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Planung und Aufbau einer Business Unit

[07.07.2014]

Foto: freefly - fotolia.com
Zur schnelleren Markteinführung eines neuen Maschinentyps und zur Entwicklung eines potenzialträchtigen Marktsegments wurde der Aufbau einer eigenständigen Business Unit beschlossen, um wichtige Kernfunktionen wie Vertrieb, Service, Entwicklung und Montage in der neuen Unit zu bündeln und mit entsprechenden Ressourcen auszustatten. Auf diese Weise konnte die Transparenz über die Leistungserstellung und die Kundenorientierung signifikant gesteigert werden. Die betriebswirtschaftlichen Effekte ließen sich über ein umfassendes Kennzahlencontrolling abbilden.

Ausgangssituation und Problemstellung

Ein Hersteller von Verpackungsmaschinen im Konsumgüterbereich hatte einen neuen, revolutionären Maschinentyp zur Marktreife gebracht, welcher im Vergleich mit früheren Produktgenerationen wesentliche Vorteile aufwies. Neben einem geringeren Platzbedarf und einer höheren Taktfrequenz zeichnete sich die Maschine vor allem durch die bessere Umrüstbarkeit auf unterschiedliche Verpackungsformate aus. Diese Produkteigenschaften wurden als zentrale Alleinstellungsmerkmale gegenüber dem Wettbewerb hervorgehoben und sollten dementsprechend auch strategisch vermarktet werden.

Um die Ziele einer raschen Markteinführung und einer schnellen Entwicklung des potenzialträchtigen Marktsegments realisieren zu können, musste die Organisation rund um den Maschinentyp komplett neu aufgestellt werden. Denn in der bestehenden Organisationsform drehte sich alles um das bestehende Kerngeschäft mit herkömmlichen Verpackungsmaschinen, die schon lange Zeit in einem entwickelten Marktsegment vertrieben wurden. Viele Abläufe waren fest eingefahren und lange nicht verändert worden. Für die erfolgreiche Umsetzung der neuen Produkt- und Marktstrategie erwiesen sich diese starren Strukturen als nicht zielführend. Daher wurde entschieden, eine eigenständige Organisationseinheit zu gründen und innovative Prozessabläufe zu etablieren.

Planung der Business Unit

Das Produkt sollte künftig als eigene Business Unit geführt werden, an deren verantwortlichen Leiter alle mit dem neuen Maschinentyp beschäftigten Mitarbeiter berichten. Zu Planung und Aufbau dieser Business Unit wurden ein interdisziplinäres Projektteam gebildet und zu behandelnde Themenfelder identifiziert. Diese bezogen sich auf die vier Bereiche Organisation, Produkt, Vertrieb und Controlling.

Im Themenfeld Organisation lagen die Arbeitsschwerpunkte auf der Entwicklung eines Organigramms mit der Beschreibung der vorgesehenen organisatorischen Einheiten. In welchen Beziehungen die Organisationseinheiten zueinander stehen und welche Kommunikationswege sie nutzen, sollte ebenfalls herausgearbeitet werden. Darüber hinaus wurde die räumliche Anordnung der Mitarbeiter festgelegt, denn man war sich einig, dass die Mitarbeiter der Business Unit zukünftig räumlich zusammen untergebracht werden sollten. Ein wesentlicher Aspekt bestand in der Nutzung des vorhandenen ERP-Systems als zentraler Informationsplattform. Hier lautete der Auftrag an die externe ERP-Systembetreuung, geeignete Schnittstellen zu programmieren, um einerseits Synergien zu den vorhandenen IT-Ressourcen ausschöpfen zu können und zugleich die speziellen Bedürfnisse der Mitarbeiter hinsichtlich der Vertriebs- und Controllingtools zu berücksichtigen. Schließlich musste die Zuordnung der Kosten und Erträge zur neuen Business Unit geregelt und mit dem Controlling abgestimmt werden.

Im Themenfeld Produkt lag die Herausforderung in der Verfeinerung der technischen Konzeption des Maschinentyps, um die Kundenanforderungen des identifizierten Marktsegments optimal bedienen zu können. Als Basis diente eine vom Vertrieb durchgeführte Markt- und Potenzialanalyse, in der die erforderlichen Maschinenmerkmale umfassend beschrieben wurden. Die technischen Verbesserungen und Weiterentwicklungen waren in kurzer Zeit zu planen und durchzuführen. Entsprechend wurde die Reihenfolge der einzuleitenden Maßnahmen mit Präferenzen, Zeiten und Budget hinterlegt. In Form eines Baukastensystems wurde die Maschine in einzelne Module zerlegt und für jedes Modul ein eigener Maßnahmenkatalog entwickelt, der den Mitarbeitern aus Entwicklung und Technik übergeben wurde. Zusätzlich galt es, Festlegungen hinsichtlich der Fremd- und Eigenfertigung zu treffen sowie die Rahmenbedingungen für die Organisation der Montageabläufe in der vorgesehenen Werkshalle abzustecken.

Der Vertrieb bekam den Auftrag, ausgehend von der Markt- und Potenzialanalyse eine detaillierte Einschätzung der Wettbewerbssituation vorzunehmen. Daraus sollte ein detailliertes und effizientes Vertriebskonzept entwickelt werden. Alternative Vertriebskanäle wurden untersucht und ergänzende Verkaufsmaßnahmen definiert. Für die neue Vertriebsmannschaft wurde der notwendige Schulungsbedarf bestimmt. Auf der Grundlage von Zielvereinbarungen sollten die Außendienstmitarbeiter zukünftig eigenständiger an der Umsetzung ihrer Vertriebsziele arbeiten können und am Vertriebserfolg beteiligt werden. Im Innendienst musste der Fokus auf eine verbesserte Angebotsbearbeitung und schnellere Bearbeitung von Kundenanfragen gelegt werden.

Die Arbeitsgruppe im Themenfeld Controlling hatte zur Aufgabe, die Kalkulation neu aufzubauen und die Verrechnungssätze für die anfallenden Gemeinkosten festzulegen. Durch Überprüfung der Angebotspreise und Gegenüberstellung der neu kalkulierten Kosten beabsichtigte man, den reellen Ergebnisbeitrag des Maschinentyps besser abzuschätzen. Daneben mussten vom Controlling neue Auswertetools entwickelt werden, die eine verbesserte Entscheidungsunterstützung der Leitung der neuen Business Units gewährleisten sollten.

Die vier Arbeitsgruppen kamen in regelmäßigen Workshops zusammen und erarbeiteten die Inhalte, Zwischenergebnisse wurden dem Projektleiter in regelmäßigen Abständen präsentiert. Während der Projektlaufzeit wurden zwei Zwischenpräsentationen für alle Teammitglieder durchgeführt, um die Stoßrichtung der gesamthaften Aktivitäten abzugleichen und gegebenenfalls zu justieren.

Lösungskonzept

Nach erfolgreichem Abschluss der definierten Einzelmaßnahmen in den beschriebenen Themenfeldern stand die Umsetzung der Business Unit im Vordergrund. Dazu mussten Regelungen für den Entwicklungs- und den Abwicklungsprozess der Aufträge gefunden werden, um alle Mitarbeiter in ihre neuen Funktionen und Rollen optimal einführen zu können. Im Auftragsabwicklungsprozess wurde die Aufgabenteilung zwischen Vertrieb, Technik und den operativen Leistungsbereichen mithilfe eines Quality Gate Konzeptes beschrieben. Für jeden Funktionsbereich wurden Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten festgelegt. An den ergebnisorientierten Messpunkten (Quality Gates) wurden die Teilleistungen erfasst und hinsichtlich ihrer Zielerreichung bewertet. Verantwortungsleerräume und nicht abgestimmte Kapazitäten konnten auf diese Weise beseitigt werden. Die Auftragsabwicklung orientierte sich fortan wesentlich stärker an den Bedürfnissen der Endkunden. Die Reaktionsschnelligkeit bei Kundenanfragen und der Auftragsbearbeitung wurde gesteigert. Intern orientierten sich die Mitarbeiter über eine eingerichtete Projektmatrix an den priorisierten Aufträgen aus Kundensicht. Durch die Systematisierung der Prozessabläufe, klare Vorgaben und die Synchronisierung der Personalkapazitäten konnten Effektivität und Effizienz der Auftragsabwicklung bereits zum Umsetzungszeitpunkt der neuen Business Unit erheblich verbessert werden.


Zum zweiten galten die Anstrengungen der Optimierung des Entwicklungsprozesses. Da in vielen Fällen kundenspezifische Versuche und Entwicklungsleistungen zu erbringen waren, musste die Ergebnisqualität des Entwicklungsprozesses gesteigert werden. Ein wichtiger Faktor war die beschleunigte Abwicklung von Entwicklungsaktivitäten und die Kostenkontrolle über Versuche und Tests. Dazu wurde eine Kostenbewertung der einzusetzenden Ressourcen für die Durchführung von Kundenversuchen vorgenommen und mit dem damit verbundenen möglichen Umsatzpotenzial abgeglichen. In enger Abstimmung mit dem Vertrieb wurde in einem eigens eingerichteten Entscheidungsgremium beschlossen, welche Entwicklungsaktivitäten in Angriff genommen werden sollten und welche Entwicklungsziele hierbei erreicht werden mussten. Ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Umsetzung bestand in der Institutionalisierung eines Projektmanagements zur Koordination aller Aktivitäten aus Vertrieb, Technik, Abwicklung und Montage. Durch kurze Berichtswege, übersichtliche Organisationsstrukturen und klare Aufgaben- und Kompetenzabgrenzungen konnte die Ausrichtung der Wertschöpfungsaktivitäten auf die Kundenanforderungen sichergestellt werden.

Ergebnisse

Ein beachtliches Ergebnis bestand darin, dass die Business Unit kurz nach Beendigung der Planungsphase erfolgreich implementiert werden konnte. Aufgrund der installierten Projektgruppen waren die zu leistenden Arbeitsumfänge in der Business Unit operativ im Detail beschrieben, sodass alle Mitarbeiter zügig qualifiziert werden konnten. Die Potenziale zeigten sich vor allem in einer schnelleren Bedienung der Kundenanforderungen, sowohl in der frühen Angebotsphase wie auch während der kompletten Auftragsabwicklung. Zur objektiven Verifizierung der Kundenresonanz wurde eigens eine Marktbefragung durchgeführt, um die Erhöhung der Kundenzufriedenheit messbar zu machen. Die Gesamtleistung der Business Unit wurde zudem mittels eines Prozessbenchmarking eingeordnet. Bei den Bearbeitungszeiten in Vertrieb und Technik konnte der Abstand zu den Besten der Branche reduziert werden. Im Vergleich zur ursprünglichen Organisation ließen sich durch Kostensenkungen, Steigerung der Produktivzeiten und die Minimierung von Schnittstellenproblemen Produktivitätssteigerungen von bis zu 35 Prozent realisieren.

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