenen Unternehmens und des eigenen Konzerns wurden vorrangig betrachtet. Dabei konnten 14 Lieferanten identifiziert werden, eine Anzahl, die für mehrere Slots als zu gering erschien. Aus diesem Grund wurden zusätzlich die Kunden des Unternehmens befragt und die TCW-Database ausgewertet, wodurch die Identifikation weiterer 13 Lieferanten möglich wurde.

Die Bewertung der 27 potenziellen Lieferanten wurde in einem zweiten Schritt durchgeführt. Dabei wurden der Maschinenpark, die verwendeten Schmiedetechnologien, die Hauptumformaggregate, die verwendeten Wärmebehandlungsverfahren und die Produktionskapazitäten bewertet. Die erzielten Erkenntnisse wurden gleichzeitig in eine erstellte Lieferantendatenbank eingepflegt.

Aufbauend auf den Erkenntnissen der Lieferantenbewertung konnte in einem dritten Schritt die Slotbildung erfolgen. Dafür wurde im Rahmen eines Workshops eine Teile-/Lieferantenmatrix erstellt. Eingangsgrößen waren die Informationen über die Schmiedeteile, wie zum Beispiel Größe, Gewicht, Form und Bedarf, sowie die Erkenntnisse über die potenziellen Lieferanten. Es erfolgte eine Abschätzung der Lieferfähigkeit und -bereitschaft der Kandidaten. Mitarbeiter des technischen Einkaufs und der Qualitätssicherung führten die Bewertung gemeinsam durch. Bei der Bildung der Slots wurden die Anzahl der potenziellen Lieferanten und das Volumen je Slot berücksichtigt. Es wurden 4 Slots mit den Volumina 1,5 bis 5,1 Mio. EUR erstellt. Die Anzahl der potenziellen Lieferanten betrug zwischen 5 und 15 je Slot. In einem vierten Schritt wurden die Lieferanten seitens des Automobilzulieferers und des TCW kontaktiert und über das Vorhaben, die Vergabe der Schmiedeteile mittels einer Online-Auktion abzuwickeln, informiert. Die Einkäufer des Zulieferers klärten die teilespezifischen Details, das TCW hingegen besprach die technischen Einzelheiten der Auktionsabwicklung. Von den informierten Lieferanten äußerten 21 Interesse an einer Auktionsteilnahme, 4 Lieferanten lehnten die Teilnahme an Auktionen kategorisch ab und 2 Lieferanten waren falsch bewertet worden und konnten, wie sich herausstellte, keinen Slot komplett liefern. Dies hatte jedoch keine Auswirkung auf den weiteren Verlauf der Auktionen. Die Anzahl der eingeladenen Lieferanten bewegte sich somit zwischen 5 und 14 je Slot.

Die vier Slots wurden innerhalb eines Tages sequenziell verauktioniert. Es konnte im Ergebnis ein Potenzial von 750 TEUR realisiert werden. Die Einsparung von 7,1 %, bezogen auf das Gesamtvolumen, setzte sich aus Einsparungen zwischen 3 und 10 % je Slot zusammen.

Weiterführende Literatur:

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