^

Professionelle Krisenbewältigung - Herausforderungen meistern

[01.03.2010]

Foto: WavebreakmediaMicro / fotolia.com

Wo in den vergangenen Jahren noch kontinuierliches Wachstum prognostiziert wurde, stehen Unternehmen heute vor der Herausforderung mit Auftragsrückgängen von bis zu 50% des Ausgangsvolumens umzugehen. Durch den hohen deutschen Exportanteil sind wir unfreiwillig in die Rolle des Stoßdämpfers der Welt geraten. Während die USA im ersten Quartal im Jahresvergleich ihre Warenimporte um 360 Milliarden Dollar stärker schrumpfen ließen als die Exporte und China seinen Handelsüberschuss um 70 Milliarden Dollar vergrößern konnte, hat sich Deutschlands Handelsüberschuss um 170 Milliarden Dollar verringert. Vergleichbar ist diese Wirkung mit einem gigantischen Konjunkturprogramm von Deutschland für die Welt.

Ein weiterer Aspekt der Krise betrifft die verminderte Verfügbarkeit frischen Kapitals zur Refinanzierung des Unternehmens. Dies ist insbesondere bei börsennotierten Unternehmen relevant. Ein Eigenkapitalanteil von häufig weniger als 30% und der damit verbundene hohe Anteil der Fremdfinanzierung führt zu Liquiditätsengpässen, die so nicht erwartet oder auch eingeplant wurden. Verstärkend kommt hinzu, dass generelle Trends, wie die zunehmende internationale Verflechtung der Unternehmen, steigende Kundenanforderungen, zunehmende Programmkomplexität sowie eine generelle Verschärfung des Wettbewerbs zu einer höheren Volatilität der Märkte führen und eine langfristige Planung stark erschweren. Analysen in der Metall und Elektroindustrie zeigen, dass bereits ein Umsatzrückgang von mehr als 14% ein Unternehmen in die Verlustzone geraten lässt. Bei einer durchschnittlichen EBIT-Marge von 5% gilt es bereits bei geringfügigen Umsatzeinbrüchen, ein professionelles Programm zur Krisenbewältigung zu etablieren. Während die Ursachen der Krise „gebetsmühlenartig“ diskutiert und hinterfragt werden, kommt die Analyse dessen, weshalb speziell auch Deutschland so stark von der Krise getroffen wurde, häufig zu kurz. Dies ist insbesondere aufgrund der teils drastischen Auswirkungen der Krise nicht nachvollziehbar. Jede Krise birgt Gefahren, ist aber auch gleichzeitig Vorphase wirtschaftlichen Wachstums. Teil der Krisenbewältigung muss es daher sein, sowohl Stellhebel zu identifizieren, mit deren Hilfe sowohl die Herausforderungen als auch die Chancen einer Krise effektiv und effizient gemeistert werden können sowie robuste Handlungsmuster abzuleiten, die nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum im Anschluss an eine Krise gewährleisten. Im Rahmen unzähliger Herausforderungen aber auch expliziter Chancen die eine Krise dieses Ausmaßes mit sich führt, haben sich Führungskräfte dabei folgende Fragen zu stellen:

Wie können wir ...

  • ...Gefahrenpotenziale für unser Unternehmen zukünftig frühzeitig erkennen?
  • ...in schwierigen Zeiten auf „Sicht fliegen“ und kurzfristig steuern?
  • ...operative Exzellenz kurzfristig auch in Krisenzeiten erreichen?
  • ...effizient finanzielle Polster aufbauen und die Kriegskassen füllen?
  • ...unsere Strukturen und Prozesse flexibel und anpassungsfähig gestalten?
  • ...neue Wege gehen und uns strategisch auf dem globalen Markt positionieren?

Für Unternehmen die kurzfristig reagieren müssen, da sie unmittelbar in ihrer Existenz bedroht sind, gilt es selbstverständlich, dass diese speziell auf der Kosten- und Finanzseite agieren müssen. Hierzu zählen in erster Linie Programme zur Produktivitätssteigerung und zur Stärkung der Kapitalstruktur sowie eine Intensivierung der Vertriebsaktivitäten und des After-Sales-Geschäfts. Dennoch dürfen langfristig wirksame Maßnahmen nicht aus den Augen verloren werden, denn nach Regen, egal wie lange, folgt bekanntlich auch immer wieder Sonnenschein. Eine kundenwertoptimierte Ausrichtung des Leistungsprogramms sowie die Umsetzung von komplexen strukturellen Veränderungen, die in Normalzeiten am Widerstand einzelner Stakeholder scheitern würden, verbessern nachhaltig sowohl die strategische Aufstellung als auch die Kostenposition des Unternehmens. Dazu gilt es, eine umfassende Sichtweise auf die vorherrschende Unternehmenssituation zu werfen und bereits in Zeiten, die von der Unternehmensführung verstärkte Anstrengungen im Form von erhöhten Controlling- und Koordinationsaufwendungen erfordern, Strategien für die anschließende Wachstumsphase zu entwickeln. Diejenigen, die die Zeichen der Zeit erkennen, gestalten sich neu. Das ist ein uraltes Gesetz, das sich auch niemals ändern wird. Neugestaltung bedeutet dabei, kurzfristig Rettungsversuche abzuschließen und mit Pioniergeist neue Wege einzuschlagen.

Die Nachwirkungen der aktuellen Krise sind noch lange nicht ausgestanden und schon zeichnen sich die ersten Vorboten der nächsten Wachstums-Rallye an. In den vergangenen Monaten sind hierzu in fast allen Unternehmen die Weichen gestellt worden. Begründet auf den Erfolgsfaktoren der professionellen Krisenbewältigung lassen sich bei erfolgreichen Unternehmen sechs Handlungsweisen erkennen, die zusammengeführt ein exzellentes Führungsverhalten in der Krise verkörpern.

Die sechs entscheidenden Hebel der Krisenbewältigung:

  1. Analyse der aktuellen Geschäftssituation und Bildung von Entwicklungsszenarien.
  2. Überprüfung der Kosten- und Erlössituation und Aufbau einer hohen Finanzkraft sowie guter Bonität.
  3. Kurzfristiges Angehen krisenbedingter Herausforderungen und Erreichen operativer Exzellenz.
  4. Nutzung einmaliger Gelegenheiten durch gezieltes Umsetzen gravierender Veränderungen.
  5. Strategische Neujustierung des Leistungsportfolios sowie tradierter Strukturen und Abläufe und Gewinnung von Marktanteilen.
  6. Schaffen von Transparenz und Controllingfähigkeit sowie nachhaltiges Sichern gewonnener Vorteilen gegenüber der Konkurrenz.

Die Reaktion der Führungskräfte auf die Krise ist dabei durch die spezifische Situation des jeweiligen Unternehmens bestimmt. Weshalb eine professionelle Krisenbewältigung ihren Ausgangspunkt in der konkreten Analyse der vorherrschenden Einflussfaktoren sowie der daraus resultierenden Geschäftsentwicklung findet. Im Gegensatz zu der in der Unternehmenspraxis häufig anzufindenden Verhaltensweise des „Durchtauchens“ zeichnet sich krisenerprobtes Management durch schnelles und rationales Erkennen, Handeln und Beseitigen von unternehmensinternen Schwachstellen aus. Hinzu kommt eine Überprüfung der vorherrschenden Kostenposition sowie der Liquidität, um Kontrolle und Transparenz zu gewinnen und sich finanzwirtschaftlich stabilisieren zu können. Insbesondere geringes Eigenkapital, Zins- und andere Kostensteigerungen sowie auch eine verschlechterte Zahlungsmoral der Kunden lassen den Unternehmen nur wenig Zeit, ihren Weg aus der Krise zu finden. Hier gilt es bereits frühzeitig ein finanzielles Polster aufzubauen und die Kriegskassen zu füllen. Die aus den Analysen gewonnenen Erkenntnisse bilden zugleich die Grundlage für schnelles Reagieren indem Handlungsfelder identifiziert und kurzfristig realisierbare Potenziale in Form von parallel gesteuerten Einzelprojekten mit schlagkräftigen Teams gehoben werden. Vertriebsoffensiven, Prozess- und Bestandsoptimierungen sowie beschaffungsmarktspezifische Materialkostensenkungen bilden dabei nur die Spitze des Eisbergs für eine operative Genesung. Krisen bieten auch immer Möglichkeiten verkrustete Strukturen und tradierte Abläufe aufzubrechen und grundlegende Veränderungen sowohl strategischer als auch operativer Natur durchzuführen. Neben der Bewältigung der krisenbedingten Herausforderungen die zumeist ein „fliegen auf Sicht“ und somit schnelle und konkrete Entscheidungen des Managements benötigen, kümmern sich Krisenmanager auch um die vielfältigen Chancen einer Rezession. Dazu gehört vor allem, neues Wachstum zu generieren und Marktanteile durch Akquisitionen und Marktbereinigungen zu gewinnen. Das Verfolgen von langfristigen Zielen und nachhaltigen Strategien darf deshalb nicht unter den zunehmenden Anstrengungen im Rahmen der Krisenbewältigung leiden. Für den Erfolg in der Krise ist es entscheidend, dass eine Krisenagenda vorliegt, die auf die individuelle Situation des jeweiligen Unternehmens zugeschnitten ist, ein kurzfristiges Reagieren auf Unwägbarkeiten ermöglicht und zugleich eine langfristige Positionierung des Unternehmens unter den Top-3-Unternehmen der Branche sicherstellt.

Links:

VorherigeNächste