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Kooperationen zwischen Lieferanten und OEM beim Global Sourcing

[07.01.2009]

Foto: sveta / fotolia.com

Kooperationen zwischen Lieferanten und OEM kommt bei der Realisierung von Beschaffungs- und insbesondere Global Sourcing Potenzialen eine hohe Bedeutung zu. TCW zeigt, wie dies in Projekten erfolgreich umgesetzt wurde. Das Konzept begreift 1st-tier Lieferanten als Wertschöpfungspartner und strebt eine Verbesserung der Kostenposition durch globale Beschaffung an.

Das betrachtete Unternehmen stand vor der Herausforderung sinkender Margen in einem wichtigen Produktbereich im unteren Preissegment bei gleichbleibend hohen Qualitätsanforderungen. Die Kernkompetenz des Unternehmens umfasst die Entwicklung, Montage und Qualitätskontrolle der Geräte, so dass eine Vielzahl von Fertigungsprozessen in den vergangenen Jahren an Lieferanten ausgegliedert wurde. Dies stellte insofern eine zusätzliche Herausforderung dar, da Lieferantenwechsel auf 1st-tier Ebene aufgrund von Qualitäts- und Zertifizierungsüberlegungen nicht angestrebt wurde, die Global Sourcing Quote und damit die Kostenposition der Produkte dennoch erhöht werden sollte.

Aufgrund dieser Restriktionen entschied sich das Unternehmen für einen kooperativen Ansatz im Rahmen eines TCW-Beratungsprojektes, bei dem Lieferanten in die Analyse und Umsetzung mit einbezogen werden sollten. Die gemeinschaftliche Analyse der Abnehmer-Lieferanten-Beziehung zielte auf Lieferantenwechsel und Einsparungen auf 2nd-tier Ebene ab. Das betrachtete Unternehmen konnte von diesen Einsparungen direkt profitieren, die Lieferanten auf 1st-tier Ebene wurden bei der Umsetzung von Maßnahmen extern unterstützt und konnten so Maßnahmen und erzielte Einsparungen auch für andere Kundensegmente realisieren und so ebenfalls vom Projekt monetär profitieren.

Für die Projektvorgehensweise wurde ein zweistufiges Verfahren ausgewählt. In einem ersten Schritt wurden die 1st-tier Lieferanten des betrachteten Unternehmens analysiert, um Potenzialquellen zu identifizieren und eine Priorisierung der Lieferanten in Bezug auf die kooperative Zusammenarbeit vornehmen zu können. Die Analyse umfasste dabei eine Top-down Abschätzung der Global Sourcing Potenziale der jeweiligen Lieferanten, basierend auf den im Unternehmen vorhandenen Informationen wie Beschaffungsvolumen, Produktionsstruktur, Lieferantennetzwerk oder auch auf detaillierten Kostenstrukturen.



Die häufig vernachlässigten Faktoren des Total Cost of Ownership Ansatzes wie zusätzliche Qualitäts- und Logistikkosten sowie Kosten für zusätzliche Prozesse der Koordination und Qualitätssicherung wurden ebenfalls in dem Top-down Ansatz berücksichtigt.


Im Anschluss daran erfolgte mit ausgewählten Lieferanten in kooperativer Zusammenarbeit eine bottom up Betrachtung der bedeutsamsten Komponenten. Hierzu wurden detaillierte Kostenstrukturen aufgenommen, Fertigungsprozesse und -netzwerke analysiert, die Lieferantenbasis der 1st-tier Lieferanten in Hinsicht auf Global Sourcing Potenziale bewertet und die gesammelten Erkenntnisse wiederum in einer Gesamtkalkulation für den jeweiligen Lieferanten zusammengeführt. Dies ermöglichte einen direkten Vergleich der abgeschätzten Top-down sowie der kalkulierten bottom up Ergebnisse. Dieser Vergleich war bedeutsam, da das Unternehmen den Grad der Verlässlichkeit der Top-down Ergebnisse ermitteln wollte, um Ressourcen auch an der richtigen Stelle - sprich in den richtigen Projekten und bei den potenzialträchtigen Lieferanten - einzusetzen.


Wie Abbildung 4 zeigt ergaben sich zwischen den Top-down und bottom up Kalkulationen lediglich Unterschiede in Höhe von 2,5% auf 1st-tier und 6% auf 2nd-tier Ebene, so dass also die Verlässlichkeit der Top-down Ergebnisse nachgewiesen war und auch mit diesen Ergebnissen - ohne für jeden einzelnen Lieferanten jeweils erneut bottom up kalkulieren zu müssen - weiter gearbeitet werden konnte.

Phase 3 des Projektes umfasste nun die gemeinschaftliche Ableitung von Beschaffungsstrategien und die Definition und Umsetzung von Maßnahmen.


Hierzu wurden mit den Lieferanten die bisherigen Erkenntnisse aus den Analysen in gemeinsamen Workshops zunächst diskutiert und Lösungsstrategien aufgezeigt. Es zeigte sich, dass aufgrund der geringen Größe einiger Lieferanten diese mit kapazitativen Problemen bei der Umsetzung der Strategien konfrontiert waren, da beispielsweise eine Einkaufsabteilung mit zwei Mitarbeitern es kaum bewältigen kann, neue Sourcingquellen in Asien zu evaluieren und aufzubauen. Hier einigten sich OEM und Lieferanten ebenfalls auf ein kooperatives Vorgehen, indem von Seiten des Herstellers Kapazitäten in Form von eigenen Mitarbeitern und Beratungsressourcen für die Projektumsetzung zur Verfügung gestellt wurden.

Im Rahmen des Projektes wurden drei Kernergebnisse erreicht:

  • Verbesserung der Transparenz:
    Aufgrund der Auslagerung von Aktivitäten hat das betrachtete Unternehmen Know-how abgegeben und im Verlauf der Zeit die Transparenz über die Abläufe im eigenen Wertschöpfungsnetz verloren. Durch detaillierte Analyse der Lieferanten auf 1st- und 2nd-tier Ebene konnte diese zu einem Großteil - nicht nur in Bezug auf Kosteninformationen - wieder hergestellt werden.
  • Realisierung von Einsparungen auf 1st-tier Ebene:
    Da ein Großteil der 1st-tier Lieferanten in Deutschland ansässig ist, lagen hier die größten Potenziale in Bezug auf Global Sourcing Potenziale. Durch die Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten in zum Teil schon bestehende Fertigungsstandorte in Niedriglohnländern konnten auf dieser Ebene erhebliche Potenziale realisiert werden.
  • Realisierung von Einsparungen auf 2nd-tier Ebene:
    Die kooperative Zusammenarbeit zwischen Abnehmer und Lieferant sowie die Realisierung von Kosteneffekten auf beiden Seiten führte zu einer sehr positiven Zusammenarbeit und einem erheblichen Engagement auch auf Seiten der Zulieferer. So gelang es gemeinschaftlich, bestehende 2nd-tier Lieferanten in Verhandlungen erheblich im Preis zu senken oder diese komplett gegen deutlich kostengünstigere Lieferanten auszutauschen. Erfolgsfaktoren in den Verhandlungen waren dabei die systematische Vorbereitung bestehender Informationen (im Rahmen des Projektes mit Unterstützung durch das TCW) sowie das gemeinsame und koordinierte Auftreten von Abnehmer und 1st-tier Lieferant gegenüber den 2nd-tier Lieferanten.

Es hat sich also gezeigt, dass auch in Zeiten verschärften Wettbewerbs und gerade bei Fragestellungen des Global Sourcing kooperative Ansätze aufgrund der Marktmacht und Informationsvorsprünge der Akteure erhebliche Potenzialrealisierungen ermöglichen. Hierzu gilt es jedoch, Anreize auf beiden Seiten der Kooperation zu schaffen und ein systematisches Vorgehen zu gewährleisten. Bei ersterem hat sich der Einsatz einer externen Beratung als Intermediär und Vertrauensfunktion für beide Seiten bewährt; Letzteres wurde durch die kontinuierliche Betreuung und Aktivitäten des TCW sichergestellt.

Weiterführende Literatur:

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