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Hybride Leistungsbündel als Wachstumsstrategie für stagnierende Märkte

[22.01.2009]

Foto: WavebreakmediaMicro / fotolia.com

Ist profitables Wachstum in stagnierenden Märkten überhaupt noch möglich? Eine traditionelle Wachstumsstrategie wie internationale Expansion oder Preiserhöhung erzielt zumeist nicht die erhofften Effekte. In einem reinen Verdrängungswettbewerb geraten Hersteller aus dem Hochlohnland Deutschland aufgrund von nachteiligen Kostenstrukturen und fehlender Differenzierungspotenziale im Produktprogramm vermehrt ins Hintertreffen im globalen Wettbewerb. Erfolgreiche Unternehmen setzen daher wieder vermehrt auf qualitatives Wachstum durch Ausdehnung bestehender Märkte und gezielte Befriedigung konkreter Kundenbedürfnisse. Schlagworte wie kundenwertoptimale Problemlösungen, Produkt-Service-Bündel oder hybride Leistungsprogramme rücken in Folge dessen in den Fokus der strategischen Programmplanung deutscher Unternehmen.

Mit Unterstützung des TCW gelang es einem deutschen Maschinenbauunternehmen sein Leistungsprogramm unter besonderer Berücksichtigung produktlebenszyklus-orientierten Serviceleistungen neu zu strukturieren und sein Umsatzwachstum durch die Nutzbarmachung "versteckter Erfolgsfundamente" trotz verstärktem Wettbewerb zu stabilisieren.

Das Maschinenbauunternehmen entwickelt und produziert sicherheitstechnische Systeme an einem deutschen Standort und vertreibt seine Produkte weltweit in mehreren Ländern. Historisch begründet ist der Maschinenbauer ein produktorientiertes Unternehmen, bei dem Services lediglich als notwendige Nebentätigkeiten dezentral erbracht werden. Treibende Kräfte für das bisherige Serviceangebot sind in erster Linie behördliche Vorschriften sowie komplexe Anforderungen im Zusammenhang mit der Realisierung der Systeme. Eine gezielte Ergänzung des Produktprogramms mit kundenorientierten Serviceleistungen findet bis dato nicht statt.

Trotz eines stagnierenden Marktvolumens zeichnet sich das Wettbewerbsumfeld des Unternehmens durch den Eintritt neuer, globaler Wettbewerber aus. Der daraus resultierende Konkurrenzdruck wirkt sich seit einigen Jahren negativ auf das Umsatzwachstum des Unternehmens aus, weswegen sich die Geschäftsführung für eine strategische Neuausrichtung in Form einer Erweiterung des Geschäftumfanges durch die gezielte Ausgestaltung hybrider Leistungsprogramme entschied.

Im Rahmen der strategischen Neuausrichtung unterstützte das TCW das Unternehmen mit dem Aufbau eines Lösungsgeschäfts. Zielsetzung des Projekts war die Definition kundenwertoptimaler Problemlösungen durch die Festlegung kundenspezifischer Produkt-Service-Bündel, die Neustrukturierung der Organisation sowie die Anpassung der relevanten Prozesse.

Die gewählte Projektvorgehensweise untergliederte sich in drei Kernmodule, die detaillierte Arbeitspakete beinhalteten.


Basierend auf einer ausführlichen Markt- und Wettbewerbsanalyse umfasste das Analysemodul die systematische Untersuchung der bestehenden Produkt- und Serviceangebote, die Analyse der vorhandenen aufbau- und ablauforganisatorischen Strukturen sowie die gezielte Ermittlung der spezifischen Kundenanforderungen.

Die Markt- und Wettbewerbsanalyse beinhaltete die Ermittlung der allgemeinen Marktgegebenheiten im Wettbewerbsumfeld sowie die Darstellung kundensegmentspezifischer Rahmenbedingungen. Zudem erfolgte im Rahmen eines Branchenbenchmarks eine gezielte Leistungsstärkenanalyse der Wettbewerber unter Berücksichtigung der vorhandenen Produkt-Service-Angebote sowie der vorhandenen Prozess- und Organisationsstrukturen.

Die Strukturierung des Leistungsangebots baute auf der Aufnahme und Systematisierung der vorhandenen Produkt- und Serviceangebote auf. Daran anschließend wurden die Abhängigkeiten der lebenszyklusorientierten Serviceleistungen von den physischen Produkten analysiert und Erfolgsfaktoren für die Gestaltung hybrider Leistungsbündel ermittelt. Parallel dazu erfolgte die Aufnahme der organisatorischen Rahmenbedingungen.

Die Analyse der Preisstruktur, die Quantifizierung der Kundenanforderungen sowie die Bestimmung deren bisheriger Erfüllungsgrade durch das bestehende Leistungsangebot waren Bestandteile des dritten Arbeitpaketes und wurden mit Hilfe einer Conjoint-Analyse und gezielten Einzelkundeninterviews durchgeführt.

Kernmodul 2: Konzeptionierung
Die sich an das Analysemodul anschließende Konzepterstellung beinhaltete die Erarbeitung hybrider Leistungsbündel, die Anpassung relevanter Prozesse sowie die Ableitung einer geeigneten Lösungsorganisation.


In Rahmen mehrerer Workshops mit den verantwortlichen Segmentleitern des Unternehmens wurde zum einen das bestehende Produktprogramm restrukturiert und zum anderen auf Basis der bestehenden immateriellen Leistungsbestandteile sowie der erhobenen Kundenanforderungen ein produktlebenszyklusorientiertes Service-Portfolio formuliert. Daran anschließend erfolgten die Konfiguration grundlegender Produkt-Service-Bündel, die Ermittlung der kundensegmentspezifischen Varianten und die Formulierung einer Produkt-Service-Strategie. Entsprechend dem Chandlerschen Paradigma "Structure follows Strategy" folgte der Strategie- und Leistungsbündeldefinition die Anpassung und Optimierung der aufbau- und ablauforganisatorischen Strukturen. Für die Anpassung der Prozesse an das neue Leistungsprogramm wurde auf die bewährte GENESIS-Methode zurückgegriffen, wodurch neben der reinen Anpassung der Prozessstrukturen zusätzliche Einsparpotenziale identifiziert werden konnten. Die Strukturierung der Lösungsorganisation erfolgte mit Hilfe einer morphologischen Analyse anhand derer vier Organisationsoptionen erarbeitet wurden. Die Organisationsoptionen wurden anschließend in Entscheidungsvorlagen für die Geschäftsführung überführt und mit Bewertungskriterien zur Beurteilung und Priorisierung hinterlegt.

Den Abschluss des Konzeptmoduls stellte die Formulierung eines Umsetzungs- und Roll-Out-Plans dar. Dieser beinhaltete die Festlegung der Aufgabeninhalte und Verantwortlichkeiten sowie das Herunterbrechen der Konzepte auf umsetzbare Maßnahmen.

Kernmodul 3: Umsetzung
In der Umsetzungsphase lag der Schwerpunkt der Beratungsleistung in der Unterstützung der Geschäftsführung bei der Schaffung organisatorischer Voraussetzungen, der Ausformulierung einer internen und externen Kommunikationsstrategie sowie dem kontinuierlichen Maßnahmencontrolling. Besonderes Augenmerk in der Roll-Out-Phase wurde zudem auf die Schulung der Mitarbeiter gelegt, um den strategischen Wandel des Unternehmens mit einem Mentalitätswechsel der Mitarbeiter vom traditionellen Produktdenken hin zu einem ergebnisorientierten Lösungsdenken zu unterstützen.

Der Ausbau eines hybriden Leistungsprogramms mit der daran anschließenden Restrukturierung des Maschinenbauunternehmens wirkte in zwei Richtungen. Die kundenwertoptimale Kombination von Produkt- und Servicebestandteilen führte zu einer eindeutigen Wettbewerbsdifferenzierung des Leistungsprogramms, was sich innerhalb kürzester Zeit in einer Stabilisierung des Umsatzwachstums widerspiegelte. Gleichzeitig wurden durch die Restrukturierung der aufbau- und ablauforganisatorischen Strukturen Einspareffekte in den Funktions- und Herstellkosten realisiert, die die Ertragssituation des Maschinenbauers zusätzlich positiv beeinflussen.

Das identifizierte Umsatzwachstumspotenzial liegt für das gesamte Leistungsprogramm bei 10 - 15%. Die Reduzierung der Herstell- und Funktionskosten beläuft sich auf durchschnittliche 18%.

Weiterführende Literatur:

  • Produkte & Services entwickeln und managen
    Strategien, Konzepte, Methoden
  • Gestaltung hybrider Leistungsbündel
    Handlungsraum und Instrumente für kundenwertorientierte Problemlösungen. Eine theoretische und empirische Analyse in der produzierenden Industrie
  • Service
    Leitfaden zur Erschließung von Differenzierungspotenzialen im Wettbewerb
  • Produktordnungssystem
    Leitfaden zur Standardisierung und Individualisierung des Produktprogramms durch intelligente Plattformstrategien
  • Conjoint Analyse
    Leitfaden zur kundenwertorientierten Produktentwicklung mittels Conjoint Analysen
  • Lean Management
    Leitfaden zur Einführung schlanker Unternehmensstrukturen und Geschäftsprozesse
  • Kundenorientierung
    Einführung eines Beschwerdemanagements und Ausrichtung von Vertrieb, F&E, Produktion und Mitarbeitern auf Kundenbedürfnisse
  • Make or Buy & Insourcing
    Leitfaden zur Optimierung von Leistungsumfängen in Produktion und Logistik
  • Komplexitätsmanagement
    Komplexitätsmanagement in Vertrieb, Beschaffung, Produkt, Entwicklung und Produktion

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