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Produktionsfaktor IT – Informationstechnologie als Enabler einer Lean Production

[08.09.2008]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com

Die Sichtweise auf die IT hat sich in vielen Unternehmen aufgrund sich wandelnder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen grundlegend verändert. Ursprünglich vor allem Instrument zur Unterstützung laufender Geschäftsprozesse wird die IT heute oftmals als ein wichtiger und unmittelbarer Produktionsfaktor verstanden, der seinen Beitrag am Unternehmenserfolg auch entsprechend sichtbar machen muss.

IT-Innovationen haben in den vergangenen Jahren zu signifikanten Produkt- und Prozessinnovationen in der Produktion geführt. Mit der umfangreichen Etablierung der IT ist die Produktionseffizienz stark angestiegen. Technologische Treiber dieser Entwicklung waren die zunehmende Etablierung von Standards sowie neue Internet-, Telekommunikations- und Chiptechnologien. Diese Entwicklungen führten dazu, dass mittlerweile in fast jedem Wertschöpfungsschritt IT entweder direkt oder indirekt enthalten ist.

Aus wissenschaftlicher Sicht wurde dieser Entwicklung besonders in der Wettbewerbstheorie Beachtung gezeigt. Zur Wettbewerbswirkung der IT liegen umfangreiche Ausarbeitungen aus diversen Blickwinkeln vor. Eine vergleichbar umfangreiche Diskussion aus produktionstheoretischer Sicht fehlte bisher jedoch. Gerade die Fragestellung, ob IT im Produktionsprozess als neuer Produktionsfaktor oder nur als Befähiger bezeichnet werden kann, wurde bisher noch nicht diskutiert.

Die IT kann in zwei Ausprägungsformen in die Gutenbergsche Produktionsfaktorensystematik integriert werden:

  • Direkt als eigenständiger neuer Produktionsfaktor wie Werkstoffe oder Betriebsmittel.
  • Indirekt, indem die IT auf das Zusammenwirken der bestehenden Produktionsfaktoren hinsichtlich Art, Form, Umfang und Wirkungsgrad Einfluss nimmt.

Für die Klassifikation als eigenständiger Produktionsfaktor spricht, dass IT mittlerweile in fast jedem Wertschöpfungsschritt enthalten ist und die industrielle Produktion ohne IT nicht mehr denkbar ist. Dagegen sprechen zwei Gründe: Zum einen zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass IT in den Produktionsprozess sowohl als Betriebsmittel als auch als Werkstoff eingeht und somit nur die Form der dispositiven und objektbezogenen menschlichen Arbeitsleistung verändert. Zum anderen ist IT selbst ein Produkt, das durch Kombination der Produktionsfaktoren im Produktionsprozess entstanden ist und sich auf die dispositiven und elementaren Faktoren wieder zurückführen lässt. Diese Sichtweise impliziert, dass IT selbst keinen neuen Produktionsfaktor gemäß dem Produktionsfaktorenschema nach Gutenberg, das implizit Einzigartigkeit der Produktionsfaktoren unterstellt, darstellt. IT wirkt vielmehr indirekt auf die bestehenden dispositiven und elementaren Produktionsfaktoren.

Die IT findet sowohl als Betriebsmittel als auch als Werkstoff Eingang in die Produktion und verändert Art und Umfang der objektbezogenen menschlichen Arbeitsleistung. Als Betriebsmittel steht IT entsprechend wie Grundstücke, Gebäude und Maschinen dem Produktionsprozess zur Verfügung: zum einen als eigenständiges Betriebsmittel und zum anderen in integrierter Form in anderen Betriebsmitteln. IT steht als eigenständiges Betriebsmittel in Form der IT-Infrastruktur dem Produktionsprozess zur Verfügung. Dazu zählen die im Unternehmen vorhandene Hardware, die Telekommunikationsinfrastruktur sowie die Anwendungs- und Geschäftsprozess-Software. Integriert in anderen Betriebsmitteln geht IT in Form von Infrastrukturkomponenten in Robotersystemen, Steuerungssystemen, Anlagen sowie Logistik- und Transportsystemen ein. Mit zunehmender Vernetzung der Systeme wird die Grenze zwischen IT als eigenständiges Betriebsmittel und integriert in anderen Betriebsmitteln immer fließender. Die Vernetzung der Systeme selbst erfordert wiederum IT-Leistungen. Eine Abgrenzung und genaue Zuordnung wird damit immer schwieriger. Es ergeben sich Implikationen besonders für Qualitätsmanagement, Fehlermanagement und IT-Kostenrechnung.

IT kann auch als Werkstoff im Produktionsprozess betrachtet werden. Dies ist dann der Fall, wenn die IT-Komponenten im Produktionsprozess verbraucht werden, weil sie als Bestandteil in das Produkt eingehen. Hierzu zählen Hardwarekomponenten, die in das Endprodukt integriert werden, Software, die entweder in das Endprodukt integriert wird oder nur für den einmaligen Verbrauch bei der Produkterstellung lizenziert ist; darüber hinaus Telekommunikationsleistungen, die dem Verbrauch unterliegen wie Leitungs- und Übertragungskapazitäten. In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff des "Pervasive Computing" in letzter Zeit etabliert. Man versteht hierunter Computeranwendungen, die in Produkte und Alltagsgegenstände eingebettet sind. Die objektbezogene menschliche Arbeitsleistung ist mittlerweile in starkem Maße von dem hohen Anteil an IT in den Betriebsmitteln und Werkstoffen gekennzeichnet. Ein Großteil der Betriebsmittel sind entweder Informationssysteme und entsprechende Anwendungen oder über Informationssysteme gesteuerte Anlagen und Maschinen.

Der neu erschienene TCW-Report "Informationstechnologie - IT in Produktion und Logistik" beleuchtet intensiv die aufgezeigten Fragestellungen und zeigt die derzeitigen Einsatzweisen, Formen und Implikationen der IT in Produktions- sowie Logistikprozessen auf.

Weiterführende Literatur

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