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Applikations- und Mehrpreisfähigkeitsanalyse für 3D-Druck durch Messeaudits

[08.12.2020]

Foto: Sergey Nivens - stock.adobe.com

Der 3D-Druck bietet neue, profitable Produktfelder für Unternehmen. Die auch als Additive Manufacturing bezeichneten Technologien ermöglichen es, komplexe, filigrane Strukturen in geringer Stückzahl zu fertigen. Aber nicht jeder Anwendungsfall lohnt sich aufgrund der oft höheren wiederkehrenden Fertigungskosten. Um gezielt profitable Applikationen zu identifizieren, bietet TCW Messeaudits als Beratungsansatz. In der vorliegenden Fallstudie konnte TCW in Zusammenarbeit mit seinem Kunden auf diese Weise vielversprechende Geschäftsfelder identifizieren und den Aufbau des Geschäftsfelds fokussieren.

Vorhandene Kompetenzen für die additive Fertigung nutzen

Um ein erfolgreiches Geschäftsfeld auf Basis der additiven Fertigung aufzubauen, ist Know-how für alle eingesetzten Technologien, aber auch über das angebotene Produkt und den Markt notwendig. TCW setzt daher mit seinen Kunden an den bestehenden Kompetenzen an, um den 3D-Druck als sinnvolle Erweiterung im bestehenden Portfolio zu platzieren. Im vorliegenden Beispiel wies unser Kunde ein tiefgreifendes Materialverständnis auf, das als Ausgangspunkt für den Aufbau des additiven Geschäftsfelds gesehen wurde. Die identifizierten Alleinstellungsmerkmale dienen als Ausgangspunkt für die Analyse der Mehrpreisfähigkeit gegenüber konventionellen Produkten. Diese Mehrpreisfähigkeit ist essenziell für die Rechtfertigung der additiven Fertigung, da sich die direkten Fertigungskosten oft durch den Einsatz der 3D-Druckverfahren steigern. Der durch die additive Fertigung implementierbare Kundennutzen rechtfertigt jedoch regelmäßig die entstehenden Mehrkosten und ermöglicht gleichzeitig hohe Margen auf Anbieterseite. Die Herausforderungen in dem betrachteten Fallbeispiel bestanden dabei in der Identifikation von Applikationen und Branchen, welche sich auf Grundlage des spezifischen Materialwissens des Unternehmens dieser Fallstudie für den 3D-Druck eignen und welches Mengenpotenzial sich ergibt. Zusätzlich wurde das Produktportfolio des Unternehmens untersucht, um Anknüpfungspunkte zu bestehenden Kunden zu identifizieren. Das Ziel lag in dem Eintritt in einen Marktbereich mit einer begrenzten Anzahl an Wettbewerbern und somit in der Einnahme einer Nischenposition.

Video: The opportunities of additive manufacturing - Prof. Dr. Horst Wildemann

Messeaudits zur Applikations- und Mehrpreisidentifikation

Bei der Analyse möglicher Applikationen ist die Einbindung des Kunden von elementarer Bedeutung, um eine langfristige Marktpenetration zu garantieren. Als Möglichkeit für einen neutralen Kundenzugang wurde die Methode des Messeaudits gewählt. Um mit Hilfe der Messeaudits die relevanten Informationen über Kunden und Wettbewerber zu sammeln, orientiert sich TCW an seinem bewährten Ansatz zur Planung und Durchführung von Messeaudits. In Verbindung mit langjähriger Expertise unterstützt TCW bei allen Stufen eines Messeaudits.


Im ersten Schritt werden mit TCW als Diskussionsleiter die Kompetenzen des Kunden analysiert und die vorhandenen Alleinstellungsmerkmale herausgearbeitet, welche im 3D Druck umsetzbar sind. Eine Konkretisierung von Zielbranchen für das Produktangebot ist wegweisend für das weitere Vorgehen, um ein genaues Anforderungsprofil an die Zielprodukte erstellen zu können. Das Wertversprechen muss definiert werden, um den erreichbaren Mehrpreis durch die Umstellung von konventioneller auf additive Fertigung anschaulich zu machen. Gemeinsam mit den Mitarbeitern werden Ziele und Inhalte, welche für die Durchführung des Messeaudits notwendig sind, definiert. Zur Vorbereitung gehören Workshops, in denen die Mitarbeiter über den Prozess, die genaue Vorgehensweise des Audits informiert und die Bewertungskriterien zur Aufstellung der Messe-Audit-Fragebögen festgelegt werden.

Welchen Einfluss die Mehrpreisfähigkeit durch die additive Fertigung auf ein Produkt haben kann, lässt sich anhand von zwei Beispielen erläutern. Im Endkundenbereich (B2C) bieten Unternehmen die Individualisierung von Produkten an, die mittels 3D-Drucktechnologie erreicht wird. Ein individualisiertes Kunststoffgestell vom Anbieter You Mawo wird zu einem Endpreis von 399 Euro angeboten. Im Vergleich kostet ein Brillengestell, das nicht von einem besonders starken Markennamen profitiert 144 Euro. Der Endpreis lässt sich im Vergleich somit um 177% steigern. Im B2B-Bereich ist die Mehrpreisfähigkeit eines Produktes stärker vom individuellen Anwendungsfall und den möglichen Einsparungen auf Kundenseite getrieben. Ein exemplarischer Anwendungsfall ist ein Zahnrad mit einer endkonturnahen Kühlung, durch die die Einsatzgeschwindigkeit des Bauteils gesteigert werden kann. Im Resultat erhöht sich die Wirtschaftlichkeit und somit die Overall Equipment Effectiveness der Anlage, in der ein solches Bauteil eingesetzt wird. Hier ist die Mehrpreisfähigkeit weitaus schwieriger zu ermitteln. TCW unterstützt durch Branchenexpertise und neutrale Kontakte zu potenziellen Kunden, um den entstehenden Kundennutzen und die von diesem Nutzen abhängige Mehrpreisfähigkeit zu ermitteln. Insbesondere bei vollautomatisierten und gleichzeitig vollständig ausgelasteten Anlagen kann die Steigerung der Taktzeit einen wesentlichen Hebel bedeuten, der den Preis des bestehenden Bauteils um ein Vielfaches übersteigt.


Entsprechend der Kundenansprüche können die Messeaudits selbstständig durch TCW-Berater oder gemeinsam mit Unternehmensmitarbeitern durchgeführt werden. Eine aus Kundensicht anonyme Marktbefragung durch TCW ist somit im ersten Schritt möglich. Durch Feedbackrunden mit dem Kunden und Anpassung des Auditverfahrens werden sämtliche Daten zu den verschiedenen Kunden- und Markanforderungen der Branchen und deren Produktgruppen erhoben. Probleme im Produktportfolio der Messeteilnehmer, die sich durch den Einsatz der additiven Fertigung bewältigen lassen, können so gemeinsam mit der Brancheneinstellung gegenüber der additiven Fertigung und möglichen Einstiegshürden identifiziert werden.

Ableitung von Mengen- und Umsatzpotenzialen anhand identifizierter Applikationen

Die erhobenen Daten werden im Anschluss gemäß der definierten Bewertungskriterien analysiert. Hierfür sind die genaue Konsolidierung und Dokumentation des Messeaudits entscheidend. Anhand der erhaltenen Daten wird ein Mengenpotenzial abgeleitet. Ausgangspunkt stellen hierbei die im Rahmen der Messeaudits identifizierten, potenziellen Kunden und die erfassten Zielapplikationen dar. Um das Gesamtpotenzial zu erfassen, wird die Marktgröße und -entwicklung der Kundenbranchen als Basis für die Extrapolation der möglichen Absatzzahlen einer Applikation genutzt. Auf Grundlage konventioneller Verkaufspreise und der Berücksichtigung der umsetzbaren Mehrpreisfähigkeit kann anschließend das erreichbare Gesamtumsatzpotenzial des additiven Geschäftsfelds abgeleitet werden. Durch einen Business Case Check lässt sich anschließend feststellen, für welche Applikationen der 3D-Druck das größte Potenzial aufweist. Auf Grundlage dieser Daten können Handlungsempfehlungen ausgesprochen und gegebenenfalls weitere Analysen vorbereitet werden.


In dem vorliegenden Fallbeispiel war es TCW möglich, eine detaillierte Analyse verschiedener Produktgruppen durchzuführen und diese durch die Berechnung der Mengenpotentiale in Kombination mit der Marktattraktivität der Branche zu bewerten. Da die Branchen der Kunden unterschiedliche Eigenschaften an einem Bezugsprodukt priorisieren, konnte ein genaues Anforderungsprofil an den 3D-Druck anhand der, aus dem Messeaudit resultierenden Erkenntnisse und Bewertungen erarbeitet werden. Auf Grundlage der Ergebnisse entschied sich unser Kunde für den Aufbau der additiven Fertigung mit dem Einstieg in den identifizierten Zielbranchen und -applikationen.

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