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Erfolgsfaktor Auftragsabwicklung: Reduzierung der Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten in der Abwicklung von Großanlagenprojekten

[06.11.2002]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com
Die Märkte der Hersteller von Großanlagen unterliegen seit einigen Jahren einer dramatischen Umbruchsituation. Deutlich verkürzte Lieferzeiten, erheblicher Preisdruck und gestiegene Qualitätsanforderungen kennzeichnen die Rahmenbedingungen. Die alleinige Differenzierung über bestimmte Produktmerkmale ist in der Regel nicht mehr ausreichend. Hieraus ergeben sich entsprechende Anforderungen hinsichtlich der Gestaltung der Angebotserstellungs- und Auftragsabwicklungsprozesse.

Die hohen Potenziale, die eine kunden- und marktorientierte Neuausrichtung der Auftragsabwicklung zur Sicherung der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit mit sich bringt, soll das folgende Fallbeispiel aufzeigen.

Das betrachtete Unternehmen ist in seinem Geschäftsgebiet Weltmarktführer. In der jüngeren Vergangenheit musste allerdings immer wieder festgestellt werden, dass man von Wettbewerbern sowohl hinsichtlich des angebotenen Preises als auch der zugesagten Lieferzeiten deutlich unterboten wurde. Es wurde daher ein umfassendes Projekt initiiert, das folgende ambitionierte Zielsetzungen hatte:

  • Reduzierung der Verwaltungs- und Gemeinkosten um 25 %
  • Reduzierung von Fehlerkosten (Ausschuss, Nacharbeit, Gewährleistung)auf 0,5 % der Jahresgesamtleistung
  • Reduzierung der negativen Budgetabweichung um 80 %
  • Reduzierung der Durchlaufzeit um 30%
  • Reduzierung der Bearbeitungszeit der Ablaufprozesse um
    - 25 % in der Angebotsprojektierung und dem Engineering
    - 25 % in der Auftragsabwicklung

Im Rahmen einer fünftägigen Kurzauditierung wurden die wesentlichen Zeit- und Kostentreiber im Unternehmen identifiziert. Es zeigte sich, dass insbesondere im Rahmen der Auftragsabwicklung erhebliche Defizite in der Prozesseffizienz vorhanden waren. Diese Defizite waren zum einen durch die Organisation der Auftragsabwicklung selbst, zum anderen aber durch allgemeine Rahmenbedingungen innerhalb des Unternehmens begründet.

Da das Potenzial als sehr hoch und zu einem erheblichen Teil schnell umsetzbar einzuschätzen war, wurde ein GENESIS-Workshop initiiert. An diesem viertägigen Workshop waren zwölf Vertreter aus den Funktionen Vertrieb, Auftragsabwicklung, Beschaffung, Konstruktion, Fertigung und Montage beteiligt. Nachdem zunächst der Betrachtungsgegenstand und die Zielsetzung des Workshops definiert worden waren, wurde in einem nächsten Schritt der Ist-Prozess aufgenommen. Anschließend hatten die Workshop-Teilnehmer die Gelegenheit, alle vorhandenen prozessbezogenen Probleme im Rahmen einer Kartenabfrage zu benennen. Darauf aufbauend wurden für alle angeführten Probleme im Auftragsabwicklungsprozess insgesamt über 100 verhältnismäßig schnell umzusetzende Maßnahmen verabschiedet.

Des Weiteren wurden verschiedene größere Teilprojekte initiiert. So zeigte sich im Laufe der Problemdiskussion beispielsweise, dass in der Vertriebsphase eine nur sehr oberflächliche Risikoanalyse durchgeführt wird. Dies führt dazu, dass bei der Auftragsabwicklung zum Teil erhebliche technische und kaufmännische Probleme bewältigt werden müssen. Es wurde daher ein Teilprojekt gestartet, das neben der Implementierung einer umfassenden technischen und kaufmännischen Risikoanalyse die Entwicklung technischer und kaufmännischer Checklisten zum Ziel hat, die sicher stellen sollen, dass bei der Übergabe vom Vertrieb an die Auftragsabwicklung keine Informationen verloren gehen.

Es zeigte sich weiterhin, dass das Unternehmen faktisch über kein Produktordnungssystem verfügt. Hierdurch bedingt werden hohe Kapazitäten für Neukonstruktionen aufgewendet und die unternehmensinterne Prozesskomplexität unnötig erhöht. Es wurde daher beschlossen, im Rahmen eines zweijährigen Teilprojekts ein adäquates Produktordnungssystem aufzubauen.

Eine weitere grundsätzliche Neuerung war die Implementierung eines Quality Gate-Konzepts, das ein mit- und nachlaufendes Controlling der Geschäftsprozesse ermöglicht.

Die erarbeiteten Maßnahmen wurden am letzten Tag des Workshops hinsichtlich ihres Kostensenkungseffekts bewertet. Das Team war der Auffassung, dass eine Reduktion der Bearbeitungskosten um 22 %, der Materialkosten um 5 % und der Durchlaufzeit um 32 % realistisch ist.

Weiterführende Literatur:

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