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Logistikstrategie in Zeiten des Anbietermarkts

[05.04.2019]

Foto: leszekglasner - fotolia.com
Große Waren mit wenig Gewicht und Wert innerhalb von 24 Stunden beim Kunden zu haben stellt bereits eine Herausforderung dar. Wenn nun aber die Produktionswerke örtlich in weniger besiedelten Gebieten gebunden sind, gleicht diese Herausforderung einer logistischen Meisterleistung. Wie sieht hierzu die geeignete Strategie aus? Kann man sich überhaupt an der Best in Class Logistik von beispielsweise Amazon orientieren oder müssen gänzlich neue Wege eingeschlagen werden? Mit Hilfe des TCW hat ein großes Unternehmen der Baustoffbranche die eigene Logistikstrategie analysiert und gezielte Verbesserungen vorgenommen, um die gestiegenen Kundenanforderungen bestmöglich zu erfüllen.

Herausforderung

Verstopfte Straßen auf deutschen Autobahnen auf der einen Seite, entfernt gelegene oder nur umständlich zu erreichende Zielorte auf der anderen Seite: Wer sich mit der Logistik und den dabei existierenden Problemen beschäftigt, stößt immer wieder auf diese Gegensätze. Die Beispiele sind ebenso vielfältig wie simpel. Wenn sich ein 18-Tonner durch die Straßen einer Großstadt quält, weil ein Kunde noch auf Ware wartet bzw. das Anlieferzeitfenster schließt, dann offenbart sich nicht nur beim Gewichtsverhältnis, dass hier regionsübergreifend weitreichender gedacht werden muss. Hinzu kommt, dass speziell außerhalb der Verkehrsknotenpunkte die Verfügbarkeit von Frachtraum nicht gegeben ist und sich die vorhandenen Spediteure und Fahrer somit Routen und Kunden quasi aussuchen können. Gerade wenn die Transportkosten bei geringem Warenwert eine besonders große Rolle spielen, steht man vor einer weiteren Herausforderung. Wie geht man in diesem Fall vor um eine smarte Logistikstrategie zu konzipieren?

Ein Unternehmen aus der Baustoffbranche stand vor genau dieser Aufgabe. Eine weitere unternehmensspezifische Herausforderung bestand darin, dass die Produktionsstandorte verschiedener Waren in ganz Deutschland verteilt sind und noch dazu in weniger besiedelten Gegenden. Dies zieht am Standort zusätzlich eine geringe Frachtraumverfügbarkeit nach sich. Der Kunde, in diesem Fall entweder Händler oder Endkunde, ist hohe Flexibilität gewohnt und pocht auf das Lieferversprechen innerhalb von 48 Std. In diesem Strategie-Projekt galt es zunächst, den Status quo mit Hilfe der Quellen-Senken Analyse festzuhalten. Welche Waren werden wo produziert und wo befinden sich die Hauptkunden? Der Hauptgrund für die Quellen ist dabei das Rohstoffvorkommen, sodass man nach dieser Analyse erkennen konnte, dass sich das Frachtaufkommen in den nächsten Jahren weiter erhöhen wird.


Zentral oder Dezentral?

Um den Kunden termingerecht zu beliefern, sollte die Entfernung für den finalen Transport nicht allzu groß sein. So kann der Einfluss unvorhergesehener Ereignisse, wie Sperren und Verkehrsaufkommen, so gering wie möglich gehalten werden. In der Ausarbeitung der Logistikstrategie gab es zwei Ansatzpunkte. Mehrere Zentrallager in der Nähe der größten Senken mit genügend Lagerfläche für alle Produkte im Sortiment oder die bestehenden Produktionsstandorte als Zwischenlager und Umschlagplätze nutzen. In mehrtägigen Workshops an den Produktionsstandorten und zusammen mit der konzernweiten Logistik wurden beide Varianten nach dem TCO Prinzip betrachtet und durchkalkuliert. Dabei galt es neben den externen Einflüssen auch interne Herausforderungen wie das rechtzeitige Bereitstellen der Waren und den automatischen Transport dieser innerhalb des Produktionswerkes hin zum Kommissionierlager zu betrachten. Schließlich waren vor allem die hohen Investitionskosten für Zentrallager ausschlaggebend gegenüber den zusätzlichen Lagerkosten am Standort sowie der Integration von Kommissionieraufwänden im Produktionswerk.


Fazit

Um am preislich sehr umkämpften Baustoffmarkt zu bestehen, muss man den Kunden zufriedenstellen. Dies gelingt neben einem hervorragendem Produkt vor allem auch mit der kurzfristigen Verfügbarkeit der Ware. Wenn ein Facharbeiter auf der Baustelle die Ware benötigt, dann muss diese so schnell wie möglich geliefert werden, um keine Verzögerung am Bau zu riskieren. Dass diese Flexibilität in der Logistik ein ausgeklügeltes System und durchdachte Strategie erfordert, liegt auf der Hand. Nach intensiver Analyse und Warenbewegungen ist man zu dem Entschluss gekommen, aus Kostengründen die derzeitigen Produktionswerke als Umschlagsplätze und Lager zu benutzen. Die sogenannte „letzte Meile“ wird dann mit vorkommissionierten Waren in kleineren LKWs transportiert. Mit den Projektergebnissen konnte hier schließlich eine Entscheidung gefunden werden. Jedoch wird man die Kapazitäten an den Standorten genau im Auge behalten müssen, da mit wachsendem Volumen und immer größer werdenden Ansprüchen seitens des Kunden diese Strategie in ein paar Jahren erneut auf den Prüfstand gestellt werden muss.

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