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Gemeinsam wettbewerbsfähig: Entwicklungspartnerschaften zwischen Zulieferern und Abnehmern

[21.05.2002]

Foto: alphaspirit / fotolia.com
Gemeinsam zu mehr Erfolg

"Eine allgemeine Korrelation von Größe und Stärke ist nicht zu finden. Wer intelligent kooperiert, multipliziert," so Prof. Joachim Milberg, der im Rahmen des Münchner Management Kolloquiums die Premiumstrategie der BMW-Group vorstellte.

Eine Premiumstrategie umzusetzen, bedeutet, die Zusammenarbeit systematisch durch geeignete Methoden zu gestalten. Im Rahmen der Entwicklungsphasen Definitionsphase, Konzept­entwicklung, Serienentwicklung, Serienfertigung und Serienauslauf gilt der Konzeptwettbewerb als essentieller Prüfstein für die Beziehung zwischen Zulieferindustrie und Hersteller. Der Konzeptwettbewerb löst aber auch in den Einkaufsprozessen einen Wandel aus, da diese dem Produktlebenszyklus folgend verlagert werden. Der Einkauf bestimmt die Kriterien für die Lieferantenvorauswahl und ist auf dem Gebiet der Beschaffungsmarktforschung tätig. Weiterhin wird der Einkauf im Rahmen der Erstellung der Anlagenunterlagen Kontakt zu den Zulieferunternehmen halten sowie an der Vorstellung des Konzeptes durch die Lieferanten, aber auch an der Konzeptauswahl teilnehmen.

Der Ablauf des Konzeptwettbewerbs für die Lieferantenauswahl ist durch drei wesentliche Schritte charakterisiert: Formulierung der Ziele des Wettbewerbs, Festlegung der Wettbewerbsart und -beteiligung sowie Festlegung des Wettbewerbsverfahrens. Die Zielformulierung des Wettbewerbs beinhaltet die Suche nach der optimalen Entwicklungslösung für eine bestimmte Komponente, die Auswahl des besten Lieferanten und umfasst die Festlegung sonstiger Ziele wie die Gewinnung von Markttransparenz. Sobald diese Ziele fixiert sind, gilt es, die Wettbewerbsart und die -beteiligung zu bestimmen. Hierzu wird das Versorgungsobjekt definiert und der Wettbewerbsumfang abgegrenzt, ob es sich um einen Grundsatz- und Programmierungs­wettbewerb, um einen Ideen-, Realisierungs- oder Qualifikationswettbewerb handelt. Des weiteren wird die Weitergabe der Komponentenentwicklung und -produktion festgelegt. Im einzelnen wird ferner die Anzahl der Wettbewerbsstufen, die Auswahl der Verfahrensform (kooperativ/anonym) festgehalten und über den Zulassungsbereich der Mitwirkenden entschieden. Abschließend ist in dieser Phase des Konzeptwettbewerbs der Leistungsumfang zu definieren. Im dritten Schritt - der Festlegung des Wettbewerbsverfahrens - werden die Bewertungsmethode und -kriterien, das Beurteilungsgremium sowie das -verfahren fixiert. Weiterhin sind Überlegungen hinsichtlich der Bekanntgabe des Beurteilungsverfahrens und der Ergebnisse des Konzeptwettbewerbs zu treffen.

Die Einladung zum Konzeptwettbewerb erfolgt durch den Versand von Anfrageunterlagen in Form eines Lastenheftes. Der Abnehmer fixiert einerseits die Funktionsbeschreibung der gewünschten Module und die Qualität und gibt andererseits die Zielkosten vor. Das Lastenheft umfasst das erwartete Mengengerüst, die Anforderungen hinsichtlich des Logistikkonzepts sowie die Gewährleistungsbedingungen. Im Rahmen des Konzeptwettbewerbs erarbeiten die Lieferanten erste Bauteilbeschreibungen, dokumentieren die Technologien sowie die Versorgungs- und Produktionslogistik und stellen den weiteren Terminplan zusammen. Die Zulieferer haben die Möglichkeit, eigene Konstruktionen von Untergruppen für verschiedene Kunden einzusetzen; dies eröffnet ihnen zusätzlich einen Spielraum für Effizienz- und Qualitätssteigerungen. Der Konzeptwettbewerb wird durch die Grundsatzentscheidung des Abnehmers über das technische Konzept und den Lieferanten, der für die Ausführung ausgewählt wurde, abgeschlossen. Dabei fließen die Eigenschaften der Lieferanten wie Innovationskraft, Prozessbeherrschung und Flexibilität sowie das eingesetzte Qualitätssicherungssystem als Auswahlkriterien mit ein. Im Hinblick auf die Unternehmensnetzwerke zeigt sich, dass über diese Kriterien hinaus auch das Verbundpotenzial der Zulieferunternehmen, aber auch deren Integrationspotenzial als Auswahlgesichtspunkte an Bedeutung gewinnen.

Wesentliche Entscheidungsgrundlagen für den Konzeptwettbewerb bilden Bewertungsmatrizen mit Auswahlkriterien und Gewichten, der Abgleich mit den Anforderungen mit FMEA, mit anderen Entwicklungsumfängen und Schnittstellen sowie die Lieferantenchecklisten, die einen Pre-Check ermöglichen. Zudem werden Methoden wie das QFD, Wertanalysen oder das Target Costing eingesetzt, um eine systematische Anwendung der Methoden Konzeptalternativen zu bewerten und so die Erreichung der Zielsetzung sicherzustellen.

Bei BMW beispielsweise findet bereits fünf Jahre vor Serienbeginn einer neuen Modellreihe ein solcher Konzeptwettbewerb statt, um weltweit die kompetentesten Zulieferer für die Entwicklung zu gewinnen. Entsprechend dem Vorgehen des Konzeptwettbewerbs kommt es zu einer Reduzierung der Fertigungstiefe beim Abnehmer und einer Konzentration der Lieferanten. Die dadurch begründete Zusammenarbeit ist auf die gesamte Laufzeit einer Produktgeneration angelegt und führt zu einer zeitlichen und inhaltlichen Bindung der Zulieferunternehmen an die Hersteller, die weit über die traditionellen Lieferbeziehungen hinausgeht. Der Konzeptwettbewerb fördert auf diesem Weg konkret den Zeit-, Kompetenz-, Preis-, Qualitäts- und Innovationswettbewerb. Diese Form der Zusammenarbeit erfordert andere Spielregeln, die mit dem typischen Schwarz-Weiß-Gegensatz von Kooperation und Konkurrenz nicht ausgedrückt werden können. Die zugrunde liegende Strategie ist vielmehr durch den Begriff der Coopetition geprägt. Diese Philosophie bringt die Kooperation im Dienste der Konkurrenzfähigkeit zum Ausdruck. Die Folge ist, dass zwischen zwei Unternehmen zu ein und demselben Zeitpunkt in bestimmten Geschäftsfeldern kooperative, in anderen hingegen kompetitive Beziehungen bestehen können. Im Rahmen der Coopetition gilt es gleichzeitig, bewusst aufeinander abgestimmte Kooperation und Konkurrenz zu kombinieren, um über produktive Wettbewerbskräfte dauerhafte Unternehmensvorteile zu erringen.

Diese Konstellation ist aus Sicht der Zulieferunternehmen problematisch, da sie einerseits gezwungen sind, weltweit anzubieten, um ihre Stückzahlen zu erreichen. Andererseits müssen sie Ideen liefern - nicht nur Preise -, obwohl sie eigentlich Produkte verkaufen wollen. Weiterhin ist durchaus vorstellbar, dass ein Zulieferunternehmen zwar das beste Konzept im Wettbewerb einreicht, selbst aber nicht über die entsprechende Kapazität verfügt, dieses zu entwickeln und später auch zu fertigen. Auch die räumliche Nähe eines potenziellen Zulieferanten ist in die Entscheidung der Lieferantenwahl mit einzubinden. Des weiteren kann sich die rechtliche Ausgestaltung des Wettbewerbs als problematisch erweisen, insbesondere, wenn man patentrechtliche Aspekte bedenkt.

In der Konsequenz wird aber in empirischen Untersuchungen deutlich, dass Unternehmen zunehmend auf Kooperationen setzen und diese gezielt nutzen, um einen Kundenwert zu schaffen, der über dem des Branchendurchschnitts liegt. Für interessierte Unternehmen bieten wir die Teilnahme am neu gegründeten Arbeitskreis "Gemeinsam wettbewerbsfähig - Entwicklungs­partnerschaften zwischen Zulieferer und Abnehmer" an.

Weitere Informationen entnehmen Sie gerne unserer Homepage:
"Entwicklungspartnerschaften in der Automobil- und Zulieferindustrie"

Literatur :

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