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Produktprogrammbereinigung ermöglicht Restrukturierung

[01.03.2004]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com
Ein Unternehmen des Maschinenbaus sah sich durch einen jahrelangen Anstieg der Vielfalt extrem hohen Komplexitätskosten gegenüber. Die gewünschten Margen konnten nicht mehr erzielt werden und das Unternehmen rutschte in die Verlustzone. In einem Strategieworkshop konnte die Komplexität auf ein handhabbares Maß reduziert und so eine umfassende Restrukturierung eingeleitet werden.

Betrachtungsgegenstand war das gesamte Produktprogramm, dass an zwei europäischen Standorten entwickelt und produziert wurde, wobei ein Standort für die kleineren Leistungsklassen, der andere Standort für die größeren Leistungsklassen zuständig war. Im Laufe der Jahre wurde das Produktprogramm immer wieder erweitert, teilweise um neue Leistungsbereiche, teilweise um Sondermaschinen. Die Entwicklung wurde zwar standortübergreifend koordiniert, jedoch ergaben sich immer wieder Brüche in der technischen Realisierung der Maschinen. Darüber hinaus wurden strategische Entscheidungen der Gestaltung des Produktprogramms von der Entwicklung dominiert. Speziell die ausländischen Vertriebsgesellschaften wurden in den Entscheidungsprozess wenig eingebunden. So ergab sich ein Produktprogramm, dass in seiner äußeren Varianz dem der Marktführer entsprach, jedoch mit wesentlich kleineren Strukturen und Stückzahlen abgewickelt werden musste. Die damit verbundene Komplexität führte vor allem in den indirekten Bereichen, in denen ein hoher Anteil der Kosten komplexitätsabhängig ist, zu überproportional hohen Kosten. Die angestrebten Margen konnten bei den meisten Produkten nicht mehr erzielt werden. Vor allem bei größeren Maschinen wurde das Geschäft stark defizitär.

Zum Produktprogrammbereinigungsworkshop wurden die Leiter der in- und ausländischen Vertriebsgesellschaften eingeladen. Außerdem nahmen daran die Entwicklungsleitung und Geschäftsführung teil. Zur Vorbereitung des Workshops wurden die Funktions- und Leistungsbereiche der Produktlinien analysiert und Überschneidungen visualisiert. Außerdem wurden zu jeder Produktlinie Margen und Umsatzvolumen erfasst und in einem Portfolio dargestellt. Tendenziell sollten Produkte mit niedrigen Margen und Umsatzvolumen gestrichen werden. Durch die Analyse ergaben sich 18 Fragestellungen der Streichung von Teilen des Produktprogramms. Die jeweilige Ausgangssituation wurde in der ersten Spalte eines morphologischen Kastens erfasst. Die Fragestellungen wurden im 2-tägigen Workshop sukzessive abgearbeitet und diskutierte Alternativlösungen direkt in den morphologischen Kasten eingetragen und die Vor- und Nachteile hinsichtlich verschiedener Kriterien bewertet. Im Kernpunkt der Diskussionen standen die Erfüllung einer Corporate Identity, cross-sales Effekte bei Produktstreichungen, Markttrends, Produktstrategien der Wettbewerber sowie zu erwartende Einspar- und Komplexitätsreduzierungseffekte. Durch die erstmalige intensive Einbindung der Vertriebsleiter ergaben sich viele interessante neue Aspekte. Beispielsweise konnte für eine Baureihe, in der schon seit längerer Zeit Kosten- und Qualitätsprobleme bestanden und dementsprechend nur geringe Stückzahlen erzielt werden konnten, der Anstoß zur Realisierung einer Kooperation gegeben werden, in der die Maschine extern zugekauft aber mit leicht veränderten Features unter eigenem Markennamen verkauft wird.

Ergebnis des Workshops war eine deutliche Reduzierung der Komplexität. Alle Entscheidungen wurden einvernehmlich getroffen. Im Bereich der hydraulischen Maschinen wurde eine Technologie gestrichen und eine bereits bestehende gleichwertige Technologie substituiert. Für der mechanischen Technologie wurde eine Roadmap zum Auslauf der Produktlinie erarbeitet. Für die elektrische Technologie wurde eine Kooperation vereinbart. Außerdem konnten einige Sonderbauformen gestrichen werden. Die um ca. 30 % reduzierte Komplexität ermöglichte erst den Start eines umfassenden Restrukturierungsprogramms zur langfristigen Neuausrichtung des Unternehmens. Die Belegschaft wurde deutlich reduziert und die Strukturen wieder auf eine dem Marktvolumen des Unternehmens entsprechendes Niveau angepasst. Im Zuge der Restrukturierung wurde auch die Produktverteilung auf die beiden Standorte neu definiert und wesentlich klarere Schnittstellen definiert. Aufgrund der vielen wertvollen Anregungen aus dem Vertrieb wurden dessen Einbindung in die Entwicklung wesentlich verstärkt. Dadurch können auch zukünftig Fehler in der strategischen Planung vermieden werden.

Weiterführende Literatur:

Seminarhinweis:

  • Produktklinik & Produktordnungssysteme, 18.-20. März 2004 in München

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