^

Erfolgsfaktoren im After-Sales-Service

[15.12.2015]

Foto: Monkey Business - fotolia.com
Was bedeutet guter After-Sales-Service aus Kundensicht? After-Sales-Service bietet die Möglichkeit, das Primärproduktgeschäft zu stärken und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Eine von TCW durchgeführte Unternehmensbefragung identifiziert die Erfolgsfaktoren im After-Sales-Service produzierender Industrieunternehmen und zeigt Ihnen, was Kunden wirklich wollen.

Integrierter After-Sales-Service als Differenzierungsstrategie

Auf der Suche nach neuen Wegen zur nachhaltigen Wettbewerbsdifferenzierung hat sich der After-Sales-Service aufgrund seines hohen Margenpotenzials und Beitrags zur Kundenbindung als besonders aussichtsreiches Geschäftsfeld erwiesen. Denn richtig positionierte After-Sales-Leistungen helfen die Wettbewerbsposition insbesondere dann zu stärken, wenn das Produktgeschäft schwach verläuft. Doch die Harmonisierung des Produktgeschäfts und des After-Sales-Service im Rahmen eines integrierten, kundenwertorientierten Geschäftsmodells ist mit zahlreichen Hürden und Risiken verbunden, denen oftmals ein mangelndes Erfahrungswissen im Umgang mit der hohen Komplexität hybrider Leistungsbündel gegenübersteht. Um Unternehmen gezielt in der strategischen Ausrichtung und operativen Umsetzung ihres Servicegeschäfts zu stärken, beschäftigt sich das TCW mit den Erfolgsfaktoren integrierter Servicegeschäftsmodelle. Im Rahmen einer Unternehmensbefragung mit 141 KMU und Großunternehmen aus unterschiedlichen Industriezweigen und Wertschöpfungsstufen wurde der Status-quo der After-Sales-Service Landschaft in Deutschland aufgenommen. Dabei wurden die zentralen Defizite, Herausforderungen und Erfolgspotenziale zur Realisierung nachhaltiger Servicegeschäftsmodelle identifiziert.

Status-quo des After-Sales-Service-Marktes

Der Bedeutungszuwachs des After-Sales-Service-Marktes ist enorm. Dies gilt sowohl für die absoluten Umsatzzahlen als auch für die relative, strategische Bedeutung gegenüber dem klassischen Produktgeschäft. EBIT-Margen von durchschnittlich 15% ermöglichen der deutschen Industrie bereits heute, 40% ihres Gewinns mit produktbegleitenden Dienstleistungen und dem Ersatzteilwesen zu erwirtschaften. Das weltweite Volumen des After-Sales-Service-Marktes lässt sich mit 1,5 Bill. USD beziffern.

Die Unternehmensbefragung zeigt, dass der After-Sales-Service heute neben dem Ersatzteilservice und Instandsetzungsleistungen zahlreiche Dienstleistungen wie umfassende Akademie- und Schulungsprogramme, Produktupgrades, ganzheitliche technische und organisatorische Beratungsleistungen, Demontage- und Recyclingaufgaben, cloudbasierte Telemetrie-Datendienste bis hin zu hochintegrierten Betreibermodellen umfasst. Dabei bieten 9 von 10 befragten Unternehmen ihren After-Sales-Service für eigene Produkte und jedes zweite Unternehmen auch für Fremdprodukte an. Der Schwerpunkt der Serviceangebote liegt heute noch im Bereich der gering integrierten Leistungen wie etwa Ersatzteilservices und mittelstark integrierten Leistungen wie etwa Service-Flatrates mit vordefinierten Leistungsumfängen.

Während diese Modelle von 75% der Unternehmen angeboten werden, zeigt sich im Bereich der hochintegrierten und datenintensiven Leistungen ein Defizit. Lediglich 28% der Unternehmen bieten leistungs- und erfolgsorientierte Servicemodelle wie etwa den Betrieb der Produkte beim Kunden im Rahmen eines Betreibermodells an. Die Quote der telemetrie-datenbasierten Leistungen beläuft sich auf 49%. Hinsichtlich der Wertschöpfung im Service ergibt sich ein Schwerpunkt im Bereich der hohen Eigenwertschöpfungstiefe. 25% der Unternehmen weisen eine Eigenwertschöpfungstiefe von über 80% auf. Lediglich 38% der Unternehmen beziehen mehr als die Hälfte der Wertschöpfung aus Fremdkapazitäten, was auf einen geringen Kooperationsgrad in der Erbringung integrierter Servicemodelle schließen lässt.

Mangelndes Komplexitätsmanagement im After-Sales-Service

Die strategische Planung und inhaltliche Ausgestaltung des After-Sales-Service stellt viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Denn die Integration von materiellen Primärprodukten und produktbezogenen Serviceumfängen zu kundenorientierten, hybriden Leistungsbündeln ist mit den klassischen Instrumenten des Produktmanagements nur schwer zu bewältigen. Neben dem externen Anforderungsprofil, das sich aus markt-, kunden- und wettbewerbsbezogenen Einflussfaktoren zusammensetzt, ist im After-Sales-Service das materielle Produktprogramm als zusätzliche Quelle der internen Komplexität zu berücksichtigen. So haben integrierte Serviceprodukte wie Service-Level-Agreements und Anlagen-Leistungsgarantien sowohl den individuellen Anforderungen der Kunden als auch den technischen Gegebenheiten der Basisprodukte zu entsprechen.

Dies hat weitreichende Auswirkungen auf unterschiedliche Bereiche des Unternehmens. Eine schnelle Auftragsabwicklung, eine hocheffiziente Ersatzteillogistik, ein ausreichend dimensionierter Pool an qualifizierten Servicekräften und eine flexible Personaleinsatzplanung sind zwingende Voraussetzungen für die Realisierung leistungsorientierter Serviceangebote. Die daraus resultierende zusätzliche interne Komplexität muss in ein harmonisches Verhältnis zu dem zusätzlich realisierbaren Kundennutzen gesetzt werden. Dem klassischen Produktmanagement stehen zahlreiche Instrumente zur Reduzierung der vermeidbaren Komplexität und zur gezielten Ausrichtung der nicht vermeidbaren Komplexität am Kundenwert zur Verfügung. Aufgrund des teilweise immateriellen Charakters von After-Sales-Service-Leistungen sind diese Strategien und Instrumente nur bedingt übertragbar.

Diese Problematik spiegelt sich in einem defizitären Komplexitätsmanagement vieler Unternehmen im Bereich des After-Sales-Service wider: 48% der befragten Unternehmen haben das Produktprogramm- oder Komplexitätsmanagement für ihr Servicegeschäft nicht organisatorisch verankert. Bei weiteren 28% ist die Funktion organisatorisch als Unterabteilung einer Fachabteilung eingeordnet. Auch die Messung der Komplexität wird von vielen Unternehmen sträflich vernachlässigt. 49% der befragten Unternehmen verfügen über kein Messkonzept für Komplexität. Nur 29% haben ein quantitatives Messkonzept implementiert.

Erfolgstreiber: Komplexitätsmanagement

Komplexität zu messen und aktiv zu steuern stellt eine Aufgabe dar, der sich viele Unternehmen nicht gewachsen fühlen. Häufig wird dies damit begründet, dass der Einfluss der Vielfalt auf die Kosten- und Ertragssituation des Unternehmens durch kurzfristige Maßnahmen direkter beeinflusst werden kann, als durch umfangreiche, dauerhaft implementierte Komplexitätsmesskonzepte. Ein im Rahmen der Befragung durchgeführter Best-Practice-Check entkräftet diese Behauptung und macht die Tragweite des Komplexitätsmanagements als zentrales Instrument zur Verbesserung der Erfolgssituation des After-Sales-Service deutlich.

Die Abbildung zeigt die Korrelationen, die sich zwischen dem Implementierungsgrad des Komplexitätsmanagements und der Ausprägung zentraler Erfolgsfaktoren ergeben. Die Nulllinie stellt den Durchschnitt der Stichprobe dar. Diejenigen Unternehmen, die ein quantitatives, kennzahlengestütztes Komplexitätsmanagement implementiert haben schneiden in allen gemessenen Erfolgsgrößen des After-Sales-Service deutlich besser ab, als der Durchschnitt. Bei qualitativ ausgeprägten Komplexitätsmanagementsystemen ist dieser Effekt zwar abgeschwächt, aber noch deutlich erkennbar. Unternehmen, die kein aktives Komplexitätsmanagement betreiben, schneiden hingegen sowohl in den kosten- als auch in den ertragsbezogenen Erfolgsdimensionen deutlich schlechter als der Durchschnitt ab. Referenzzahlen bestärken das Ergebnis: Durch die Modularisierung des Serviceportfolios sowie der dahinterliegenden Prozesslandschaft konnte das TCW in vergangenen Projekten Potenziale zur Reduzierung der Servicekosten um 24% bis 50% und die Durchlaufzeit von Serviceaufträgen um 15% bis 64% realisieren.

Publikationen

VorherigeNächste